Spin
unsere Kirche ist?«
»Nicht so richtig, nein.«
»Nun, danke für Ihre Offenheit. Dann lassen Sie mich erklären. Zum Pastor dieser Gemeinde bin ich erst nach der Kälberkrise geworden, doch ich bin schon seit vielen Jahren Mitglied. Ich kenne Diane und Simon. Ich habe sie einmal als meine Freunde betrachtet.«
»Jetzt nicht mehr?«
»Ich würde gern glauben, dass wir nach wie vor Freunde sind, aber da müssten Sie sie selber fragen. Sehen Sie, Dr. Dupree, für eine relativ kleine Gemeinde haben wir eine recht kontroverse Geschichte. Das liegt vor allem daran, dass wir anfangs eine Art Bastardkirche waren, ein Haufen von Dispensationalisten, der sich mit einigen desillusionierten New-Kingdom-Hippies zusammengetan hat. Was wir gemeinsam hatten, waren der starke Glaube daran, dass die Endzeit unmittelbar bevorsteht, und ein aufrichtiges Bedürfnis nach christlicher Gemeinschaft. Kein ganz leichter Zusammenschluss, wie Sie sich vorstellen können. Wir haben einiges an Glaubenskonflikten durchgemacht. Schismen, wenn Sie so wollen. Dogmatische Dispute, die für die Gemeinde, offen gesagt, gar nicht mehr nachzuvollziehen waren. Simon und Diane schlossen sich einer Gruppe eingefleischter Posttribulationisten an, die Jordan Tabernacle für sich beanspruchten. Daraus ergab sich eine schwierige Situation, das, was man in der säkularen Welt als Machtkampf bezeichnen würde.«
»Den sie verloren haben?«
»O nein. Sie übernahmen die Kontrolle, jedenfalls für eine Weile. Sie radikalisierten Jordan Tabernacle auf eine Weise, die viele von uns mit Unbehagen erfüllte. Dan Condon war einer von ihnen, derjenige, der uns mit diesem Netzwerk von Verrückten in Verbindung gebracht hat, die die Wiederkunft Christi mit Hilfe einer roten Kuh herbeiführen wollen. Was für eine Vermessenheit! Als würde der Herr erst noch auf ein Rinderzuchtprogramm warten, bevor er die Gläubigen versammelt.« Kobel nahm einen Schluck Kaffee.
»Ich kann zu ihrem Glauben nichts weiter sagen.«
»Sie erwähnten am Telefon, dass Diane keinen Kontakt zu ihrer Familie hat.«
»Ja.«
»Nun, vielleicht will sie es so. Ich habe ihren Vater früher oft im Fernsehen gesehen. Er machte einen ziemlich einschüchternden Eindruck.«
»Ich bin nicht hier, um sie zu entführen. Ich will mich nur davon überzeugen, dass es ihr gut geht.«
Noch ein Schluck Kaffee. Noch ein nachdenklicher Blick. »Ich würde Ihnen gern sagen können, dass es ihr gut geht. Und vermutlich ist es auch der Fall. Doch nach dem Skandal ist die ganze Gruppe hinaus in die Wildnis gezogen. Und einige von ihnen haben der Einladung, sich mit den Strafverfolgungsbehörden zu unterhalten, noch nicht Folge geleistet. Besuche sind daher nicht gern gesehen.«
»Aber nicht unmöglich?«
»Nicht unmöglich, wenn man ihnen bekannt ist. Ich bin nicht sicher, ob das für Sie gilt, Dr. Dupree. Ich könnte Ihnen den Weg erklären, doch ich bezweifle, dass sie Sie reinlassen.«
»Auch nicht, wenn Sie für mich bürgen?«
Kobel blinzelte. Er schien darüber nachzudenken. Dann lächelte er. Er nahm vom Schreibtisch hinter ihm ein Blatt Papier, auf das er eine Adresse sowie ein paar Zeilen Wegbeschreibung kritzelte. »Das ist eine gute Idee, Dr. Dupree. Sagen Sie ihnen, Pastor Bob hätte Sie geschickt. Aber seien Sie trotzdem vorsichtig.«
Pastor Bobs Wegbeschreibung führte mich zu Dan Condons Ranch, ein zweistöckiges Haus in einem dicht bewachsenen Tal etliche Stunden von der Stadt entfernt. Keine sehr eindrucksvolle Ranch allerdings, jedenfalls für meinen ungeschulten Blick. Es gab eine große Scheune, die sich, verglichen mit dem Haus, in einem äußerst reparaturbedürftigen Zustand befand, und ein paar Rinder, die auf einigen unkrautbewachsenen Streifen Grammagras weideten.
Ich hatte kaum die Bremse betätigt, da kam ein stattlicher Mann in Overall die Verandatreppe heruntergepoltert, mindestens hundert Kilo schwer, mit Vollbart und einem ganz und gar nicht erbauten Gesichtsausdruck. Ich ließ das Fenster herunter.
»Privatgrundstück, Meister.«
»Ich würde gern mit Simon und Diane sprechen.«
Er starrte mich an.
»Sie erwarten mich nicht. Aber sie wissen, wer ich bin.«
»Haben sie Sie eingeladen? Wir legen hier nämlich nicht so viel Wert auf Besucher.«
»Pastor Bob Kobel meinte, Sie würden nichts dagegen haben, wenn ich mal kurz vorbeikäme.«
»So, so. Meinte er.«
»Ich soll Ihnen sagen, ich sei im Grunde harmlos.«
»Pastor Bob, hm? Können Sie sich ausweisen?«
Ich
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