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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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hängen. Wir erklommen Etage um Etage, der gigantische Umriss seiner Lederjacke wankte im Gegenlicht des Treppenhauses. Aus einer Wohnung drang Essensgeruch, mir kam der Gedanke, dass der Hunger der Grund für seine Langsamkeit sein könnte. Wenn Otto mich früher besucht hatte, gab es Wochen, in denen wir praktisch nur hartes Zeug tranken und höchstens einmal am Tag aßen, manchmal reichte uns eine Handvoll Erdnüsse am Morgen.
    Er setzte sich an den Küchentisch. Ich fragte, ob er etwas essen wolle. Er bat mich um ein Glas Wasser. Er holte einige Pillen aus der Tasche und schluckte sie.
    Erzähl, sagte ich, und er berichtete mir, wie es ihm im Gefängnis ergangen war.
    Tonne
    Ich blute, sagte Otto auf der Polizeiwache. Er saß auf einem Stuhl.
    Name?
    Langston.
    Wie heißen Sie wirklich?
    Stokeley.
    Wie heißen Sie wirklich?
    Carmichael.
    Ihren richtigen Namen, sagte einer der Beamten und schob ihm ein Blatt Papier und einen Stift hin.
    Ich kann nicht schreiben.
    Ihren richtigen Namen, wiederholte er. Schreiben Sie jetzt endlich Ihren Scheißnamen da hin, ich weiß nämlich, wer Sie sind. Schreiben Sie Ihren Scheißnamen. Ich habe Ihre Akte. Sie haben sich ja eine Weile nicht blicken lassen, offenbar versuchen Sie gerade ein Comeback – ein bisschen wie diese Motown-Sänger. Die Polizisten sahen sich an und grinsten. Also los, Ihren richtigen Namen.
    Stokeley Carmichael , schrieb Otto.
    Ihren richtigen Namen.
    Black .
    Schau mal, Bob, Black hat er geschrieben. Dafür sieht er mir ziemlich bleich aus, findest du nicht? Ein bisschen wie Milchschokolade. Ich frage mich, wieso. Wahrscheinlich ist seine Ururgroßmutter schuld, die hat von dem weißen Jungen, der sie in der Scheune rangenommen hat, den Arsch nicht rechtzeitig losgelassen, er konnte nicht mehr rausziehen. Also, du Wichser, wie heißt du wirklich?
    Faust Panzer , schrieb Otto.
    Noch einmal: Wie heißen Sie?
    Gott .
    Letzte Chance, Schoko, sagte der Polizist.
    Fick dich erschien auf dem Papier.
    Otto wurde vom Stuhl gestoßen. Der eine Polizist sah zu, während der andere ihn mit dem Schlagstock bearbeitete. Nach einer Weile beteiligte sich auch der Partner, er gab Otto mehrere Tritte und trampelte regelrecht auf ihm herum.
    Ich bin Gott, ihr Arschlöcher, schrie Otto. Das ist mein wahrer Name. Ich heiße Gott, verdammte Scheiße.
    Der Typ braucht Hilfe, sagte der erste Polizist. Er hält sich für Gott.
    Sie verließen den Raum, Otto lag auf dem kalten Boden und rührte sich nicht. Sein Schädel pochte. Er schloss die Augen, nach einer Weile verlor er jedes Zeitgefühl.
    Irgendwann kamen zwei Männer in den Verhörraum, sie trugen grüne Kittel und erklärten, dass sie ihn nun mitnehmen würden. Wohin, fragte Otto, die Antwort war freundlich und professionell.
    Wir müssen Ihnen mitteilen, sagte der eine, dass Sie sich in unserem Gewahrsam befinden, die Polizei hat Sie an uns überstellt, wir sind für Ihre Sicherheit und Ihr Wohlergehen verantwortlich. Wir bitten Sie, es uns nicht zu schwer zu machen, folgen Sie einfach unseren Anweisungen. Wir bringen Sie in eine psychiatrische Abteilung, wo man Sie untersuchen und einige Tests durchführen wird. Wir sind befugt, Sie in Ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Ich bitte Sie nun, mir einige Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten. Verstehen Sie, was ich Ihnen gerade erklärt habe?
    Otto lachte und antwortete nicht.
    Sie müssen mir antworten, mein Herr, wenn Sie sich weigern, müssen wir Ihnen vielleicht eine Zwangsjacke anlegen.
    Weiter hinten im Zimmer stand der Polizist, der Otto zuerst geschlagen hatte. Er hatte eine Akte in der Hand und schien unbeteiligt, er sah auf den Tisch und tat, als hörte er nichts. Doch Otto wusste, dass er sehr genau zuhörte, und er wusste, dass niemand ihm helfen würde.
    Ist das Ihr Ernst?, fragte er. Sie bringen mich in die Psychiatrische?
    Haben Sie verstanden, was ich Ihnen gerade erklärt habe? Antworten Sie mit Ja oder Nein.
    Otto nickte, der Polizist trat heran und reichte dem Mann im Kittel die Akte.
    Schweigend saß Otto auf der engen Rückbank, eingezwängt zwischen den beiden Wärtern. Nach einer kurzen Fahrt stiegen sie aus, er wurde über einen Flur in eine fensterlose Zelle geführt, in der ein Stahlrohrbett stand und in einer Ecke ein Stuhl.
    Eine Krankenschwester gab ihm ein Krankenhausnachthemd. Der Arzt wird gleich da sein, sagte sie.
    Ich brauche keinen Arzt, sagte er. Die Frau verschwand ohne ein Wort, die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
    Otto war

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