Spion der Liebe
»Das wäre fantastisch. Angeblich ist es in Portugal viel wärmer als in England. Nach diesem Winter bei den Tothams habe ich mir geschworen, nie wieder zu frieren. Übrigens, du kannst mich so gut wärmen …«
Ein prüfender Blick beendete ihren Monolog.
»Magst du’s nicht, wenn Frauen reden?«
Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. Normalerweise legten die Frauen, die ihn amüsierten, keinen Wert auf Konversation. »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.«
»Also magst du’s nicht. Schade, ich rede sehr gern. Dazu fand ich in den letzten vier Jahren kaum Gelegenheit. Oh, jetzt schwatze ich schon wieder drauflos. Verzeih mir. Wenn ich mich ein bißchen bemühe, wird’s mir sicher gelingen, den Mund zu halten.« Sie preßte die Lippen zusammen und bewegte die Finger, als wollte sie einen Schlüssel herumdrehen.
Grienend beobachtete er die ausdrucksvolle Geste. Dieses Mädchen ist wirklich mal was anderes, dachte. »Also warst du noch nie in Lissabon?«
»Möchtest du jetzt reden? Bitte, du mußt mich verstehen … Ich weiß nicht, wie man sich benimmt, nachdem …«
»Nachdem man mit einem Mann geschlafen hat?«
»Ja, das wollte ich sagen.«
»Um so besser weißt du, wie man sich währenddessen benimmt. Offenbar bist du ein Naturtalent.«
»Du auch. Obwohl ich keine Vergleichsmöglichkeiten habe.«
Daran mangelte es ihm ebenso, da er nie zuvor ein Mädchen entjungfert hatte.
»Hoffentlich werde ich nicht schwanger«, fuhr sie fort, und er verschluckte sich beinahe an einer Jakobsmuschel. »In Florenz muß ich hart arbeiten, um mein Kunststudium möglichst bald abzuschließen … Geht’s dir nicht gut?« fragte sie besorgt, als er nach Luft schnappte. »Über solche Dinge sollte ich nicht mit einem Mann sprechen. Aber bei Mamas Tod war ich noch sehr jung. Und Papa weigerte sich natürlich, ein so intimes Thema mit mir zu erörtern. Deshalb verstehe ich nichts davon. Um so besser müßtest du Bescheid wissen, denn die Kurtisanen werden doch niemals schwanger. Sonst könnten sie nicht – ihrem Gewerbe nachgehen. Und da du diesen besonderen Ruf genießt – ich meine, wenn du mir erklären würdest …«
Doch Beau hatte dafür wirklich keine einschlägigen Erfahrungen gesammelt. In seiner privilegierten Welt kümmerten sich Junggesellen nicht um Schwangerschaften. Trotzdem erwiderte er tapfer: »Mal sehen, ob wir an Bord der Siren vielleicht irgendwas finden, das eine Empfängnis verhindern würde. Möchtest du sofort ein Mittel haben?«
»O nein. Auf ein paar Stunden mehr oder weniger kommt’s wohl nicht an. Oder wird eine Frau schon beim ersten Mal schwanger?«
»Niemals«, log er und beschloß, Remy um einen der Schwämme zu bitten, die in der Küche verwahrt wurden. 2
Erleichtert atmete sie auf. »Dann könntest du – nach dem Essen …«
»Soll ich dich wieder lieben?«
»Nun, ich weiß nicht, ob dies das richtige Wort ist. Mit Liebe verbinden sich so viele andere Dinge. Und ich glaube, die Lebemänner halten nichts von der Liebe. Sonst wären sie keine Lebemänner.«
Er lachte. »Such nicht nach passenden Worten, meine Süße. Sag einfach, was du willst.«
»Alles?« fragte sie erstaunt.
»Alles«, bestätigte er. »So leicht kannst du mich nicht schockieren.«
»Dann muß ich dir was anvertrauen. Vielleicht sollte ich’s lieber verschweigen. Aber ich habe so viel Champagner getrunken. Sonst würde ich nicht unentwegt schwatzen. Also – das da …« Sie zeigte zwischen seine Beine. »Das gefällt mir am besten.«
Dieses süße Geständnis versetzte ihn sofort in sichtliche Erregung. »Offenbar hat er dich gehört. Komm, gib uns beiden einen Kuß, und danach will ich versuchen, deinen Horizont zu erweitern.« Lächelnd zog er sie auf seinen Schoß, und sie schlang beide Arme um seinen Nacken. Mit ihrer rückhaltlosen Hingabe und ihrem unverhohlenen Entzücken weckte sie Gefühle in Beaus Herzen, die er nie zuvor gekannt hatte.
6
Diese beglückenden ersten Stunden der Schiffsreise bestimmten den Rhythmus der nächsten Tage. Als Kenner weltgewandter Kurtisanen befand sich Beau plötzlich in der Position eines Lehrers, der eine junge Unschuld ins Reich der Liebe einführte. Serena war eine willige, leidenschaftliche Schülerin. Remy und die übrige Besatzung schlossen Wetten ab, wobei es um die Frage ging, wann das Paar die Kabine verlassen würde. In vierundzwanzig Stunden? Oder in drei Tagen?
»Nicht vor Lissabon«, behauptete der Koch. Er kannte seinen Herrn gut genug, und
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