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Spillover

Spillover

Titel: Spillover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Quammen
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geäußert, dass die menschlichen AIDS -Retroviren ihren Ursprung in afrikanischen Tieraffen haben. Die vorliegende Studie und andere, frühere Untersuchungen zu SIV sprechen jedoch nicht für eine solche Vermutung.« Indirekt heißt: Vielleicht hatte der Erreger der Pandemie seinen Ursprung nicht in Tieraffen, sondern in Schimpansen (also Menschenaffen).
    Als ich Martine Peeters kennenlerne, ist sie Forschungsdirektorin am Institut de Recherche pour le Développement in Montpellier, einer schönen alten Stadt unweit des Mittelmeers. Die kleine, blonde Frau trägt einen schwarzen Pullover und eine silberne Halskette; das Gespräch führt sie prägnant und überlegt. Ich will wissen, auf welche Reaktionen sie damals mit ihrer Entdeckung stieß.
    » HIV -2, das haben die Leute ohne weiteres akzeptiert.« Damit meint sie, dass die Vorstellung von seinem Ursprung in Affen anerkannt wurde. »Bei HIV -1 hatten sie mehr Schwierigkeiten, sich damit abzufinden.«
    Woher kam der Widerstand? »Das weiß ich nicht«, sagt sie. »Vielleicht lag es daran, dass wir junge Wissenschaftler waren.«
    Der 1989 erschienene Artikel wurde kaum beachtet, was angesichts der neuen, weit reichenden Folgerungen, die sich daraus ergaben, im Rückblick seltsam erscheint. Im Jahr 1992 beschrieb Peeters in einem weiteren Artikel einen dritten Fall von SIV cpz . Dieses Mal handelte sich um einen gefangenen Schimpansen, den man von Zaire nach Brüssel geschickt hatte. Alle drei SIV -positiven Schimpansen waren also in freier Wildbahn geboren und erst später gefangen worden (im Gegensatz zu Tieren, die in Gefangenschaft geboren werden), aber damit blieb in der Indizienkette immer noch eine Lücke. Wie steht es mit Schimpansen, die in freier Wildbahn leben?
    Mit den molekularbiologischen Hilfsmitteln, die Anfang der 1990er Jahre zur Verfügung standen, war eine Reihenuntersuchung vieler Schimpansen schwierig (und für die meisten Schimpansenforscher auch nicht hinnehmbar), weil die diagnostischen Tests die Entnahme von Blutproben erforderten. Dass es keine Befunde aus Wildpopulationen gab, trug wiederum dazu bei, dass die Vorstellung von einer Verbindung zwischen HIV -1 und Schimpansen in der Gemeinde der AIDS -Forscher skeptisch betrachtet wurde. Schließlich hatten sich auch die asiatischen Rhesusaffen in ihren Käfigen durch Kontakt zu afrikanischen Tieraffen mit HIV -2 angesteckt. Könnte das nicht auch bei den SIV -positiven Schimpansen der Fall sein? Ein weiterer Grund zur Skepsis war die Tatsache, dass man Ende der 1990er Jahre bereits ungefähr 1000 gefangene Schimpansen getestet hatte, aber abgesehen von den drei Tieren bei Peeters hatte man bei keinem einzigen Hinweise auf SI V cpz gefunden. Aus diesen beiden Gründen – das Fehlen von Belegen aus Wildpopulationen und das extrem seltene Auftreten von SIV bei Schimpansen in Gefangenschaft – bestand immer noch die Möglichkeit, dass sowohl HIV -1 als auch SI V cpz unmittelbar von einem gemeinsamen Vorläufervirus aus einem anderen Primaten abstammten. Mit anderen Worten: Vielleicht hatten sich die drei einsamen Schimpansen ihre Infektion bei einer noch nicht identifizierten Tieraffenart zugezogen, und vielleicht hatte die gleiche nicht identifizierte Tieraffenart HIV -1 auch an Menschen weitergegeben. Da diese Möglichkeit immer noch bestand, konnte man fast während des ganzen Jahrzehnts keine sichere Aussage über den Ursprung von HIV -1 machen.
    Währenddessen beschäftigten sich die Wissenschaftler nicht nur mit dem Ursprung von HIV , sondern auch mit seiner Vielfalt in Menschen. Dabei entdeckten sie für HIV -1 drei Hauptabstammungslinien, die meist als »Gruppen« bezeichnet werden. Jede Gruppe umfasst eine ganze Reihe von Stämmen, die sich genetisch deutlich von denen der anderen Gruppen unterscheiden; es gibt auch Unterschiede innerhalb der einzelnen Gruppen – die Evolution von HIV setzt sich ständig fort –, aber die Unterschiede zwischen den Gruppen sind weitaus größer. Eine solche Aufteilung legt düstere Folgerungen nahe, die den Wissenschaftlern erst allmählich klar wurden und im Allgemeinwissen über AIDS bis heute nicht wirklich angekommen sind. Ich werde in Kürze darauf zurückkommen, aber zunächst wollen wir die Verteilung als solche betrachten.
    Am weitesten verbreitet und am schlimmsten ist die Gruppe M. Der Buchstabe M steht für englisch main (»Haupt-«), denn diese Gruppe ist weltweit für die meisten HIV -Infektionen verantwortlich. Ohne die HIV -1-Gruppe M

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