Spielzeugsoldaten
Die alptraumhaften Phanta sien schienen nun sehr weit weg, nicht weniger bedrohlich, aber doch so harmlos, dass Juli das Gefühl hatte, sic h wieder der wirklichen Welt z ukehren zu können . Diese Nomaden hatten sie entführt. Sie erinnerte sich dunkel an die letzte Nacht, aber nur so bruchstückhaft, dass sie nicht genau sagen konnte , was passiert war. Erwacht war sie das erste Mal, als sie bereits weit von den Zelten entfernt waren. Die plötzliche Erkenntnis, dass man sie von Raku getrennt hatte, dass sie nun absolut hilflos war, weil sie nicht wusste, wo sie war und wie sie sich verständigen sollte und was gerade passierte, lähmte sie . U nd die Angst Raku könne etwas zugestoßen sein, machte alles nur noch schlimmer. Sie hatte versucht sich eine Weile wach zu halten und zu denken, aber es gelang ihr nicht. Schon nach kurzer Zeit übermannte sie die Erschöpfung. Juli nickte und suchte sogleich Rakus Nähe. Raku atmete tief durch, wie um sich selbst zu beruhigen und wie um sich daran zu erinnern, dass dies alles real war. Auch wenn es kaum zu glauben war.
„Gut, dann lass sie erklären! Ich glaube ohnehin nicht, dass ich im Moment im Stande wäre, es mit sechs eurer Männer aufzunehmen.“
Auch Raku war ungewöhnlich müde. Der Moment, da sie erkannte, dass Juli in der Nähe war hatte ihr Kraft gegeben, aber nun kehrte das Gefühl zurück, dass der stundenlange Ritt in Angst sie ausgezehrt hatte. Ser war erleichtert. Doch bevor er seine Familienmitglieder höflich bat, Raku zu erklären was sie getan hatten und vor allem warum, machte er ihnen lautstark klar, was er von ihnen und ihrem Verhalten hielt. Die Männer waren die ältesten Söhne seiner Tante und deren Söhne. Im Gegensatz zu ihm lebten sie alle noch mit der Großfamilie und kümmerten sich gemeinsam um eine Herde. Ser war kein Ausgestoßener, aber dadurch, dass er nicht mehr bei seine m Clan lebte, sondern mit seiner eigenen Familie allein durch das Grasland zog, hatte er wenig Einfluss auf Entscheidungen in der Familie. Die Jüngeren bewunderten ihn und seinen Bruder für seinen Mut, den Schutz des Clans zu verlassen, die älteren aber verstanden seine Flucht eher als Beleidigung für ihre Traditionen. Es war ihm unbegreiflich, wie das was geschehen war, hatte passieren können. Er wusste, diese Männer waren noch misstrauischer als er, noch unerfahrener, was das Leben außerhalb Geisons anging, aber dennoch hatte er ihnen zugetraut, dass sie mehr Vernunft hatten. Sie hatten nicht mit der Heftigkeit von Rakus Zorn gerechnet. Letztendlich war sie doch nur eine Frau und umso unwahrscheinlicher erschien ihnen, dass Gefahr von ihr ausging. And ererseits, nachdem was sie in der letzten Nacht gesehen hatten...
Sers ältester Cousin Geb versuchte Raku zu erklären, was passiert war. Als sie von Ser und Cha erfahren hatten, dass die beiden einen Soldaten aus Patrona und eine junge Frau aufgenommen hatten und sie nach Geison begleiteten, waren sie schockiert gewesen. Sie nahmen Geisons Erklärung, sich nicht einzumischen, sehr ernst und hatten Bedenken, dass es Schwierigkeiten geben würde, sollte jemand erfahren, dass Mitglieder ihrer Familie zwei Dissidenten ins Land gebracht hatten. Besonders viel wussten sie über Politik nicht, ihr Leben drehte sich um andere Dinge, aber sie wussten, dass König Abisha nicht umsonst seine absolute Parteilosigkeit erklärt und das Land abgeriegelt hatte. Auch die Tatsache, dass es sich um zwei Frauen handelte , konnte sie nicht beruhigen. Es war ihre Nationalität, die von Bedeutung war, nicht ihr Geschlecht. Cha und Ser konnten sie davon nicht abbringen. Und das Misstrauen der Männer wuchs nur noch, als Raku erschien, bewaffnet und offensichtlich sehr aggressiv. Als sie beobachteten, wie Raku, die blonde, junge Frau ins Zelt zurück stieß, fühlten sie sich darin bestätigt, dass etwas nicht stimmte. Einer von ihnen hatte spekuliert, dass diese Soldatin die junge Frau entführt hatte, zumindest schien ihr Verhalten wenig vertraut und noch weniger herzlich. Freunde konnten sie keinesfalls sein. Im Glauben, Cha und Ser würden mit Raku fertig werden, beschlossen sie Juli von der Soldatin zu befreien und in Sicherheit zu bringen. Raku war sprachlos. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie sie Juli in der Nacht behandelt hatte. Sie hatte nicht bedacht, wie es auf andere wirken musste, dass sie einen streitsüchtigen, angriffslustigen Eindruck machte. Doch im Nachhinein konnte sie verstehen, dass man ihr Gebaren
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