Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)
ein.
Ein Tresen trennte einen kleinen Wartebereich mit einer kurzen Sitzbank vom Bürobereich ab. Der Beamte, der sie hereingerufen hatte, erwartete sie am Tresen. Er war nicht allein. An einem Schreibtisch saß ein Kollege und tippte etwas in einen vergilbten Computer.
»Gehört das alte Parkhaus da drüben, drei Querstraßen weiter, auch zu ihrem Revier?«
»Meine Sie das stillgelegte? Ja, warum?«
»Ich habe dort eine Garage gemietet, die Sie gestern ausgeräumt haben. Ich wollte wissen, wo Sie die Sachen hingeschafft haben und wann ich sie wiederhaben kann?«
»Ist mir nichts bekannt. Wer soll da was ausgeräumt haben?«
»Ich habe das selber gesehen! Jede Menge Polizisten haben das Parkhaus abgesperrt und die Garagen ausgeräumt. Es gibt dort so Einzelgaragen, die vermietet sind.«
Der Polizist drehte sich zu seinem Kollegen um und fragte ungläubig: »Weißt du was davon?«
»Nee, hab ick nichts von gehört. Nicht dass ick wüsste.«
Der Beamte wandte sich wieder Sarah zu. »Sie haben es gehört, uns ist nichts bekannt. Tut mir leid. Aber wenn da was gewesen wäre, wüssten wir das. Vielleicht haben Sie sich geirrt.«
»Geirrt? Meine Sachen sind weg, da irr ich mich doch nicht. Sie können sich das jederzeit anschauen.«
Der Beamte blickte Sarah ratlos an. Dann zeigte er auf die Wartebank und meinte kleinlaut: »Nehmen Sie doch einen Augenblick Platz! Ich frag mal bei den Kollegen nach.« Sarah setzte sich auf die Bank und fing an, in einem uralten Magazin zu blättern, das irgendjemand dort liegen gelassen hatte. Der Polizist wandte sich seinem Kollegen zu. »Frag doch mal nach, ob da was gewesen ist!«
Der Kollege griff zum Telefon. Sarah versuchte, sich auf das Gespräch zu konzentrieren, konnte aber bis auf ein paar Wortfetzen nicht verstehen, was gesprochen wurde. Als das Telefongespräch zu Ende war, hörte Sarah, wie sich die beiden Beamten noch kurz beratschlagten, bevor der Wachleiter sich wieder ihr zuwandte.
»Tut mir leid, auch in der Zentrale ist nichts bekannt von einem Einsatz. Wir haben keine Aktion durchgeführt in dem Parkhaus, da können Sie jetzt sicher sein!«
Sarah war perplex. »Das gibt’s doch nicht! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen!«
»Wenn ich es Ihnen sage, dann stimmt das so! Wenn Sie daran zweifeln, können Sie gern eine Eingabe machen. Ich gebe Ihnen für alle Fälle mal die Nummer des Ansprechpartners in der zentralen Einsatzleitung.« Er drückte Sarah eine Visitenkarte in die Hand.
»Na dann, wünsch ich noch einen guten Tag!«, meinte Sarah mit einem Schuss Sarkasmus und verließ die Wache. Sie musste unbedingt noch mal zurück ins Parkhaus. Schließlich hatte sie mit eigenen Augen gesehen, dass Bullen in Uniform mit einem Grossaufgebot an Fahrzeugen und Abschleppwagen die Garagen geräumt hatten. Und jetzt gaben die Bullen vor, nichts davon zu wissen. Also gab es zwei Möglichkeiten: die Bullen sagten ihr aus irgendeinem Grund nicht die Wahrheit oder es waren gar keine richtigen Bullen, die die Garage ausgeräumt hatten. Oder aber, und das war die dritte Möglichkeit, sie hatte das alles nur geträumt und in der Garage war nach wie vor alles beim alten. Sie musste sich unbedingt selbst davon überzeugen, bevor sie in der Angelegenheit weitere Schritte unternahm.
Als sie im Parkhaus eintraf und die Rampe zur dritten Etage nach oben ging, schien alles unverändert. Das Tor zu ihrer Garage war verschlossen. Über dem Schloss klebte ein Polizeisiegel. Also doch, die Bullen waren wirklich hier gewesen. Sie überlegte kurz, was sie tun sollte. Dann riss sie kurzer Hand das Siegel ab und schob ihren Schlüssel ins Schloss. Er passte noch. Sie zog das Tor auf. Die Garage war vollständig leer, als hätte es nie irgendetwas in dieser Garage gegeben. Hatte man nur ihre Garage ausgeräumt? Oder waren alle Garagen geräumt worden? Sie musste unbedingt mit Harry und Christoph reden. Vielleicht wussten sie genaueres über die Polizeiaktion und konnten ihr sagen, wo ihre Sachen waren.
Als sie das Garagentor wieder zuzog und sich umdrehte, wäre fast ihr Herz stehen geblieben. Ein Mann stand im Halbdunkel der Etage. Ihre Angst löste sich aber sofort in nichts auf, als sie den Sohn von Hahning erkannte. Er war sichtlich verlegen, ihr so unvermittelt gegenüberzustehen und fing an zu stottern. »Fräulein, Fräulein Sarah. Ihre Garage, die Polizei hat Ihre Garage geräumt! Sie haben alles mitgenommen.«
»Wissen Sie wer? Wissen Sie, welches Revier? Haben sich die
Weitere Kostenlose Bücher