Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
Stunden war er tief in mir vergraben gewesen. Jetzt waren wir wahrscheinlich auf dem Weg in unseren Tod. Die gute alte Ironie des Schicksals … Was für ein Miststück.
Wieder einmal fühlte ich ein Aufwallen von Wärme in meiner Brust, aber ich achtete sorgfältig darauf, mir nichts anmerken zu lassen. Wenn er es fühlte, wenn er jetzt nett zu mir war, würde ich mich nicht konzentrieren können. Wäre ich nicht fähig zu tun, was getan werden musste. Das war ein Luxus, den ich mir nicht leisten konnte. Nicht heute und niemals sonst.
Caine nickte mir zu. Das war seine Art, mir Glück zu wünschen. Oder sich von mir zu verabschieden. Ich war überrascht, dass er sich überhaupt mit Höflichkeit aufhielt, wenn man den Beinahe-Zusammenbruch bedachte, den er in meiner Wohnung gehabt hatte. Aber der Detective hatte sich auf der Fahrt zum Steinbruch wieder von seinem Tief erholt. Er wusste, dass er noch ein bisschen länger mit mir zusammenarbeiten musste, wenn er Finn und Roslyn retten wollte. Dann und nur dann konnte er sich gegen mich wenden.
Caine trat zurück und tauchte in die Schatten ein, um den hinteren Teil des Steinbruchs zu erreichen. Ich wartete, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte, dann nahm ich die Schultern zurück und ging auf dem Weg zum vorderen Teil des riesigen Loches eine Böschung hinunter. Im Gehen kontrollierte ich die verschiedenen Messer, die an meinem Körper versteckt waren. Das kalte Steinsilber der Waffen beruhigte mich wie immer. Alexis James würde mich heute vielleicht umbringen, aber ich würde mich nicht kampflos ergeben.
Ich ging ungefähr eine halbe Meile, bevor ich den Eingang zum Steinbruch sah. Die Stadt hatte es schon lang aufgegeben, die Landstreicher und Jugendlichen von diesem Ort zu vertreiben. Ein rostiges Schild verkündete Betreten auf eigene Gefahr . Die Überreste eines großen Eisentors standen quer über die Einfahrt, aber jemand hatte die Stäbe auseinandergedrückt. Ich trat durch die Lücke und ging weiter.
Der Steinbruch war wie eine tiefe breite Schüssel geformt, mit einem Durchmesser von über einer Meile. Die Wände erhoben sich vom tiefsten Punkt aus fast hundert Meter hoch. Kleine Quarzstücke funkelten im Zwielicht. Sie erinnerten mich an das Blitzlichtgewitter bei Sportveranstaltungen. Für einen Moment fühlte ich mich wie ein Gladiator in einem römischen Kolosseum. Ein Kämpfer, der gezwungen wurde, gegen Tiger und Löwen und Menschen zu kämpfen, nur um einen weiteren Sonnenaufgang bezeugen zu dürfen. In gewisser Weise war ich wahrscheinlich seit meinem dreizehnten Lebensjahr ein Gladiator, immer im Kampf ums Überleben, während ich mich zur selben Zeit emotional von den Dingen distanzierte, die ich tun musste.
Bis zu diesem Moment hatte ich nie bemerkt, wie verdammt müde ich war.
Ich musste die Steine nicht berühren, um ihre Vibrationen zu hören. Bei so großen Mengen des Elements in meiner Umgebung hallte der Klang in meinem Kopf wider, ein leises gleichmäßiges Schlagen, hier und dort unterbrochen vom plötzlichen Aufblitzen des Unbehagens. Die Steine wussten, dass etwas nicht stimmte, dass etwas ihren Schlummer und die langsame Erosion durch Regen und Zeit gestört hatte. Und es waren ausnahmsweise nicht die üblichen Hirsche und Eichhörnchen und dämlichen betrunkenen Jugendlichen, die hoch oben abrutschten, über die Klippe fielen und in den Tod stürzten.
Ein milchig weißes Glühen pulsierte hinter einer Kurve. Ich hatte dieses Licht schon einmal gesehen, als Alexis an Caines Haus ihrem Zorn freien Lauf gelassen hatte. Sie hatte ihre Magie also schon entfesselt. Es gab nur einen Weg dafür zu sorgen, dass sie wieder verschwand: den Elementar umzubringen. Ich hoffte nur, dass ich stark genug war, um das zu schaffen – für Fletcher.
Ich schritt um die Kurve, und da war sie.
Alexis James.
Die Luftmagierin stand ungefähr hundertfünfzig Meter vor mir im offenen Bereich des Steinbruches, um den sich die Berge zu ihren höchsten Höhen erhoben. Das milchig weiße Licht, das um ihre Handflächen flackerte, beleuchtete das Miststück in einem engelhaften Glühen, das sie nicht verdiente.
Alexis trug nicht mehr ihr elegantes Cocktailkleid, sondern denselben schwarzen Umhang, den sie sich auch in der Nacht vor Caines Haus übergeworfen hatte. Ich fragte mich, ob sie ihn wohl auch bei der Ermordung von Fletcher angezogen hatte. Ob das Blut meines Mentors in diesem Stoff klebte. Das wogende Material ließ Alexis aussehen wie ein
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