Spion auf der Flucht
schnüffelte. „Er hat gesagt,
er klebt mir den Mund zu, wenn ich schreie.“
„Das wird er nicht tun. Er ist wirklich
nicht mehr da.“
Klößchen sprang über seinen eigenen
Schatten, indem er der Kleinen seine Schoko-Tafel hinhielt.
„Da! Nimm nur! Von mir kannst du’s
nehmen. Ich bin kein böser Onkel.“
Ob sie zugriff, sah Tim nicht mehr.
Er hatte die nächste Tür geöffnet. Sie
führte in Dröselhoffs Arbeitszimmer.
Aber wie sah’s hier aus! Alles war
durchwühlt, der Schreibtisch ein Schlachtfeld.
Starke Leistung! dachte Tim. So ein
Chaos ( Durcheinander ) zu veranstalten in so kurzer Zeit — das gelingt
nicht mal Klößchen, wenn er nach seiner Schoko sucht.
„Seht euch das mal an!“ rief er.
Karl und Klößchen kamen herein.
Im selben Moment heulte eine
Polizeisirene durch die Schillerstraße heran.
„Irre schnell“, meinte Klößchen. „Wie
es sich gehört für die Hüter der Ordnung. Leider trotzdem zu spät. Ob der
Kommissar dabei ist?“
Er war dabei. Mit zwei Uniformierten
kam er durch die Haustür.
In der Diele stieß er auf Gaby und
Sabine, was zunächstmal Verblüffung auslöste.
„Bist du allein?“ fragte er seine
Tochter. „Oder sind die drei Krawallgeister auch da?“
„Wir sind vollzählig, Papi“, lachte
sie. „Und unsere Anwesenheit ist reiner Zufall. Wir wollten Dr. Lattmann
besuchen. Leider kamen wir etwas zu spät, um den Überfall zu verhindern — so um
die fünf Minuten. Ein Unbekannter hat Sabinchen eingesperrt und offenbar
gestohlen.“
Die Jungs traten in die Diele, grinsten
und begrüßten ihren väterlichen Freund.
Glockner wandte sich an Sabine und
streichelte ihr über den Kopf.
„Na, Sabinchen. Hat er dir weh getan?“
„Nicht sehr.“ Sie faßte sofort Zutrauen
und war schon wieder recht fröhlich. „Nur ein bißchen. Hier am Arm.“
„Kennst du den bösen Mann?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Aber du kannst mir sagen, wie er
aussieht?“ bohrte Glockner.
„Er hatte einen Hut auf, eine Sonnenbrille
und ein Päckchen. Außerdem lügt er. Er hat gesagt, er will Weggehen. Aber er
ist gar nicht weggegangen.“
Damit war die Vernehmung zunächstmal
beendet.
Denn wie alle hören konnten, hielt ein
Wagen in der Einfahrt. Ludwig und Helga Dröselhoff nahten im Laufschritt.
Tim hatte die Frau noch nicht gesehen.
Sie war hübsch mit ihrem braunen Haar und der Stupsnase, hatte aber sehr dünne
Beine unter ihrem geblümten Sommerrock. Der Schreck zog jetzt alles Blut aus
ihrem Gesicht. Sie war leichenfahl.
Wortlos stürzte sie sich auf Sabine,
die ihr entgegenflog und sich in ihre Arme warf.
„Um Himmels willen!“ rief Dröselhoff.
„Was ist hier los?“
Sein Blick irrte umher.
Natürlich erkannte er die TKKG-Bande.
Aber keine Geste verriet das.
„Habe ich’s dir nicht gesagt, Ludwig!“
schluchzte seine Frau. „Wir dürfen Sabinchen nicht allein lassen. O mein Gott!
Was ist denn nur geschehen?“
„Beruhigen Sie sich“, sagte Glockner.
„Glück im Unglück: Die Kleine ist unversehrt. Sie sind die Eltern, nehme ich
an. Ich bin Kommissar Glockner. Wir haben ja schon miteinander telefoniert,
Herr Dröselhoff. Wegen Krawutschke. Soweit sich überblicken läßt, ist jetzt
folgendes passiert...“
Während er berichtete, hörte Tim nicht
mehr hin.
Die Grobfassung des Ereignisses hatte
er bereits von Dr. Lattmann gehört. Dem waren zwar die Worte wie Bleisoldaten
bei einem Erdbeben durcheinander gepurzelt. Doch den Sinn hatten Tim und seine
Freunde erfaßt.
Höchst seltsam! dachte der Anführer der
TKKG-Bande. Am Freitag lauert Krawutschke hinter der Hausecke. Zu 90 % steht
fest, er wollte Dröselhoff die Knochen verbiegen. Zu 10% könnte zutreffen, daß
er Einbruch plante. Und jetzt war eine andere Type da, hat den kleinen Fratz
ausgetrickst und einen Stapel Aktenordner geklaut. Der Teufel soll mich zu ewiger
Verdammnis kriegen, wenn das nicht die X-U-1 %-Gamma-Chip-Forschungsunterlagen
waren. Was für ein Wort-Bandwurm! Kann man nur denken, nicht aussprechen. Im
übrigen mal sehen, was jetzt der Dröselhoff rausläßt.
Alle drängten ins Arbeitszimmer.
Ausgenommen Helga und Sabinchen, die sich nicht anschlossen.
Klößchen, der noch auf der Schwelle
stand, war der erste und ließ — spielerisch-unabsichtlich — die Frisbee-Scheibe
sausen.
Sie flog in Richtung Aktenschrank,
machte dort kehrt wie ein Bumerang ( Wurfholz ) und nahm den Kommissar ins
Visier.
Wortlos fing er die Scheibe auf und
legte sie auf den
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