Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
Daumen rieb über das Heft des Messers, das ich bereits in der Hand hielt. Nichts würde mich davon abhalten, Finn zu retten. Nicht einmal Donovan Caine und meine Gefühle für ihn.
Der Detective starrte auf die Waffe in seiner Hand. Er sah mich nicht an. »Ein Teil von mir will es«, gab er zu. »Für alles, was du getan hast. Für all die Leute, die du umgebracht hast. Du hast den Tod verdient.«
»Wahrscheinlich«, meinte ich. »Aber wenn du mich umbringst, stirbt auch Roslyn. Alexis wird sie mit ihrer Magie bei lebendigem Leibe häuten, bevor du auch nur nah genug herankommst, um sie zu retten. Ihr Blut wird an deinen Händen kleben. Und Finns ebenfalls.«
»Das sagst du.«
»Das weiß ich«, erklärte ich. »Diese Waffen, die du da hast, sind ja ganz nett, aber du besitzt keine Magie, Detective.«
Er kniff die Augen zusammen. »Hast du denn so viel davon? Ich habe deine Eismagie gesehen. Sie ist nicht besonders eindrucksvoll.«
»Nein, ist sie nicht.«
Ich erwähnte nicht, dass ich ein anderes Element um einiges besser beherrschte. Dass Jo-Jo Deveraux mir immer gesagt hatte, dass ich mehr Macht besaß als jeder, den sie bisher getroffen hatte. Dass ich mich teilweise selbst vor dem fürchtete, was ich mit meiner Steinmagie tun konnte und was ich schon damit getan hatte.
»Aber ich bin nicht so moralinsauer wie du. Mir ist egal, was richtig und was falsch ist. Ich würde Alexis James nur zu gern bei der ersten Chance, die sich mir bietet, mein Messer in den Rücken rammen.«
Caine widersprach mir nicht.
»Sag mir nur … sag mir nur einfach, warum du es getan hast«, bat er mit rauer Stimme. »Warum hast du Cliff umgebracht? Wer hat dich angeheuert?«
Da war sie nun. Die Frage, auf die er so dringend eine Antwort wollte. Die Frage, von der ich gewusst hatte, dass er sie früher oder später stellen würde. Weil die Antwort der einzige Weg war, wie er seine Schuldgefühle besiegen konnte.
»Du willst es nicht wissen.«
»Sag es mir«, verlangte er. »Ich muss es wissen. Ich will es wissen.«
Bei all seiner Stärke, bei all den Dingen, die er in seinem Leben schon gesehen hatte, war Donovan Caine doch sehr idealistisch. Er hatte noch Hoffnung, wollte immer noch an das Gute im Menschen glauben.
Deswegen und wegen dieser Zärtlichkeit, die ich ihm gegenüber empfand, wollte ich ihm nicht erzählen, wie abartig sein hochgeschätzter Partner gewesen war. Wollte ihm nicht von der brutalen Vergewaltigung des kleinen Mädchens berichten, das der perverse Cop im Anschluss auch noch zusammengeschlagen hatte. Zu erfahren, was Ingles getan hatte, würde die letzte Illusion zerstören, die sich Caine in Bezug auf seinen Partner gemacht hatte. Und wahrscheinlich in Bezug auf die Menschheit im Allgemeinen. Wenn man nicht einmal dem Kerl vertrauen konnte, mit dem man zusammen im Streifenwagen saß, auf wen sollte man sich dann verlassen? Dieses Wissen würde etwas in ihm zerstören, so wie es der Mord an meiner Familie vor siebzehn Jahren mit mir gemacht hatte.
»Jemand wollte Ingles tot sehen, also habe ich dafür gesorgt, dass er stirbt. Ich töte nicht und brüste mich dann damit, Detective. Nicht heute und niemals sonst«, sagte ich. »Ich weiß, dass du deinen Partner für einen Heiligen hältst, aber Ingles hatte seine Geheimnisse, genau wie wir anderen auch. Wenn du wissen willst, warum ich ihn umgebracht habe, finde es selbst heraus.«
Caines Miene wurde hart. Es gefiel ihm nicht, dass ich mich weigerte, mehr zu sagen, aber ich ließ ihm keine Zeit, groß darüber nachzudenken.
»Also, wirst du jetzt diese Waffe wegstecken und mir helfen? Oder willst du etwas Dämliches tun und auf meinem Wohnzimmerboden sterben?«
Caine holte zischend Luft, dann stieß er sie wieder aus. Seine Augen blitzten, und seine Hand umfasste die Pistole fester. Für einen Moment glaubte ich, er hätte die falsche Wahl getroffen. Aber dann hob der Detective langsam den Arm und steckte die Waffe wieder weg.
»Ich werde dir helfen«, sagte er. »So viel schulde ich dir, weil du mich in meinem Haus gerettet hast. Und ich kann Leute nicht einfach sterben lassen, egal wer sie sind.«
Caine sagte nicht, was er hinterher tun würde, und ich fragte nicht nach.
»Gut«, antwortete ich. »Wir haben weniger als eine Stunde. Lass uns aufbrechen.«
Wir stiegen wieder in das Auto, das ich gestohlen hatte, und ich sah auf die Uhr am Armaturenbrett. Noch fünfundvierzig Minuten, die Zeit lief. Die Angst legte ihre eisige Hand um mein Herz
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