Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Mordkommission. Kann ich dich mal was fragen?«
Tapfer nickte das Mädchen, das gerade die große Liebe seines Lebens verloren hatte.
»Wie heißt du?«
Du!, registrierte sie wie aus weiter Ferne. Schon wieder!
»Ihr Name ist Maximiliane Evert.«
War das Sofie, die da sprach? Maximiliane hörte nicht richtig, alles klang gedämpft, wie durch Watte. Es war eigenartig. Den gewaltigen Schmerz fühlte sie überall – und gleichzeitig kam es ihr vor, als spüre sie überhaupt nichts mehr.
»Sie hat einen Schock.« Das war die Stimme des Sanitäters, glaubte das Mädchen.
»Bringen Sie sie ins Klinikum?«
»Nein. Ich glaube, sie braucht jetzt eher verständnisvolle Eltern, vielleicht einen Psychologen. Wir haben ihr ein bisschen was zur Beruhigung gespritzt. War ja bestimmt ihre erste Leiche. Und dann gleich so ein Blutbad.«
Ich liebe ihn, wir wollten eine gemeinsame Zukunft beginnen, hätte sie ihnen gern entgegengeschleudert. Doch sie brachte nicht einen Ton heraus.
»Wir benötigen seine private Anschrift. Die Familie muss verständigt werden.«
Die Familie, dachte Maximiliane gehässig, diese hässliche, widerwärtige Familie. Alle würden die drei nun bedauern. Die, die ihm nichts bedeuteten. Und was war mit ihr?
Sofie war schon wieder zurück.
»Hier, ich habe Ihnen die Adresse aufgeschrieben. Er wohnt in Großräschen.«
Zu Maximiliane gewandt sagte sie: »Ich habe deine Eltern verständigt. Sie werden gleich hier sein.«
Toll, Qualle!, hätte sie gern gerufen, super!
Doch sie war stumm.
»Habt ihr irgendetwas für uns, das wie eine Nachricht aussieht? Einen kleinen Zettel zum Beispiel?«, erkundigte sich Nachtigall beim Team der Kriminaltechnik.
»Ja. Hier!« Peddersen hielt ihm einen kleinen transparenten Beutel entgegen, in den er einen grellgrünen Notizzettel geschoben hatte.
Der zum Tatort gerufene Arzt vom Dienst, der sich über den Leichnam gebeugt hatte, richtete sich auf. »Erstochen. Ich würde sagen, mitten ins Herz«, stellte er lapidar fest. »Exitus vor etwa ein bis zwei Stunden.«
»Danke«, antwortete Nachtigall mechanisch, den Blick fest auf die Mitteilung gerichtet.
Du bist der Vierte. Weitere werden folgen. Bis die Schuld gesühnt ist , stand dort, in derselben schnörkellosen Handschrift, wie auf den anderen.
»Es wird weitere Morde geben«, murmelte Nachtigall und spürte Hoffnungslosigkeit in sich aufsteigen. »Hier, sieh mal.«
Michael Wiener nahm das Tütchen mit spitzen Fingern und stöhnte leise auf. »Wieder eine Drohung.« Er räusperte sich. »Wladimir Kowalski, Heilpraktiker, Masseur, Physiotherapeut mit einer ansehnlichen Liste von Zusatzausbildungen. Aber klar, wenn sich eine so exklusive Praxis rechnen soll, braucht sie Patienten, die privat zahlen. Und die kommen nur, wenn du ihnen auch etwas Besonderes zu bieten hast.«
Sofie saß etwas ratlos hinter ihrem inzwischen akribisch aufgeräumten Schreibtisch.
Die angemeldeten Teilnehmer der Vortragsveranstaltung, die heute hätte stattfinden sollen, hatte sie informiert, die Referentin der Weight Watchers ebenfalls. Sie würde noch ein kleines Schild schreiben, um es für die spontanen Besucher an die Tür zu hängen.
Damit wäre alles erledigt. Ab jetzt war sie arbeitslos. Arbeitsamt, Bewerbungen – es war so viel zu tun.
Ihre Gedanken beschäftigten sich mit all dem, was sie gleich morgen in Angriff nehmen konnte. Das war allemal besser, als ihnen zu erlauben, um das zu kreisen, was wenige Zimmer weiter auf der Massageliege lag und ihr Arbeitgeber gewesen war.
Mechanisch griff sie nach einem Blatt Papier und einem Bleistift, schrieb in die rechte Ecke das morgige Datum und begann mit einer Aufstellung der Dinge, die nun zu erledigen waren.
Sie war so intensiv damit beschäftigt, dass sie heftig zusammenfuhr, als Nachtigall sie ansprach.
»Wie hieß denn der letzte Patient?«
»Keine Ahnung. Der Patient, der vor der Pause hier war, Klaus Müller, ist vom Fahrdienst abgeholt und nach Hause gebracht worden. Danach hat Herr Kowalski eine längere Kaffeepause eingeschoben, weil er noch etwas in der Stadt zu besorgen hatte.«
»Also war niemand angemeldet für den Nachmittag?«
»Doch. Aber erst später. Deshalb war ich auch überrascht, dass er jemanden mitgebracht hat. Ich dachte ja, er brauche die freie Zeit.«
»Wen hat er denn mitgebracht?«
»Das weiß ich nicht.«
Nachtigall hörte den unterdrückten Schluchzer und legte Sofie beruhigend die Hand auf die Schulter.
»Ich habe ihn
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