Spielzeugsoldaten
nicht jetzt, vielleicht nicht heute, aber so bald es Gelegenheit gab. Sie sprachen nur wenig, doch die Nähe zu einander half beiden zur Ruhe zu kommen.
Sie schlugen ein Lager wenige Kilometer vor den Ruinen auf. Es wurde bereits dunkel und sie hätten mit Hilfe von Nachtsichtgeräten sicher noch einige Meter gut machen können, jedoch hielt es Raku nach dem Gefecht vom Nachmittag für sinnvoller die Nacht zum Schlafen zu nutzen. Besonders Juli brauchte Ruhe, obwohl Raku das niemals als Grund angeführt hätte. Aber auch ihre Männer waren dankbar für ein paar Stunden Rast in denen sie ihre Ausrüstung überprüfen und etwas Schlaf finden konnten. Sie hatten zwischen den eng stehenden Bäumen eine Plane gespannt, gegen den Regen, und Hängematten, gegen die Feuchtigkeit des Bodens. Die Hälfte der Einheit wachte, die andere schlief im Wechsel.
Raku aber fand weder Schlaf noch Ruhe. Sie lag neben Juli und wusste sie würde kein Auge zutun, solange Juli da war. Schlafend konn te sie sie nicht schützen. Noch nie hatte sie die Sorge so übermannt wie in Julis Gegenwart.
Es war Rakus Nähe, die dafür sorgte, dass Juli sich geborgen fühlte und dennoch vor Aufregung nicht schlafen konnte. Sie spürte die Blicke auf ihrer Haut ohne sehen zu müssen, dass Raku sie beobachtete. Der Tag war anstrengend und nervenaufreibend gewesen , er hatte ihre ganze Aufmerksamkeit gefordert und die Ereignisse hatten ihr keine Gelegenheit gegeben auch nur einen Gedanken zu fassen, der sich nicht mit Angst, Müdigkeit oder Panik beschäftigte... von der Tatsache abgesehen, dass sie es bisher erfolgreich geschafft hatte zu verdrängen, dass sie an diesem Nachmittag jemanden getötet hatte. Sie hatte es für Raku getan, nur für Raku, das machte es nicht wertvoller und es rechtfertigte nichts. Es war Krieg und wie sagte man: In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt. Liebe und Krieg?
Raku schützte sie, da war es doch nur fair, wenn sie auch Raku half, wenn sie es konnte. Mehr nicht!
Juli hatte ihr Zeitgefühl verloren. Sie wusste nicht wie lange sie bereits mit geschlossenen Augen da gelegen hatte und versuchte ein paar Stunden zu schlafen. Es gelang ihr nicht und es war unwahrscheinlich, dass sie je zum Schlafen kommen würde, wenn Raku sie beobachtete. Außerdem sollte auch Raku zumindest versuchen etwas Ruhe zu finden, diese Art von Beschützen ging dann doch etwas zu weit. Schließlich hatten acht Mann der Einheit das Camp umkreist und sorgten dafür, dass nichts geschehen würde.
„Warum starren S ie mich an , Major?“ flüsterte Juli und schreckte Raku auf, die sie n och immer völlig gedankenverloren ansah .
Raku fühlte sich mit Recht ertappt. Ihre Gedanken hatten sich um alles andere gedreht, aber nicht um ihren Auftrag, nicht um den Krieg, nicht um den Kampf vom Nachmittag. Juli beanspruchte allen Raum in ihrem Kopf. Sie hatte einfach aufgegeben, denn es machte keinen Sinn mehr sich selbst zu betrügen und zu behaupten, sie würde aus reinem Verantwortungsbewusstsein für Julis Sicherheit sorgen. Vor ein paar Wochen, als sie zum ersten Mal die Akte über die Journalistin in den Händen gehalten hatte war sie nur beeindruckt gewesen. Julis Lebenslauf war nicht außergewöhnlich, aber er zeugte von Ehrgeiz und Durchsetzungsvermögen. Sie war neugierig gewesen auf die Frau, die hinter dies em offiziellen Papier steckte. M ehr nicht. Eine Chance wollte sie ihr nicht geben, sie wusste um die Gefahr, aber sie kennen lernen sprach ja nicht s dagegen. Und dann? Vielleicht war es passiert, als sie Juli das erste Mal gesehen hatte...
Juli öffnete die Augen und sah Raku erwartungsvoll an.
‚Ja, diese Augen waren es. Sie müssen es gewesen sein. Dieser Blick. ’
„Entschuldige, ich habe überlegt, was du wohl in deinem Bericht geschrieben hast .“
Raku deutete auf den Rucksack, den Juli im Arm hatte. Sie hatte sich auch zum Schlafen nicht von ihm trennen wollen. Er w ar ihr Kontakt zur Außenwelt, zu ihrer Welt. Fast hätte sie lächeln müssen, als sie Rakus Antwort hörte. Sie hatte sicher nicht wirkli ch über den Bericht nachgedacht, soviel konnte Juli erkennen.
„Ich habe über den Kampf von heute Nachmittag geschrieben.“
„Mehr nicht?“ Raku sah etwas enttäuscht aus.
„Naja, was willst du denn hören?“
Raku zuckte mit den Schultern, und Juli lächelte.
„Natürlich habe ich auch über dich geschrieben. Wolltest du das hören?“
Vielleicht war es was Raku hören wollte, schließlich war e s nun
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