Spion auf der Flucht
immer
nur für eins interessiert: für sich selbst.
Für mich das Beste - für die andern,
was übrigbleibt! Das war sein Motto. Daraus ergibt sich, daß Nächstenliebe für
ihn nur ein Wort mit 13 Buchstaben war, ansonsten ohne Bedeutung.
Im Laufe seines wechselvollen Lebens
hatte er sich zum Spezialisten herangebildet.
Er war als Bankräuber erste Sahne,
sahnte aber auch in einem anspruchsvolleren Kriminalitätsbereich ab: in der
Industrie-Spionage.
Auf diesem Tummelplatz schräger Typen
geht es immer nur darum: Der Industriebetrieb A besitzt tolle
Forschungsergebnisse, das Ergebnis jahrelanger Arbeit und gewaltiger Kosten.
Diese Forschungsergebnisse befähigen den Betrieb, ein Produkt herzustellen, mit
dem es die Konkurrenten auf die hinteren Plätze verweist. Die Konkurrenten —
also die Betriebe B, C, E usw. — sehen die Gefahr auf sich zukommen. Weil sie
hinsichtlich der Forschung den Vorsprung von A nicht mehr einholen können,
versuchen sie, den Weg abzukürzen. Das bedeutet: Sich in den Besitz von A’s
Forschungsergebnissen bringen. Das heißt im Klartext: sie klauen.
Selbstverständlich wird sich nun nicht
der Big Boss oder Generaldirektor vom Betrieb B nächtens auf die Socken machen.
Denn man klaut ja nicht selbst, sondern man läßt klauen.
Von Typen wie Pleff.
Als Spezialist kannte Pleff viele Wege
zum Ziel.
Der steinigste war der, selbst mit
Einbruchswerkzeugen loszuziehen.
Dabei konnte man erwischt werden. Oder
es ergaben sich Schwierigkeiten bei der Auswahl der Beute. Denn man war ja kein
Fachmann.
Deshalb war einer der besseren Wege,
Fachleute einzuspannen. Gegen entsprechende Bezahlung — und Geld war meistens
in Fülle vorhanden, weil der Betrieb B das locker machte — gegen dickes Geld
also wurden Fachleute und Betriebsangehörige leicht zu Verrätern.
So war Pleff verfahren, als es um die
X-U-1 %-Gamma-Chips ging.
Das mußte was Tolles, noch nie
Dagewesenes sein: ein Sieben-Meilen-Stiefel-Schritt der Computer-Forschung.
Für Pleff natürlich böhmische Dörfer,
denn er war eine technische Pflaume, kaum fähig, eine Dose Bratheringe zu
öffnen.
Aber zum Einfädeln der
Industrie-Spionage war er gut.
WBCB besaß die Forschungsergebnisse von
X-U-1 %-Gamma.
Ashburn-Centre, der Konkurrenzkonzern,
leckte sich sämtliche Finger danach. Pleff kam ins Gespräch; und ein gewisser
Jacques Perrigon — Chef-Konstrukteur von Ashburn-Centre — wandte sich
persönlich an ihn.
Pleff erhielt den Auftrag, bei WBCB den
geeigneten Mann zu finden.
Der geeignete Mann — das heißt: Es
mußte jemand sein, der Zugang hatte zu den Plänen, den Forschungsergebnissen,
und außerdem bereit war, sie zu verkaufen — heimlich, selbstverständlich.
Nach sorgfältiger Auslese fiel Pleffs
Wahl auf Rödermeyer. Er war tatsächlich der richtige, und Pleff arrangierte (zustandebringen) ein Treffen zwischen Rödermeyer und Perrigon.
Aber Rödermeyer war vorsichtig.
Er brachte anfangs nur eine Kostprobe
der Forschungsergebnisse mit.
Perrigon wurde der Mund wässerig. Er
bezahlte dafür und wollte auch alles andere.
Leider lief es dann gleich zweifach
schief.
Zum einen wurden Rödermeyer die Unterlagen
aus der Hand genommen, weil die WBCB-Firmenleitung ihn mit anderen Aufgaben
betraute. Zwar war zu erwarten, daß ihm die Zuständigkeit später wieder
übertragen wurde. Aber zur Zeit besaß er nichts, was er an Perrigon
verscherbeln konnte.
Zum andern wurde er erpreßt.
Ein Konstrukteur namens Dröselhoff
hatte die Zusammenkunft beobachtet und bat Rödermeyer zur Kasse.
Damit war der Deal (Handel) vorerst geplatzt.
Pleff ärgerte sich staubig.
Alles war — wiedermal — nicht seine
Schuld.
Aber er stand da wie der letzte, den
bekanntlich die Hunde beißen, und wurde von Perrigon mit einem Trinkgeld
abgespeist.
Das reichte nicht hin und nicht her,
zumal er im Herbst eine Weltreise antreten wollte, um internationale
Beziehungen anzuknüpfen.
In seinem Job hielt er das für wichtig.
Doch der Spaß war teuer. Also mußte er sich das Geld mit einem Bankraub
beschaffen. Und der war soeben generalstabsmäßig geglückt.
Pleff fuhr jetzt im Schrittempo.
Hier im ehemaligen Industrie-Viertel,
wo alles verfiel, war es so einsam, als wäre der Boden radioaktiv verseucht.
Das konnte durchaus zutreffen, denn die offiziellen Daten der Landesregierung
waren sowieso gefälscht und geschönt — doch die meisten Bürger nahmen sie an
als wahr; und demzufolge war von einer Katastrophe — speziell hier —
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