Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)
Leichtes, von hier aus eine hinter dem Pult stehende Person zu treffen.
»Frische Ideen für Frieden und Arbeit, Gerechtigkeit und Toleranz«, stand auf einem hellblauen Banner, das über den beiden Sitzreihen der Parteiführung die ganze Breite der Bühne überspannte. In der Mitte davor stand das Rednerpult, zu dem fünf Stufen einer erleuchteten Rundtreppe aus dem Saal nach oben führten. Drei Scheinwerferreihen, die an Aluträgern in der Kuppel der Arena befestigt waren, tauchten die Bühne in ein weiches, gleichmäßiges Licht. Eine paar Spots waren auf das Rednerpult gerichtet und schufen eine Aura aus gelbem, strahlendem Licht. Wer hier stand, stand gleichsam wie in einem Auge Gottes und hatte dadurch alle Aufmerksamkeit bei sich – und damit war ihm die Macht des Worts und der Verkündigung gegeben.
In den Steilkurven im Rücken der Delegierten waren riesige Transparente ausgelegt, auf denen in großen Lettern die Ziele und Grundsätze der Partei zu lesen waren. Die Zuschauerränge über den Steilkurven lagen im Halbdunkel und waren nur spärlich besetzt.
Der Pinguin mit seinem Transparent gegen die Erderwärmung huschte unter dem Gelächter der Delegierten von links schnell über die Bühne und verschwand in einem Durchgang rechts unter der Steilkurve. Das Publikum wurde immer unruhiger. Jeder wartete gespannt auf die Rede des Ministers. Und wie es den Anschein machte, kam hinter der Bühne langsam etwas in Bewegung. Mark spürte, wie der Schweiß auf seinen Handflächen zunahm.
* * *
Er stellte den Wagen ungefähr einen Kilometer vom Velodrom entfernt in einer Seitenstraße ab. Bevor er ausstieg, warf er noch einmal einen Blick auf den Plan, den er sich gezeichnet hatte, und prägte sich den Grundriss und die Positionen der Agenten ein.
Als er die Stufen zum Haupteingang des Velodrom hinunter stieg, musste er an Larry vorbei, der auf einer Stufe saß und eine Zigarette rauchte. Seine Maske funktionierte. Larry checkte ihn mit einem kurzen Blick, stutzte für eine Zehntelsekunde, aber erkannte ihn nicht. Ungehindert betrat er das Gebäude und absolvierte die Eingangskontrollen. Es war 13:30 Uhr, noch eine halbe Stunde bis zur Rede des Ministers. Er ging die Treppen zur Toilettenebene hinunter. Von dort gab es eine Treppenverbindung zum Lieferantenbereich, die zugleich als Notausgang diente. Hinter der Stahltür, die ins Treppenhaus führte, hatte er eine 38er und zwei Magazine Munition unter einer Blende gleich über dem Türrahmen versteckt und mit Tape befestigt. Das war seine Versicherung für den Rückzug aus dem Gebäude. Die Waffe war unberührt. Er kontrollierte sie und machte sie feuerbereit. Dann befestigte er sie wieder unter der Blende und lief die Treppen hinunter bis zu der Stahltür, die in den Lieferantentrakt führte. Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt breit. Im Anlieferbereich war niemand zu sehen. Überall standen Container mit frischer Ware bereit. Dazwischen sah er eine Reihe von leeren Containern, die wahrscheinlich für Abfälle bestimmt waren. Entschlossen öffnete er die Tür und ging zwischen zwei Containern in Deckung. Wo zum Teufel hatte Ole Position bezogen? Er überlegte, welche Position er sich an Oles Stelle ausgesucht hätte. Der Anlieferbereich war eine riesige Halle, die auf der Seite zur Straße hin mit einem Rolltor versehen war, das offen stand. An der gegenüberliegenden Seite befand sich eine Rampe, von der aus Küche und Gastronomie der Halle versorgt wurden. An den Längsseiten der Halle standen Container und Paletten mit Waren bereit. Ein Transportkran lief auf zwei Stahlschienen unter dem Hallendach.
Er wollte seine Deckung gerade verlassen, um sich Richtung Rolltor vorzutasten, als ein schwarzer Kleintransporter in die Halle rollte und nach wenigen Metern zum Stillstand kam. Der Fahrer stieg aus, drehte eine Runde durch die Halle und kehrte dann in den Führerstand des Transporters zurück. Es war Ole. Wahrscheinlich setzte er grade einen Funkspruch ab, um zu melden, dass er auf Position war.
Im Schutz der Container und Paletten tastete er sich vorsichtig Richtung Rolltor, um in den Rücken des Transporters zu kommen. Bis zum Transporter hatte er jetzt noch ungefähr zehn Meter ohne Deckung zurückzulegen. Ole saß bei geöffneter Tür im Fahrzeug und hörte Radio. Das war seine Chance. Er rannte los und warf sich mit klopfendem Herzen hinter dem Fahrzeug auf den Boden. Nichts geschah. Ole hatte ihn nicht bemerkt. Eng an den Boden geduckt
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