Spion der Liebe
Reste der letzten Mahlzeit hinausgetragen hatte, richtete sie sich auf. »Wie kann Remy in einer Kombüse so großartig kochen, mehrere Seemeilen von allen Märkten entfernt? Kandierte Veilchen …« Diese köstlichen Süßigkeiten hatte sie jahrelang nicht mehr gegessen.
»Oh, Remy weiß sich schon zu helfen«, antwortete Beau, der von solchen Dingen keine Ahnung hatte, in beiläufigem Ton. »Frag ihn doch, wenn’s dich interessiert«, fuhr er fort, schnitt den Kuchen an und legte eine Scheibe auf einen Teller. »Einige Lebensmittel verwahrt er in einem Schrank, der mit Eis gefüllt ist.« Er reichte ihr den Teller und beobachtete ihr strahlendes Gesicht.
»Eis?«
»Hauptsächlich für den Champagner, nehme ich an«, erklärte er und entkorkte eine Flasche. »Stört’s dich, daß wir das Dessert vor dem Hauptgang verspeisen?«
Da sie mit vollen Mund nicht sprechen konnte, schüttelte sie nur den Kopf. Es schmeckte einfach köstlich, und sie fühlte sich wie im Paradies.
Während Beau zwei Champagnergläser füllte, sehnte er sich nach einem anderen Paradies. Was für einen zauberhaften Anblick sie bot, wenn sie nackt in seinem Bett saß … Das zerzauste blonde Haar auf den Schultern, die Brüste rund und üppig, die Taille schmal, die Hüften anmutig geschwungen, erschien sie ihm wie die personifizierte weibliche Verlockung. Und wie genüßlich sie aß! Daß er ihr dieses Vergnügen schenken konnte, erfüllte ihn mit seltsamer Freude.
»Warum ißt du denn nichts?« fragte sie und leckte ihre Finger ab.
»Weil ich auf die Jakobsmuscheln warten möchte.« Aber in diesem Augenblick verspürte er ganz andere Gelüste. »Möchtest du noch etwas Champagner?« Er griff nach der Flasche, die neben seinem Sessel stand.
»Noch nicht.«
Dann bemerkte er ihren Blick, der die Kuchenplatte streifte. »Oder ein zweites Stück génoise?«
»Wenn du mich nicht zu gierig findest …« Der Klang ihrer Stimme erinnerte ihn an ein Kind, das man ermahnt hatte, an seine Manieren zu denken.
»Um Himmels willen, nein!« versicherte er hastig. Offenbar hatte sie nicht gewagt, um ein zweites Stück Kuchen zu bitten. Er stellte die ganze Platte aufs Bett, in ihre Reichweite. »Iß nur, soviel du willst.«
»Oh, ich schäme mich so …«
»Unsinn! Aber laß noch ein bißchen Platz für die Jakobsmuscheln .«
»Du bist wirklich sehr lieb.«
»Und ich finde dich hinreißend, meine Süße – und sehr begehrenswert.« In diesen Worten schwang ein unverkennbar sinnlicher Unterton mit.
»Das freut mich«, flüsterte sie, tauchte einen Finger in die Schokoladenglasur und berührte ihre roten Lippen. »Wenn Remy hereinkommt …« Langsam leckte sie die Glasur von ihrer Fingerspitze.
»Nun, ich könnte die Tür versperren.«
»Und wenn die Jakobsmuscheln verderben? Dann würde sich dein Koch schrecklich ärgern.«
Er stand auf und ging zur Tür. »Ich bezahle ihn gut genug. Also müßte er ein paar ruinierte Muscheln verkraften.« »Wird er nicht schmollen?«
Beau wandte sich lächelnd zu ihr. »Besser er als ich.«
»Und du läßt dich nicht von deinem Plan abbringen?«
»Unmöglich – nachdem du so zielstrebig meine Fleischeslust geweckt hast.«
»Wie du mir schmeichelst! Ich sehne mich allerdings genauso nach dir.«
Erstaunt über ihre Freizügigkeit, schaute er sie prüfend an. Die meisten Frauen verdrängten ihre Begierde mit schönen Worten. »Warst du schon immer so?«
»Splitternackt im Bett, mit einem fremden Mann? Vorher habe ich mit keinem geschlafen, wie du sehr wohl weißt. Oder meinst du etwas anderes?«
»Allerdings. Hast du deine Gedanken schon immer so unverblümt ausgesprochen?«
»In diesem Stadium habe ich nicht mehr viel zu verlieren. Meine Alternative wäre der Hungertod auf den Londoner Straßen. Hier gefällt’s mir besser.« Lächelnd fragte sie: »Nimmst du mir meine Ehrlichkeit übel? Willst du mich über Bord werfen? Das würde mich sehr wundern. Irgendwie habe ich den Eindruck gewonnen, daß du meine Gesellschaft einer einsamen Reise vorziehst.«
»Wie scharfsinnig du bist …«, sagte er mehr zu sich selbst. Bis jetzt hatte er die Anwesenheit seiner Gespielinnen an Bord der Siren nur kurzfristig geduldet.
»Jedenfalls bist du ein sehr amüsanter Reisegefährte. Und wer weiß – wenn du dich am Spieltisch weiterhin so ritterlich zeigst, werde ich in Neapel als schwerreiche Frau an Land gehen.«
»Oh, dein Gewinn hatte nichts mit Ritterlichkeit zu tun.«
»Das weiß ich.« Kokett
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