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Spillover

Spillover

Titel: Spillover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Quammen
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namens Tryon Island, die 80 Kilometer vor der Küste von Queensland liegt, und fanden dort Influenzaviren in Keilschwanz-Sturmtauchern.
    »Wir haben also in wilden Zugvögeln ein Grippevirus gefunden, das mit der menschlichen Grippe verwandt ist«, erzählt Robert Webster mir vierzig Jahre später. Laver ist mittlerweile verstorben, aber Webster erinnert sich noch immer gern an ihn.
    Heute kann man Robert Webster mit Fug und Recht als den angesehensten Influenza-Experten der Welt bezeichnen. Er wuchs auf einer Farm in Neuseeland auf, studierte Mikrobiologie, promovierte in Canberra, betrieb mit Laver Wissenschaft und Freizeitgestaltung und zog 1969 in die Vereinigten Staaten, wo er eine Stelle am St. Jude’s Children’s Research Hospital bekam. Dort ist er seither (abgesehen von seinen häufigen Reisen) geblieben. Als ich ihn treffe, ist er fast achtzig, aber er ist rüstig, arbeitet immer noch und steht nach wie vor an vorderster Front, wenn die Influenzaforschung auf die täglich aus der ganzen Welt eingehenden Nachrichten über neue Viren reagieren muss. Sein Büro, in dem wir uns unterhalten, liegt hoch oben in einem schlanken Gebäude des St. Jude’s Hospital. An der Wand des Arbeitszimmers hängen wie zum Andenken an Graeme Laver zwei präparierte Fische: ein großer grüner Zackenbarsch und ein hübscher Red Snapper. Dass die Influenza so problematisch ist, erklärt Webster, liegt unter anderem daran, dass sich das Virus so leicht verändert.
    Das muss er genauer erklären. Zuerst einmal hat der Erreger wie alle RNA -Viren eine hohe Mutationsrate. Keine Qualitätskontrolle während der Replikation, sagt er, und erinnert mich damit an das, was ich von Eddie Holmes gehört habe. Ständig Kopierfehler auf der Ebene der einzelnen Codebuchstaben. Aber das ist bei Weitem nicht alles. Noch wichtiger ist die Neuordnung. (Als »Neuordnung« oder »Reassortment« bezeichnet man den zufälligen Austausch ganzer Genomabschnitte zwischen Virionen verschiedener Untertypen. Das Ganze ähnelt der Rekombination, die sich manchmal während der Zellteilung zwischen überkreuzten Chromosomen ereignet, aber das Reassortment läuft leichter und geordneter ab. Bei Influenzaviren ist es besonders häufig, weil die segmentierte RNA an den Grenzen zwischen den Genen gut getrennt und wieder verbunden werden kann, wie Eisenbahnwagen auf einem Verschiebebahnhof.) Webster erinnert mich noch einmal daran, dass 16 Hämagglutinin- und neun Neuraminidase-Typen zur Verfügung stehen, das heißt 144 Kombinationen sind möglich. Die Veränderungen laufen zufällig ab, und meist sind es schlechte Kombinationen, durch die das Virus weniger lebensfähig wird. Aber Zufallsveränderungen sorgen für Variationen, und Variationen ermöglichen das Ausloten von Möglichkeiten. Sie sind das Rohmaterial für natürliche Selektion, Anpassung, Evolution. Das ist der Grund, warum Influenzaviren so chamäleonhafte Erreger sind – immer für eine Überraschung gut und immer wieder gefährlich. Mutation und Neuordnung.
    Die ständigen Mutationen führen zu einem allmählichen Wandel von Aussehen und Verhalten des Virus. Deshalb müssen wir uns jeden Herbst erneut gegen Grippe impfen lassen: die Influenza-Version dieses Jahres unterscheidet sich von der des letzten. Die Neuordnung führt zu großen Veränderungen. Durch sie entstehen neue Subtypen, die unter Umständen infektiös und dem menschlichen Organismus noch nicht vertraut sind, und dann ist häufig eine Pandemie die Folge.
    Allerdings geht es dabei nicht nur um die Erkrankung von Menschen. Wie Webster mir erklärt, sind die einzelnen Subtypen auch auf unterschiedliche Arten von Wirtsorganismen spezialisiert. H7N7 fühlt sich vor allem in Pferden wohl. Die toten Seeschwalben in Südafrika, damals im Jahr 1961, waren mit H5N3 infiziert. Zur Grippeepidemie beim Menschen führen nur Subtypen, deren Hämagglutinin zum Typ H1, H2 oder H3 gehört, denn nur sie verbreiten sich leicht von Mensch zu Mensch. In Schweinen liegen die Bedingungen in der Mitte zwischen denen, die ein Grippevirus in Menschen oder in Vögeln vorfindet; deshalb stecken sich Schweine sowohl an den Subtypen des Menschen als auch an denen von Vögeln an. Ist ein einzelnes Schwein gleichzeitig mit zwei Virustypen infiziert, von denen der eine an Menschen, der andere an Vögel angepasst ist, kann es zwischen den beiden Erregern zu einem Reassortment der Genome kommen. Zwar wissen wir heute, dass alle Influenzaviren ihren Ursprung letztlich

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