Spion der Liebe
führen Sie ein sehr erfreuliches Leben – im Gegensatz zu mir«, seufzte sie. »Aber das werde ich ändern.«
In Beaus Kopf begannen Alarmglocken zu läuten. War sie an Bord gekommen, um ihn einzufangen? »Und wie wollen Sie das ändern?« fragte er vorsichtig.
»Erschrecken Sie nicht«, erwiderte sie und lachte leise, »meine Pläne haben nichts mit Ihnen zu tun.«
Erleichtert stimmte er in ihr Gelächter ein. »Ich mag Frauen, die kein Blatt vor den Mund nehmen.«
»Also kannten Sie schon viele solcher Frauen? Sie sind der erste Yachtbesitzer, der mir begegnet ist. Wollen wir weiterspielen? Mal sehen, ob ich meine Situation noch verbessern kann.«
Entweder war sie völlig unschuldig – oder raffiniert und kokett. Aber er besaß genug Geld, um neue Verluste zu verkraften, und sie amüsierte ihn. Als die Steaks serviert wurden, legten sie die Karten beiseite. Beau beobachtete, daß Serena jeden einzelnen Bissen intensiv genoß. Dabei wurde ihm bewußt, wie selbstverständlich er all seine Privilegien nahm. Aber seine erotischen Gelüste verdrängten solche moralischen Gedanken. In Neapel werde ich sie großmütig belohnen, beschloß er und vergaß alle Skrupel. Er schaute auf die Uhr. Halb vier. Im goldenen Licht der Morgendämmerung würden sie sich lieben – oder vielleicht noch früher, dachte er und schenkte ihr noch etwas Wein ein.
»Das schmeckt einfach himmlisch.« Die Augen halb geschlossen, schob Serena noch ein Stück Fleisch in den Mund. »Wie soll ich Ihnen jemals danken?«
»Ihr Dank gebührt einzig und allein Remy.«
»Aber Sie sind so freundlich.«
»Und Sie sind wunderschön, Miss Blythe. Und eine verdammt gute Kartenspielerin.«
»Papa hat’s mir beigebracht. Wenn er nicht betrunken war, spielte er sehr gut.«
»Haben Sie jemals erwogen, Ihr Glück in Spielsalons zu machen, statt Ihre Zeit als unterbezahlte Gouvernante zu vergeuden?«
»Nein«, erwiderte sie leise und schaute ihm in die Augen.
»Verzeihen Sie mir. Ich wollte nicht unhöflich sein. Aber die demimonde ist keineswegs reizlos.«
»Für einen Mann gewiß nicht.« Mit perfekten weißen Zähnen nahm sie ein weiteres Stück Fleisch von der Gabel. »Aber ich studiere lieber Kunst in Florenz. Und später werde ich meine Bilder verkaufen.«
»Was wollen Sie denn malen?«
»Porträts. Damit kann man gut verdienen, wenn man die Leute in schmeichelhaftem Licht darstellt. Und ich bin sehr begabt.«
»Daran zweifle ich nicht.« Bald würde Beau herausfinden, ob sie noch andere Talente besaß. »Soll ich Ihnen einen Auftrag erteilen?« fragte er und musterte sie über den Rand seines Weinglases hinweg.
»Leider ist die Betty Lee mitsamt meinen Farben und Pinseln davongesegelt.«
»In Lissabon werde ich die Hafenbehörde über Horton informieren. Dort können Sie alle Utensilien kaufen, die Sie brauchen, Miss Blythe. Wieviel würden Sie für mein Porträt verlangen?«
»Nichts«, erwiderte sie und blickte von ihrem Teller auf. »Sie waren so großzügig, und ich würde Sie sehr gern malen – wer immer Sie auch sind.«
»Beau St. Jules.«
»Der Beau St. Jules?« Unverhohlen starrte sie ihn an und legte ihr Besteck beiseite. »Der Held aller Klatschspalten? Londons berühmtester Lebemann, der sogar seinen berüchtigten Vater übertrifft?« In ihrer Stimme schwang sanfter Spott mit. »Muß ich mich jetzt fürchten?«
Belustigt schüttelte er den Kopf. »Im Grunde bin ich ein ganz gewöhnlicher Mann«, versicherte er bescheiden.
Keineswegs, dachte sie. Er ist der Inbegriff männlicher Schönheit. Mit seinen klassischen Zügen und dem perfekt geschnittenen dunklen Haar gleicht er einer griechischen Statue. »Normalerweise sind die Lebemänner etwas älter, nicht wahr?« fragte sie. »Sie sind noch ziemlich jung, Sir.« Ein junger Gott, ergänzte sie in Gedanken. Und viel zu charmant.
Nun hätte er antworten können, er sei schon vor vielen Jahren bestrebt gewesen, erotische Erfahrungen zu sammeln. »Und wie alt sind Sie?« fragte er statt dessen. »Ein Mädchen, ganz allein auf dieser Welt?«
»Dreiundzwanzig.« Die Antwort klang fast trotzig. Mit dreiundzwanzig Jahren wurde man bereits für eine alte Jungfer gehalten.
»Ein wunderbares Alter … Ah, da kommt das Dessert. Haben Sie Appetit darauf?«
»O ja«, entgegnete sie freudestrahlend. »Dafür habe ich noch genug Platz, trotz der beiden üppigen Gänge.«
Für mich hoffentlich auch, dachte er grinsend und füllte ihr Weinglas.
Nachdem die Diener das Geschirr
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