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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gangway wieder aus«, rief Jala den Matrosen zu.
    Sie blinzelten ihn an, waren sich nicht sicher, ob er hier irgendetwas zu bestimmen hatte. Der Erste Offizier war schon zur Brücke gegangen. Jala warf sich in die Brust und reif etwas Heftiges in einer Sprache, die ich nicht kannte. Die Matrosen zuckten mit den Achseln und ließen die Gangway auf den Kai zurückrasseln.
    Die Schiffsmotoren liefen warm, gaben einen satten Ton von sich.
    Ich rannte über die Gangway, das gewellte Aluminium dröhnte unter meinen Füßen. Ich schnappte mir die Koffer, warf einen letzten Blick zurück: Etwa ein Dutzend uniformierter New Reformasi kam auf die Capetown Maru zugelaufen. »Legt ab«, rief Jala, als kommandiere er das Schiff. »Schnell, legt ab!«
    Die Gangway wurde eingezogen. Ich warf das Gepäck an Bord und sprang hinterher. Erreichte das Deck, bevor sich das Schiff in Bewegung setzte.
    Dann explodierte ein weiterer Avigas-Tank, und wir wurden von der Erschütterung zu Boden geworfen.

 
VON TRÄUMEN UMZINGELT
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    Die nächtlichen Schlachten zwischen Straßenpiraten und kalifornischer Polizei machten das Reisen zu einer ohnehin beschwerlichen Angelegenheit. Durch das Flackern jedoch wurde alles noch schlimmer. Offizielle Stellen warnten dringend vor jedem nicht unbedingt nötigen Reiseverkehr während der Flackerphasen, aber das hielt die Leute nicht von dem Versuch ab, Familie oder Freunde zu erreichen, und in manchen Fällen auch nicht davon, einfach ins Auto zu steigen und zu fahren, bis ihnen das Benzin oder die Lebenszeit ausging. Ich packte in aller Eile einige Koffer, in die ich alles hineinstopfte, was ich nicht zurücklassen wollte, einschließlich des Archivmaterials, das mir Jason gegeben hatte.
    An diesem Abend staute sich der Verkehr auf dem Alvarado Freeway, und auch auf der I-8 ging es kaum schneller voran. Ich hatte jede Menge Zeit, über die Absurdität meines Vorhabens nachzudenken. Hals über Kopf loszufahren, um die Frau eines anderen Mannes zu retten, eine Frau, die mir einmal mehr bedeutet hatte, als gut für mich war. Wenn ich die Augen schloss und mir Diane Lawton vorzustellen versuchte, dann bekam ich kein zusammenhängendes Bild mehr zusammen, nur eine verwischte Montage einzelner Momente und Gesten. Diane, wie sie sich mit einer Hand die Haare zurückstreicht und sich ins Fell von St. Augustine, ihrem Hund, vergräbt. Diane, wie sie für ihren Bruder ein Internetlink in den Geräteschuppen schmuggelt, wo die auseinander gebauten Teile eines Rasenmähers auf dem Boden liegen. Diane im Schatten einer Weide, wie sie viktorianische Lyrik liest und über eine Textstelle lächelt, die ich nicht verstanden habe: Wo der Sommer reift zu jeder Stunde oder Das Kind hat nicht mal wahrgenommen…
    Ich war an El Centro vorbei, als das Radio »erhebliche« Polizeiaktivitäten westlich von Yuma meldete und der Verkehr sich an der Staatsgrenze auf mindestens fünf Kilometern staute. Ich beschloss, keine lange Verzögerung zu riskieren, und bog auf eine kleinere Verbindungsstraße mit der Absicht, die I-10 anzusteuern, die die Staatsgrenze in der Nähe von Blythe querte.
    Die Straße war weniger voll, aber immer noch recht belebt. Das Flackern ließ die Welt irgendwie auf den Kopf gestellt erscheinen, oben dunkler als unten. Gelegentlich zuckte eine besonders dicke Lichtader vom nördlichen zum südlichen Horizont, als würde sich in der Spinmembran ein Riss auftun, als würden sich Bruchstücke des dahinter liegenden Universums hindurchbrennen.
    Ich dachte an das Telefon in meiner Tasche, Dianes Telefon, die Nummer, die Simon angerufen hatte. Es hatte keine Rückrufnummer angezeigt, und die Ranch – falls sie sich überhaupt noch auf der Ranch aufhielten – war nicht im Telefonverzeichnis registriert. Ich wollte, dass es noch einmal klingelte. Wollte es – und hatte doch auch Angst davor.
    Der Verkehr nahm wieder zu, als die Straße sich dem Highway bei Palo Verde näherte. Es war inzwischen nach Mitternacht, und ich schaffte bestenfalls fünfzig Kilometer pro Stunde. Ich dachte an Schlaf. Ich brauchte Schlaf. Kam zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich besser wäre, heute nicht mehr weiterzufahren, erst mal zu schlafen, dem Verkehr Zeit zu geben, sich aufzulösen. Aber ich wollte nicht im Auto übernachten. Die wenigen geparkten Autos, die ich gesehen hatte, waren von ihren Besitzern verlassen und dann geplündert worden, die aufgebrochenen Kofferraumklappen wie vor Schreck aufgerissene

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