Spillover
so groß.
Wäre die Behauptung, alle diese 818 Millionen Menschen seien durch P.-knowlesi -Malaria gefährdet, übertrieben? Ja. Zum einen sind Javaneraffen innerhalb dieses riesigen Gebietes nur hier und da vertreten; sie leben vorwiegend an Stellen, an denen die vom Menschen veränderte Landschaft an Wälder grenzt. Zum anderen hängt die Gefährdung der Menschen nicht nur vom geographischen Verbreitungsgebiet der Mücken und der Affen ab, sondern auch von anderen Faktoren, beispielsweise davon, ob die Mücken aus dem Wald kommen und Menschen stechen, oder ob Menschen in den Wald gehen und dort gestochen werden. Sie hängt davon ab, ob es in der Region noch nennenswerte, zusammenhängende Waldgebiete gibt und wie die Mücken reagieren, wenn dies nicht der Fall ist. Werden sie mit fortschreitender Abholzung aussterben, oder passen sie sich an? Das hängt davon ab, ob der Parasit in der menschlichen Bevölkerung so gut Fuß fassen kann, dass Affen als Wirte nicht mehr notwendig sind. Es hängt davon ab, ob der Parasit einen neuen Vektor besiedelt und die Übertragung mithilfe einer anderen Mückenart bewerkstelligt – mit Insekten einer Spezies, die stärker bereit sind, die Menschen in ihren Langhäusern, Dörfern und Städten zu besuchen. Mit anderen Worten: Es ist abhängig von Zufall, Ökologie und Evolution.
Mittlerweile beginnt sich ein Bewusstsein für die Existenz der P.-knowlesi -Malaria zu entwickeln – vorwiegend dank der Arbeiten von Singh und Cox-Singh. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob der Parasit selbst sich ausbreitet. Neuere Berichte in Fachzeitschriften dokumentieren einige Fälle im größeren Umfeld. Ein Mann aus Bangkok hatte sich mehrere Wochen in einem Waldgebiet im Süden Thailands aufgehalten und war dort in der Morgen- und Abenddämmerung von Mücken gestochen worden. In Singapur gab es einen jungen Soldaten, der in einem Wald voller Mücken und Makaken seine Ausbildung gemacht hatte. Über fünf Fälle wurde von Palawan berichtet, einer stark bewaldeten Insel auf den Philippinen. Ein Australier hatte in Kalimantan (dem indonesischen Teil Borneos) in der Nähe eines Waldgebietes gearbeitet und sich später in einem Krankenhaus in Sydney in Behandlung begeben. Ein Tourist aus Finnland war einen Monat lang auf der malaiischen Halbinsel gewesen, darunter auch fünf Tage im Dschungel ohne Moskitonetz; zu Hause in Helsinki war er dann erkrankt. Weitere Fälle gab es in China und Myanmar. Bei allen erbrachte der Test auf P. knowlesi positive Befunde. Wie viele weitere Fälle unerkannt blieben oder nicht gemeldet wurden, weiß niemand.
Wir Menschen sind eine relativ junge Primatenart, und entsprechend jung sind auch unsere Krankheiten. Unsere Probleme haben wir von anderen Tieren übernommen. Manche Infektionen, beispielsweise Hendra und Ebola, suchen uns nur gelegentlich heim, und wenn so etwas geschieht, laufen sie sich bald tot. Andere, wie die verschiedenen Formen der Grippe und die HIV s, haben es geschafft – sie haben Fuß gefasst, verbreiten sich von Mensch zu Mensch und haben in dem Lebensraum, die unser Organismus darstellt, große, weit reichende, dauerhafte Erfolge. Das Gleiche gilt auch für Plasmodium falciparum und Plasmodium vivax , die ihren Ursprung ebenfalls in anderen Primaten haben.
Plasmodium knowlesi könnte eine Übergangsform sein – oder zumindest eine Form, die zweigleisig fährt. Welche Pläne es für die Zukunft hat, wissen wir nicht. Schließlich ist es ein Protist, und Protisten haben keine Pläne. Es wird einfach auf die Umstände reagieren. Möglicherweise stellt es sich, was die Wirte angeht, auf den neuen Trend mit weniger Affen und mehr Menschen ebenso ein, wie es seine Plasmodium -Vettern getan haben. Vorerst erinnert es uns an den entscheidenden Aspekt jeder Zoonose: Es kommt nicht nur darauf an, woher etwas stammt, sondern auch, wie weit es kommt.
37 Cox-Singh und Singh (2008), S. 408
KAPITEL IV Wild auf Wild
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Erreger mit hoher Mobilität
Ende Februar 2003 stieg SARS in Hongkong in ein Flugzeug und flog nach Toronto.
Seine Ankunft in Kanada wurde nicht großartig angekündigt, aber dann machte es sich innerhalb weniger Tage deutlich bemerkbar. Es tötete die 78-jährige Großmutter, die es ins Land gebracht hatte, eine Woche später starb ihr erwachsener Sohn, und dann verbreitete es sich in dem Krankenhaus, in dem der Sohn behandelt worden war. Recht schnell steckten sich mehrere Hundert weitere Bürger Torontos an, von denen 31 am
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