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Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Titel: Spines - Das ausradierte Ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherm
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Wohnung hinauf und klingelten. Nichts rührte sich.
    Sarah holte wie selbstverständlich ihr Plastikkärtchen aus der Tasche und öffnete die Tür auf die gleiche Weise, wie sie es bei ihrem ersten Besuch in der Wohnung getan hatte. Dann trat sie einen Schritt in den Flur und rief: »Mark! Bist du da?« Nichts regte sich. Aus der Wohnung war kein Geräusch zu hören. Auch die Uhr hatte aufgehört zu ticken. Mark war wahrscheinlich schon länger nicht mehr hier gewesen und die Feder war abgelaufen.
    Sarah schaltete das Flurlicht ein und zog Paul nach drinnen. Mark war tatsächlich nicht zu Hause. Obwohl wieder alle Türen offen waren, roch die Luft abgestanden. Sarah ging direkt ins Wohnzimmer und betrachtete die Zeitungsausschnitte an der Wand. Sie waren allesamt aus dem politischen Teil der Berliner Tageszeitungszeitungen heraus geschnitten worden. Einige Passagen waren mit gelbem und rotem Marker gekennzeichnet. Sarah las laut vor: »Der Innenminister fordert eine rigorose Offenheit zwischen den politischen Lagern. Wenn es um die Sicherheit des Landes, wenn es um das Wohl Deutschlands geht, müssen wir alle persönlichen Interessen zurückstellen. – ‚Persönliche Interessen’ ist dreimal unterstrichen. Daneben hat Mark ein rotes Ausrufungszeichen gesetzt. Auf dem Bild hat er den Kopf des Innenministers mit einem schwarzen Kreis markiert.«
    Paul warf Sarah einen erstaunten Blick zu. Dann wandte er sich Marks Schreibtisch zu und sah sich die Papiere durch, die darauf lagen. Er fand ein Schreiben einer Zeitschrift. »Hier, Mark hat eine... das ist ein Schreiben einer Zeitschrift, ‚Neue Zeit’, ein Magazin. Hier steht, dass Mark für die Zeitschrift einen Artikel über den Parteitag der Grünen schreiben wird«, hielt er Sarah über seinen Fund auf dem Laufenden. Dann legte er das Blatt auf den Schreibtisch zurück.
    Sarah las zwei weitere Ausschnitte vor: »Innenminister erklärt, dass er einen neuen Politikstil im Innenministerium einführen möchte. Christian Schneider möchte mit dem intransparenten Informationsstil seines Vorgängers brechen und eine neue Epoche der Offenheit einleiten. Fettes Rufzeichen am Rand. Parteitag der Grünen unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. Die Vorbereitungen für den Parteitag der Grünen am 17. September im Velodrom in Berlin, Prenzlauer Berg, laufen auf Hochtouren. – 17.September, das ist am Wochenende, in drei Tagen.«
    Sarah legte ihr Sub-Notebook auf den Schreibtisch, klappte den Bildschirm hoch und schob ihren MP3-Player in den USB-Slot. Sie wollte sich unbedingt noch mal ein paar Passagen aus den Interviews mit Mark durchsehen, die ihr jetzt in einem anderen Licht erschienen. Während sie durch die Files scrollte, zog Paul die Schreibtischschublade auf und sah sich den Inhalt an. Nach einer Weile zog er einen Brief aus der Schublade und las ihn vor: »Ich habe mich entschlossen, zu handeln. Es ist nicht meine Absicht, jemandem weh zu tun, aber es ist Zeit, ein Zeichen zu setzen. Wenn du das liest, wer auch immer du bist, habe ich dieses Zeichen gesetzt. Mark.«
    Paul legte den Brief auf den Tisch. Dann zog er eine Mappe aus der Schublade, warf einen Blick hinein und legte sie neben Sarah auf den Tisch. »Hier, Mark hat alles an Zeitungsberichten über den Innenminister gesammelt, was zu kriegen war. Vom Beginn seiner Karriere bis heute.«
    Sarah überflog die Zeitungsausschnitte. Dann wandte sie sich an Paul: »Sieht alles danach aus, dass Mark vorhat, den Innenminister umzubringen, weil er glaubt, dass er ein Monster ist, das er bestrafen muss. Und vielleicht will er das auf diesem Parteitag im Velodrom tun. Wir sollten da hin. Wir müssen ihn unbedingt davon abhalten.«
    »Hörst du das?«, unterbrach Paul sie. Im Treppenhaus waren deutlich Schritte zu hören.
    »Verdammt, wir müssen hier raus!« Sarah klappte das Sub-Notebook zu und verstaute es hektisch in ihrer Umhängetasche. Paul warf währenddessen den Brief und die Mappe mit den Zeitungsausschnitten in die Schublade zurück und brachte alles auf dem Schreibtisch wieder in den Zustand, in dem sie es vorgefunden hatten. In der Hektik blieb Sarahs MP3-Player auf dem Tisch zurück.
    »Komm jetzt! Mach schon!«, drängte Paul und zog Sarah aus dem Zimmer. Als sie die Wohnungstür öffneten, war es bereits zu spät. Drei Männer in Fliegerjacken versperrten ihnen den Weg. Zwei von ihnen hielten großkalibrige Revolver auf sie gerichtet.
    »Guten Morgen, Robert hat uns gesagt, dass wir Sie hier finden

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