Spion auf der Flucht
Schreibtisch.
Fassungslos starrte Dröselhoff auf das
Chaos.
Nach zwei, drei Schrecksekunden
hechtete er zum Schreibtisch, bückte sich und begann in den Fächern zu wühlen.
Langsam richtete er sich dann auf — mit
versteinertem Kreuz, versteinertem Gesicht, blankem Entsetzen in den Augen und
— zunächst — sprachlosem Mund.
„Die... die... Unterlagen... sind weg“,
stammelte er schließlich in die gespannte Stille.
„Was für Unterlagen?“ fragte Glockner.
Dröselhoff ließ sich in seinen
Schreibtischsessel fallen.
„Ich bin erledigt“, murmelte er.
„Erledigt. Kaum befördert, schon erledigt. O nein! Warum ich? Warum passiert
das mir?“
„Versuchen Sie, Ihre Gedanken wieder auf
die Schiene zu heben“, sagte Glockner. „Ich muß Durchblick haben.“
Dröselhoff nickte. „Seit
Freitagnachmittag bin ich neubestallter Forschungsleiter bei der WBCB, wo ich
als Konstrukteur arbeite. Es geht darum, die letzten Daten einer umfangreichen
Forschungsarbeit auszuwerten. Computer-Bau, natürlich. Unser X-U-1 % —
Gamma-Chip-System soll zunächstmal in einen Spezial-Computer eingebaut werden,
den die Weha-Menschfeind-AG bei uns in Auftrag gegeben hat. Es geht dabei um
die Wiederaufbereitung von Industriemüll. Ein Verfahren, das die Wirtschaft der
westlichen Welt revolutioniert. Es ist sensationell, kostensparend,
umweltfreundlich und überall anwendbar. Damit kann verhindert werden, daß
dieser Planet zum Mülleimer verkommt. Aber die Konkurrenz schläft nicht.“
„Was heißt das?“
„Es gibt Firmen, die daran interessiert
sind, dieses Verfahren zu verhindern. Damit alles weiterhin nach der alten
Methode läuft und sie ihre dafür erforderlichen Maschinen bis in alle Zukunft
verkaufen können. Effektiv ( wirksam ) ist das natürlich nicht. Es bliebe
alles so katastrophal wie bisher. Umweltschutz null. Unser Planet würde auf die
Dauer mit Sicherheit zum Mülleimer werden.“
„Welche Firmen sind das?“ fragte
Glockner.
„Viele. Aber das ist nicht mein
Sachgebiet. Da können Ihnen andere im WBCB-Konzern genauere Auskunft geben.
Nein, ich denke nicht nur an diese Firmen. Auch unsere unmittelbaren
Konkurrenten auf dem Markt arbeiten an einem ähnlichen Verfahren. Aber sie sind
vom Ziel noch weit entfernt, wie wir wissen. Ein langer Weg der Forschung führt
zu diesem Ziel. Und die Forschung verschlingt Millionen-Beträge. Da liegt es
auf der Hand...“
Er zögerte.
„...die eigenen Kosten zu senken, indem
man sich den wissenschaftlichen Vorsprung der Konkurrenz zu Nutze macht“,
ergänzte Glockner. „Natürlich ohne um Erlaubnis zu fragen. Das nennt man
Industrie-Spionage.“
Dröselhoff nickte.
„Haben Sie einen speziellen Verdacht?“
fragte Glockner. Der Konstrukteur und derzeitige Forschungsleiter hob die
Achseln. „Es kann jeder gewesen sein. Und mich... mich“, seine Stimme zitterte,
„trifft eine gewisse Mitschuld.“
„Wieso?“
„Es ist nicht üblich, geheime
Unterlagen von dieser Bedeutung mit nach Hause zu nehmen. Aber nachdem die neue
Aufgabe erst am Freitag auf mich zukam, mußte ich mich einarbeiten in kürzester
Zeit. Deshalb habe ich nach Dienstschluß...“ Er machte eine hilflose Geste.
„Ziemlich leichtsinnig“, stellte
Glockner fest.
„Ich weiß. Aber wer denkt denn an
sowas?“
„Sie hätten gewarnt sein müssen. Daß
Krawutschke hier rumlungerte, erscheint jetzt in einem anderen Licht. Offenbar
wollte, sollte er bei Ihnen einbrechen. Eine Vermutung, von der ich inzwischen
abgewichen war.“
„Ach, wirklich?“ Dröselhoffs Blick
wurde unsicher, irrte im Raum umher und kehrte zu Glockner zurück. „Was denn
sonst? Im übrigen dachte ich, da er festgenommen ist, bestehe keine Gefahr
mehr.“
„Der Täter wußte offenbar gut
Bescheid“, sagte Glockner. „Er war nicht lange im Haus und hat gleich an der
richtigen Stelle gesucht. Allerdings liegt es auf der Hand, daß Sie Forschungsunterlagen
im Schreibtisch verwahren und nicht unter der Küchenspüle.“
Er wandte sich an die TKKG-Bande. „Wir
gehen jetzt mal rüber zu eurem Kunsterzieher. Der hat den Kerl gesehen.“
23. Mit anderm Nummernschild
Lattmann hatte sich gefangen.
Als die fünf bei ihm reinschneiten,
strahlte er gute Laune ab wie ein Chemie-Betrieb Giftwolken.
Nochmals und ausführlicher schilderte
er seine Beobachtung.
Dann griff er zu dem Zeichenblock, der
seitlich an seinem Sessel lehnte.
„Mein Bewegungsraum ist zwar eingeschränkt,
Herr Glockner. Aber ich wollte nicht
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