Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
ein guter Freund Rolands?«
»Weiß ich nicht! Eher nicht. Der sieht so gebildet aus, den hätte Roland auf die Dauer nicht als Freund haben wollen. Er achtete schon darauf, am obersten Punkt des Gefälles zu stehen.« Schneider kratzte sich am Kinn. »Aber den Namen habe ich kürzlich erst gehört. Wenn ich nur wüsste, wo! Das Gedächtnis ist auch nicht mehr, was es mal war.«
»Stand in dem Artikel auch der Grund für die Auswanderung?«, wollte Mangold wissen.
»Ja, sicher. Er hatte ein Angebot bekommen. Von einem kleinen Verein. Brasilien! Das war natürlich toll. Da hat er wohl nicht einen Wimpernschlag lang gezögert.«
»Wer könnte wissen, ob die beiden sich gut gekannt haben?«
»Fragen Sie bei seinen Freunden«, dabei zog Schneider das Wort Freunde zynisch breit. »Mir hat er nicht alles anvertraut. Ich war das notwendige Übel!«, zischte er dann scharf.
Als die beiden Ermittler zu ihrem Wagen zurückkehrten, wurde ein Fenster aufgerissen.
»Jetzt weiß ich, woher ich den Namen kenne. Delegationschef der brasilianischen Frauenfußballmannschaft war der! Na, wenn das mal keine Folgen für die WM hat. Wenn keiner kommen will, weil sie Angst vor Mordanschlägen haben, fällt sie am Ende aus! Schluss mit lustig!«, grölte Schneider ihnen nach.
Auch ein Besuch bei den Eltern Roland Keisers war unergiebig.
Ob er denn ernsthaft glaube, Roland habe nach dem Zerwürfnis seine Freunde noch vorgestellt?, musste Mangold sich fragen lassen und man versicherte ihm, Roland sei sehr sparsam mit Informationen über sein Privatleben umgegangen. Seine Geheimniskrämerei habe er schon auf die Spitze getrieben, nicht einmal seine Konfektionsgröße habe er ihnen genannt, als sie für ihn eine Hose kaufen wollten.
18
Kiri saß am Spielfeldrand.
Ja, dachte sie begeistert, so hatte echtes Training auszusehen. Den Sportlerinnen von ›Turbine Potsdam‹ war die Leidenschaft fürs Spiel anzusehen.
Ein Betreuerstab behielt die Spielerinnen im Auge. Kiri beobachtete, wie immer wieder einzelne Sportlerinnen angesprochen wurden – wohl um die Bewegungsabläufe zu optimieren. Ein junger Mann mit ernster Miene machte sich eifrig Notizen. Da er so gar nicht zu den anderen passen wollte, schloss Kiri, es müsse sich um einen Journalisten handeln. Vielleicht schrieb er einen Artikel über den Verein und die Vorbereitungen auf die WM im eigenen Land. Das Sportereignis 2011 überhaupt.
Der Trainer rief seine Spielerinnen zusammen. Leises Gemurmel drang bis zu ihr hinüber. Plötzlich kam wieder Bewegung in das Team.
Kiri schob ihr Basecap zurecht, damit sie auch gegen die Sonne sehen konnte, was passierte.
Aha – eine neue Angriffstaktik sollte erprobt und eingeschliffen werden!
Wenn man sie so agieren sah, drängte sich schon der Eindruck auf, die Teammitglieder gingen freundschaftlich miteinander um. Doch die junge Frau kannte auch die andere, die finstere Seite. Sie konnte sich sehr gut an einige Fotos und den Bericht über eine Spielerin erinnern, die sich inzwischen in psychologischer Betreuung befand, weil sie ihre Gegnerinnen unangemessen brutal attackiert hatte. Auch sie selbst war beim Spiel nicht frei von Aggressionen, schließlich brauchte man die gelegentlich, um Kraftreserven freizusetzen. Unwillkürlich musste sie lächeln, als sie an ihre Teamkollegin dachte, die immer wieder betonte: Steht dir eine von den anderen Spielerinnen im Weg – tritt sie zur Seite. Reicht das nicht, dann hau sie um. Aber pass bloß auf, dass dich dabei keiner erwischt!
Kiri wusste, manche Männer glaubten noch immer, Frauenfußball sei Mädchenbolzen. Doch das stimmte natürlich nicht. Die hatten eben keine Ahnung. Das würde sich vielleicht im nächsten Jahr gründlich ändern. Hier wurde mit harten Bandagen gekämpft – es sah für Männeraugen nur nicht so hart aus, weil sie von Frauen so etwas nicht erwarteten. In puncto Athletik und Tempo konnten die Spielerinnen vielleicht nicht immer mit ihren männlichen Kollegen mithalten, das räumten sie gelegentlich auch selbst ein, aber dennoch: Es war ein ernstzunehmender Sport.
»Tor!«
Die Defensive hatte nicht aufgepasst.
Lachend kam die Torhüterin aus ihrem Kasten und gab Anweisungen. Ruhig und ohne Geschrei.
Das hatte Kiri auch schon anders gesehen.
Bei einem Spiel ihrer eigenen Mannschaft hatte Laura, ihre Keeperin, deutlicher reagiert und der Verteidigerin, die den Spurt der Gegnerin schlicht verpennt hatte, eine runtergehauen. Das war alles andere als
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