Spion der Liebe
und bleib hier.«
»Was soll mir denn am hellichten Tag zustoßen?« rief sie ungeduldig. »Am Kai wimmelt es von Leuten. Sei du vernünftig! Welche Gefahr könnte mir drohen, wenn ich mit einem Wachtposten in einer Kutsche sitze? Andererseits, wenn ich’s recht bedenke – ich werde lieber doch mit dir an Bord der Betty Lee gehen.«
Mühsam bezähmte er seinen Zorn. »Welch ein Wunder, daß du deine Stellung bei den Tothams vier Jahre lang behalten hast, obwohl du dich so unverschämt aufführst!«
»Du bist vermutlich an die Gesellschaft von Frauen gewöhnt, die bereitwillig nach deiner Pfeife tanzen. Aber mich wirst du nicht herumkommandieren. Und was meine Stellung bei den Tothams betrifft – damals mußte ich klein beigeben, weil ich noch nicht auf der Reise nach Florenz war und sehr wenig Geld besaß. Das hat sich nun geändert.« Mit honigsüßer Stimme fügte sie hinzu: »Was ich einzig und allein dir verdanke.«
In seinem verkrampften Kinn zuckte ein Muskel. »Dann solltest du deine Dankbarkeit beweisen und etwas mehr Gehorsam zeigen.«
Spöttisch hob sie die Brauen. »Ist es das, was dir an den Frauen gefällt? Ich dachte, du würdest ein gewisses Temperament vorziehen.«
»Großer Gott, Serena«, seufzte er, »ich will nicht mit dir streiten. Dieser Horton ist gefährlich, und damit basta.«
»Ich muß dir beipflichten, selbst wenn ich anderer Meinung bin.«
»Es ist nur eine Vorsichtsmaßnahme …«
»Die ich unsinnig finde.«
»Also wirklich, ich weiß nicht, warum ich überhaupt mit dir diskutiere.«
»Wenn dich mein Ungehorsam dermaßen stört, könnte ich mir eine Fahrkarte für ein anderes Schiff kaufen.«
»Das wirst du nicht tun.«
Die Hände im Schoß gefaltet, straffte sie die Schultern. »Bin ich deine Gefangene, bis wir Neapel erreichen?«
»Mindestens bis dahin«, erwiderte er gedehnt.
»Daran zweifle ich. Dieser freundliche Hafenmeister wird mich vor dir schützen.«
Reglos stand er da. »Wohl kaum. Aber es steht dir frei, dein Glück zu versuchen.«
»Wie ominös das klingt!« rief sie wütend.
»Was würdest du denn tun, um mich in deine Gewalt zu bringen? Willst du mich an dein Bett fesseln?«
»Nicht nötig.« Mit einem schwachen Lächeln fügte er hinzu: »Mein Onkel leitet die Botschaft in Lissabon.«
»Ah, ich verstehe.« Natürlich wußte sie, welchen Einfluß die britische Botschaft in einem Land ausübte, dessen Wirtschaft vom britischen Handel beherrscht wurde. »In diesem Fall«, fuhr sie fort und zwang sich in ruhigem Ton zu sprechen, »werde ich behaupten, du hättest mich entführt.«
»Das würde Remy bestreiten. Immerhin war er Zeuge deiner – eh – Bereitschaft.« »Verdammt!« zischte sie. »Und wenn meine Bereitschaft ein Ende gefunden hat?«
»Gib mir nur eine Minute Zeit, dann werde ich dich umstimmen.«
Serena holte tief Atem und bekämpfte die süßen Erinnerungen, die sie bestürmten. Trotzdem zitterte ihre Stimme. »Also wirst du mich gegen meinen Willen auf die Siren zurückbringen?«
»Niemals!« protestierte er ironisch.
»Fahr zur Hölle!« flüsterte sie, wütend über seine dreiste Selbstsicherheit.
»Gib’s auf, Liebling. Du willst doch keinen Skandal heraufbeschwören, oder?«
Zweifellos hatte er recht. Wenn sie Aufsehen erregte, wäre ihr Ruf ruiniert. »Freu dich bloß nicht zu früh, Beau!« stieß sie hervor. »Das werde ich dir heimzahlen.«
»Oh, ich kann’s kaum erwarten«, entgegnete er fröhlich. »Und laß dir bloß nicht einfallen, die Kutsche zu verlassen.«
Als ein Tablett ins Büro gebracht wurde, bot er ihr höflich Kaffee an. Fürsorglich hatte man zwei Tassen bereitgestellt.
»Lieber breche ich mein Brot mit dem Teufel«, fauchte sie.
»Ich mach’s wieder gut«, versprach Beau, im Umgang mit weiblichen Launen sehr erfahren. »Später gehen wir einkaufen.«
»Ah, kannst du mit dieser Methode deine Huren beschwichtigen, wenn du sie beleidigt hast?«
Immer, wollte er antworten. Aber im Vollgefühl seines Triumphs wollte er sich großzügig zeigen. »Sobald ich den Besuch auf der Betty Lee hinter mir habe, kannst du selbst bestimmen, wie ich dich entschädigen soll.«
»Wobei die Kosten natürlich keine Rolle spielen«, bemerkte sie sarkastisch, »weil deiner Familie halb England gehört.«
»Tut mir leid.« Nicht gewillt, die Vorzüge seines Reichtums zu erörtern, griff er nach der Flasche, die den portugiesischen Likör aus Morello-Kirschen enthielt. »Möchtest du ein Gläschen ginja?« fragte er und
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