Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spielzeugsoldaten

Spielzeugsoldaten

Titel: Spielzeugsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Filipa Leemann
Vom Netzwerk:
als Beschützer missverstehen konnte. Die Männer kannten keinen Krieg, kein Militär. Sie kannten Patrona nicht. Dennoch war das kein Grund, Juli einfach so zu entführen. Raku machte Ser darauf aufmerksam, dass sie nicht begreifen konnte, wie seine Verwandten so rücksichtslos sein konnten. Sie hatte die Nomaden als friedliche und einfühlsame Menschen kennen gelernt, solches Verhalten war einfach durch nichts zu entschuldigen. Auch nicht mit Angst. Sie hätten ja mit ihr reden können. Ser nickte stumm. Es war wie es war und seine Brüder hätten genauso gut recht haben können, dann hätten sie das getan, was sie immer taten: Helfen.
    Raku war aufgefallen, dass Ser während des Gesprächs öfter die Worte ‚Set ba-djed’ wiederholt hatte. Sie verstand den Dialekt dieser Familie kaum und auch von diesem Satz ergab nur das Wort set für sie Sinn. Es bedeutete ‚Sie sind’. Sie fragte sich , was Ser den Männer n zu erklären versuchte. Es schien wirkungsvoll zu sein, denn es brachte sie dazu, dass einige von ihnen Juli und sie ehrfü rchtig beobachteten. Viele mit gesenktem Blick, der versuchte Entschuldigung zu sein.
    Sie sind. Was sind wir? Oder besser: Was sind wir für Ser? Freunde? Ein Paar? Ba-djed. Sie glaubte, den Begriff schon einmal gehört zu haben, konnte ihn aber nicht einordnen.
     
    ~*~
     
    Geb und seine Brüder waren untröstlich. Sie entschuldigten sich mehrmals, mit tiefen Verbeugungen und mit vor der Stirn gefalteten Händen. Raku konnte und wollte ihnen nicht verzeihen, auch nicht nachdem Juli ihr erklärt hatte, dass sie sich nicht erinnern konnte schlecht behandelt worden zu sein. Das war einfach nicht genug. Ihre Hilfsbereitschaft war ja gut und schön, aber ihre Art keine Fragen zu stellen ging ihr in diesem Fall zu weit . Genau das hatte doch dazu geführt, dass sie einfach unter falschen Annahmen hatten helfen wollen. Juli sah den Schmerz in Rakus Augen, die ganze Zeit. Sie wusste, dass sie der Grund dafür war. Wenn sie bedachte, wie Raku sich die letzten Tage immer wieder für sie aufgeopfert hatte und um ihre Sicherheit bemüht war, dann war dieser Tag ein Schlag in ihr Gesicht gewesen. Es fiel ihr schwer Raku nicht e infach um den Hals zu fallen und sie nur festzuhalten, um ihr zu versichern, dass alles in Ordnung war. Diesen Männern konnte sie verzeihen. Sie hatten helfen wollen, mehr nicht. Sie hatten gedacht , sie wäre in Gefahr gewesen. Konnte man ihnen das vorwerfen? Juli konnte sogar verstehen, dass die Männer Raku als B edrohung wahrgenommen hatten. Raku war noch immer F urcht einflößend, wenn sie das wollte.
     
    ~*~
     
    „Ich kann das immer noch nicht glauben.“ 
    Juli blickte zu Raku rüber, die neben ihr her ging, aber stumm und unverwandt auf den Boden zu ihren Füßen sah .
    „Was?“
    Es dauerte eine Weile bis Raku antwortete. Im Gegensatz zu Juli konnte sie nicht loslassen, was sie die letzten Stunden beschäftigt hatte.
    „Dass du die Pferde nicht angenommen hast. Ich kann nicht mehr und der Gedanke daran, dass ich jetzt auf dem Rücken eines Pferdes sitzen könnte, macht mich schier wahnsinnig.“
    Raku hatte sich geweigert auch nur einen Meter weiter mit den Nomaden zu reisen. Alles B itten und B etteln hatte nichts genützt, sie hatte die Männer brüskiert indem sie jeden Versuch , die beiden Frauen zu unterstützen ausgeschlagen hatte. Keine Pferde, keine Nahrung und vor allem keine Begleitung. Das E inzige, was sie ohne zu zögern nahm, waren zwei Felle gewesen. Aber das auch nur, weil sie genau wusste, dass sie und Juli sonst auf kurz oder lang in den Bergen erfrieren würden. Alles andere würde sie schon schaffen. Wie, das wusste sie auch noch nicht genau, aber es war nur eine Frage der Zeit bis ihr etwas einfiel. Juli, zu dem Zeitpunkt noch etwas mitgenommen, hatte nur kläglich protestiert, wobei sie ohnehin wusste, dass sie wenig Einfluss auf Rakus Entscheidungen haben würd e. Sie ging also einfach mit und Raku hatte es ausgesprochen eilig. Eine kurze Verabschiedung von Ser, der sehr zerknittert wirkte und sich gar nicht oft genug für seine Familie entschuldigen konn te. E in paar ausgesprochen feindselige Blicke für die anderen Nomaden und schon war Raku bei Chas Pferd, holte die restliche Ausrüstung und keine Stunde später hatten sie die ersten Kilometer Richtung Gebirge zurückgelegt. Keine Erklärungen, keine Diskussionen. Raku flüchtete erneut, nur diesmal nicht vor einer Bedrohung von außen, sondern vor ihren eigenen Gefüh len

Weitere Kostenlose Bücher