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Spion auf der Flucht

Spion auf der Flucht

Titel: Spion auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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nichts
bekannt.
    Pleff äugte nach rechts, nach links,
nach vorn und in sämtliche Rückspiegel.
    Nein, weit und breit keine
Menschenseele.
    Nicht mal eine Ratte ließ sich zu
dieser Tageszeit blicken.
    Er hielt in einer schlauchengen Gasse,
wo die Mauern nach Salpeter rochen.
    Er mußte ein Stück laufen. Aber das tat
ihm gut. Als Bankräuber und Industrie-Spion hatte er ziemlich wenig Bewegung.
    Er schob die Tränengaspistole in den
Gürtel.
    Sie sah aus wie eine scharfe Waffe.
Bankkassierer und Kunden hatten sich täuschen lassen.
    Auf dem Hof einer verfallenen
Kartonagenfabrik (Kartonage = Pappverpackung) hatte er den
geklauten Mercedes abgestellt.
    Bei solchen Unternehmen klaute er
vorher grundsätzlich zwei Wagen. Es erschien ihm als sicherer.
    Seinen weißen Audi, für den er ein
Dutzend gestohlener Nummernschilder besaß, benutzte er vorwiegend privat. Oder
bei Einsätzen, wo mit Zeugen nicht zu rechnen war.
    Niemand begegnete ihm.
    Seine Schritte hallten auf dem
Kopfsteinpflaster.
    Als er durchs Tor lief, hielt er die
Leinentasche in der Hand.
    Im nächsten Moment erstarrte er.
    Die Spitze einer langen Messerklinge
berührte seinen Hals.
    Der Typ, der das Messer hielt, war
hager und wohl gerade volljährig geworden. Über seinem gemeinen Gesicht
plusterte der Wind brandrote Haare auf.
    „Beweg dich lieber nicht!“ sagte er
durch die Zähne.

    Pleff verharrte wie Eichenholz. Nur
seine Augen bewegten sich. Der Blick schoß an dem Rotschopf vorbei.
    Zum Scharfrichter! Die waren zu zweit.
    Der andere saß in dem geklauten
Mercedes und begutachtete die kurzgeschlossenen Drähte gleich unter dem
Armaturenbrett.
    Der Rotschopf sagte: „Ist wohl dein
Wagen, wie?“
    Pleff antwortete nicht.
    „Aber er ist so vergeßlich, der Gute“,
feixte der zweite. „Ständig vergißt er die Autoschlüssel. Und da bleibt ihm
nichts anderes übrig, als den eigenen Wagen zu knacken. Und damit niemand auf
falsche Gedanken kommt, versteckt er ihn hier. Ist das nicht klug, Andy?“
    Andy, der Rotschopf, lachte meckernd.
    „Jungs, hört mal“, begann Pleff.
    Aber sofort piekte ihn das gefährliche
Messer.
    „Schnauze, Opa!“ befahl Andy.
Gleichzeitig riß er ihm die Leinentasche weg. Über die Schulter sagte er: „Sieh
zu, Bert, daß du die Karre in Gang kriegst. Der Opa geht zu Fuß.“
    Bert war bullig, wie Pleff feststellte,
und hatte Kinnbacken wie ein Nußknacker. Er sah nicht aus, als könnte er lesen und
schreiben, aber in seinen Wurstfingern steckte technisches Gewußt-wie.
    Er knorgelte die richtigen Drähte
aneinander, und der Motor gab blubbernde Laute von sich.
    „Jungs“, versuchte Pleff es abermals.
„Wir können uns einigen. Ich...“
    „Noch ein Wort, Opa“, drohte Andy, „und
ich schneide dir die Nase ab.“
    Bert lachte. Andy warf ihm die
Leinentasche zu.
    Ohne hineinzusehen, verfrachtete Bert
den Beute-Behälter auf den Rücksitz.
    „Wir gehen dort hinter den Schuppen,
Opa“, sagte Andy. „In der nächsten Hütte gibt’s ‘ne Bude ohne Fenster und
Hintertür. Da wirst du eingesperrt. Die Tür hält was aus. Aber du schaffst es
sicherlich. Irgendwie wirst du dich befreien, und dann kannst du lostapern.“
    „Beeil dich!“ sagte Bert. „Ist nur
wenig Sprit drin.“
    Zwei Stromer! dachte Pleff.
Stadtstreicher. Klein-Ganoven. Ausgerechnet die jagen mir die Beute ab. Wenn
ich das in meinen Memoiren (schriftliche Lebenserinnerungen) erwähne,
bin ich blamiert bis auf die Knochen.
    Er mußte vorangehen.
    Auch hier war der Boden gepflastert, und
beider Schritte hallten.
    Andy schlurfte in Armlängen-Abstand
hinter ihm.
    Pleff ließ die Schultern hängen und tat
geknickt.
    Seine Hand schob sich unter den
Blouson.
    Er zog die Gaspistole hervor, wirbelte
herum und benutzte das waffenscheinfreie Gerät als Keule.
    Andy wurde auf dem linken Ohr getroffen
und fiel um, als wäre es der Blitz. Sein Messer schlitterte unter einen Berg
Abfall. Der Rotschopf verdrehte die Augen.
    Pleff rannte zurück.
    Hinter der Gebäudeecke, wo der Wagen
stand, kam der Motor auf Touren.
    Bert saß am Lenkrad, zog eben die Tür
zu und blickte ungeduldig zur Ecke.
    Kaum daß er Pleff sah — und die Pistole
in dessen Hand — , ließ er die Kupplung kommen; und der Mercedes schoß
vorwärts.
    Durchs Tor und ab. Reifen quietschten.
Blech schrammte, weil die Mauer zu dicht stand. Und Pleff rannte hinterher.
    Aussichtslos. Er sah nur noch das Heck.
Aber dort vorn — da gabelte sich die schmale Straße. Wenn Bert links in die
Gasse

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