Spion der Liebe
Kajüttreppe schlafen.«
»Dann müßtest du erst mal hier rauskommen.«
»Drohst du mir?« fragte sie mutwillig und überlegte, ob es gefährlich wäre, den Earl von Rochefort herauszufordern. Letztes Jahr hatte er einen Mann im Duell getötet. Das wußte sie, weil Neville zwei Wochen lang von nichts anderem gesprochen hatte.
Er ließ sich in einen Sessel fallen und musterte sie durch gesenkte Wimpern. »Nein, ich weise dich nur auf deine körperliche Unterlegenheit hin, meine Süße.«
»Kommandierst du deine Frauen immer so herum?«
»Bis jetzt hatte ich’s nicht nötig. Und nun wäre ich dir dankbar, wenn du das Verhör beenden würdest.«
»Also gut, da du mir ohnehin nichts erzählen willst…«
»Da gibt’s nichts zu erzählen.« Zumindest nichts, was er enthüllen könnte, ohne die naive Serena Blythe zu schockieren.
»Irgendwie werde ich’s schon herausfinden.«
»Hier draußen auf dem Meer?« fragte er grinsend.
»Nein. Später.«
Darum kümmerte er sich nicht. Sobald sie Italien erreichten, würde es kein ›Später‹ geben. »Wie du wünschst«, entgegnete er und seufzte erleichtert, als französische Flüche im Gang ertönten. »Ah, da kommt Remy.«
Die Tür flog auf. Sichtlich mißgelaunt trat der Koch ein und knöpfte die Manschetten seines Hemds zu. »Sie haben wohl nicht bedacht, daß ich noch schlafen könnte, Mylord.«
»Haben Sie angeklopft?« fragte Beau sanft.
Bevor Remy antwortete, warf er einen kurzen Blick auf Serena, die im Bett saß, das Laken bis ans Kinn gezogen. »Da Ihr Geschrei so aufgeregt klang, dachte ich, hier wäre ein Feuer ausgebrochen.«
»Seien Sie nicht unverschämt, Remy«, mahnte Beau. »Miss Blythe ist mein Gast, und sie hat Hunger.«
»Wäre ich doch in London geblieben, wo Sie niemals zu Hause essen!«
»Dann würden Sie die hübsche Signorina in Neapel nicht Wiedersehen.« Remys Leidenschaft für eine junge Modistin hatte ihn bewogen, seinen Herrn auf dieser Schiffsreise zu begleiten.
»Touche, Mylord«, murmelte der junge Franzose und lächelte, von der Erinnerung an seine Liebste erwärmt. »Also, Mademoiselle hat Hunger.« Höflich verneigte er sich vor Serena. »Was wünschen Sie zu speisen, Miss Blythe?«
»Nichts – das heißt, ich will Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten«, stammelte sie, angesichts ihrer kompromittierenden Situation zutiefst verlegen. »Beau hätte Sie nicht wecken sollen.«
»Großer Gott, sag ihm das bloß nicht!« Indigniert richtete sich Beau auf. »Er benimmt sich ohnehin schon unmöglich. Remy, es fällt Ihnen doch nicht schwer, eine Mahlzeit für uns zu kochen?«
»Keineswegs, Mylord«, erwiderte der Franzose ungerührt, als gehörten solche Wortgefechte zur Tagesordnung. »Es ist mir eine Ehre. Vielleicht dürfte ich saftige coquilles St. Jacques à la Parisienne vorschlagen, nachdem der Morgen angebrochen ist«, fügte er mit einem vielsagenden Blick auf seinen Herrn hinzu, »oder zarte Kalbsfilets mit Pilzen. Oder eventuell eine génoise mit cremiger Schokoladenglasur.«
Obwohl ihr das Wasser im Mund zusammenlief, zögerte Serena. Die plötzliche Beflissenheit des Kochs entnervte sie ebenso wie seine schlechte Laune.
»Coquilles St. Jacques und die génoise«, entschied Beau. »Ich mag kein Kalbfleisch.«
»Vielleicht bevorzugt Mademoiselle die Kalbsfilets«, gab Remy zu bedenken.
»O nein!« rief Serena. »Ich meine, ich esse sehr gern Kalbfleisch, aber die Muscheln werden mir zweifellos schmecken. Und ich möchte Ihnen keine zusätzliche Arbeit aufbürden.«
»Normalerweise sind Ihre Damen nicht so rücksichtsvoll«, flüsterte Remy seinem Herrn zu.
»Besten Dank für Ihre Anerkennung«, entgegnete Beau ironisch. »Was hältst du von Champagner, Liebes?« wandte er sich an Serena. »Wie Remy mir soeben mitteilt, haben wir einen ausgezeichneten Jahrgang an Bord.«
»Nun, wenn du willst …«
»Schicken Sie uns erst mal den Kuchen, Remy. Sonst verhungern wir, während wir auf die Jakobsmuscheln warten. Und drei Flaschen Champagner.«
»Sehr wohl, Mylord. Wieviel Zeit werde ich finden, um mich zwischen den – eh – Mahlzeiten auszuruhen?« Anzüglich hob der Koch die Brauen.
»Schlafen Sie, wann immer sich eine Gelegenheit ergibt. Haben wir uns verstanden?«
»Vollkommen, Mylord.«
Der Kuchen, mit kandierten Veilchen und Makronen verziert, hätte auch den verwöhntesten Gaumen gereizt. Als ein junger Diener die große Platte auf den Tisch stellte, hielt Serena den Atem an, und sobald er die
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