Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
und umarmte es so fest wie ein Liebhaber, während mir kleine Stimmen in meinem Kopf zuflüsterten, was alles Schlimmes passieren konnte. Ich fürchtete mich nicht, weil die Möglichkeit bestand, dass ich heute Abend sterben konnte. Es war durchaus vorstellbar, dass das passierte. Alexis James war eine Luftmagierin, die ihre Magie gerne zum Töten einsetzte. Sie war mindestens so gefährlich und tödlich wie ich. Noch schlimmer, sie war von ihrer Magie berauscht, verlor langsam den Verstand, mit jeder Stunde ein bisschen mehr.
Nein, ich hatte keine Angst um mich selbst, sondern um die anderen. Angst um Finn, selbst um Roslyn. Und ich fürchtete, was der Elementar ihnen vielleicht bereits angetan hatte – oder noch antun würde. Trotz ihres Versprechens hätte Alexis James beschließen können, ein wenig mit dem Essen zu spielen. Ich fragte mich, ob sie überhaupt überleben konnten, bis ich dort ankam.
Der Steinbruch von Ashland war aus einem der größeren Berge der Gegend geschlagen und lag zusammengekauert wie ein Leprakranker am Rande der Stadt. Vor langer Zeit war der Steinbruch einmal der Hauptarbeitgeber der Stadt gewesen, mit Tausenden von Arbeitern. Aber es gab keinen lukrativen Stein mehr, auch kein Erz oder Juwelen. Seit Jahren lag der Steinbruch brach, und nur das Murmeln der Steine selbst störte die Stille. Die einzigen Leute, die dieser Tage hierherkamen, waren Zwerge, die mit ihren kleinen Spitzhacken auf die steilen Wände des Steinbruches einklopften, um etwas Glänzendes zu finden, was sie ihren Kindern mit nach Hause bringen konnten.
Wir erreichten den Treffpunkt eine Viertelstunde vor Ablauf der Frist. Ich näherte mich dem Gebiet von Süden her, auf einer wenig befahrenen Straße, die ich in meiner Kindheit regelmäßig übergequert hatte. Es war dieselbe Zufahrtsstraße, auf der Bria und ich als Kinder Himmel und Hölle gespielt hatten.
»Warst du schon einmal hier?«, fragte Caine. Das waren die ersten Worte, die er seit dem Verlassen der Wohnung von sich gegeben hatte. »Nicht viele Leute kennen diese Straße.«
»Als Kind war ich manchmal hier.«
Der Detective bedachte mich mit einem seltsamen Blick, aber er hakte nicht nach. Ich wollte auch nicht mehr preisgeben. Sicherlich nicht die Tatsache, dass ich auch in den Steinbruch gekommen war, um zuzuhören, was die Steine mir zu sagen hatten. Um mich auf die verschiedenen Schwingungen einzustimmen, die sie erzeugten. Um meine Magie zu trainieren. Um in einer Welt, die auf den Kopf gestellt worden war, ein wenig Frieden zu finden.
»Was ist mit dir?«, fragte ich.
Er zuckte mit den Achseln. »Nur gelegentlich, wenn hier eine Leiche abgelegt wurde. Vor ein paar Jahren war das eine beliebte Stelle dafür. Aber auch heute noch kommen wir mehrmals im Jahr hier raus. Im Frühjahr haben Cliff und ich …«
Ich erfuhr nie, was Cliff und er im Frühjahr getan hatten. Caine brach ab und starrte aus dem Fenster. Grübelnd. Über mich, über uns, über die Tatsache, dass ich ihm nicht verraten hatte, warum ich seinen Partner ermordet hatte. Und darüber, dass Ingles vielleicht, nur vielleicht, exakt das bekommen hatte, was er verdiente.
Ein paar Minuten später hielt ich ungefähr eine Meile vom Steinbruch entfernt neben einer Gruppe von Ahornbäumen an, machte den Motor aus und stieg aus dem Auto. Caine tat dasselbe, dann starrte er mich über die Motorhaube hinweg an.
»Warum halten wir?«, fragte Caine. »Wir sind noch nicht beim Steinbruch.«
»Weil du nicht mitkommst.«
»Warum nicht?«
»Alexis James ist ein Luftelementar«, erklärte ich. »Du hast gegen sie nicht die geringste Chance.«
»Und du schon?«
Ich nickte. »Ob es dir nun gefällt oder nicht, ich bin zu Dingen fähig, die du dir nie erlauben würdest, Detective. Außerdem erwartet Alexis, dass ich allein komme. Ein Begleiter wird ihr gar nicht gefallen. Das wird sie nur noch nervöser machen. Ich werde ihre Aufmerksamkeit erregen, sie dazu bringen, sich auf mich zu konzentrieren. Dein Job ist es, dich hinter ihr anzuschleichen und Finn und Roslyn da rauszuschaffen – um jeden Preis. Alexis hat sicher Stephenson bei sich und vielleicht auch diese zwei Schläger aus dem Country Club. Du musst sie ausschalten, wenn wir das hier überleben wollen. Schaffst du das?«
Der Detective nickte.
»Gut. Dann lass es uns beenden.«
Donovan Caine sah mich ein letztes Mal an, und unsere Blicke trafen sich. Gold auf Grau. Ich wusste, was er dachte. Dasselbe wie ich. Vor zwei
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