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Spion der Liebe

Spion der Liebe

Titel: Spion der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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goß sich selbst ein großzügiges Quantum ein.
    Als sie nicht antwortete, prostete er ihr zu und nahm einen Schluck. Dann stand er schweigend am Fenster, beobachtete das lebhafte Getriebe des Hafens und ignorierte Serena.
    Auch sie bemühte sich, gleichmütig zu wirken. Doch es fiel ihr sehr schwer. Der Kaffee duftete köstlich, und sie sehnte sich nach dem belebenden Getränk. Genauso verführerisch roch der Kuchen mit Zitronen und Kirschen. In der heißen Büroluft begann die Glasur zu schmelzen. Nur zu gern hätte sie sich ein Stück genommen, aber sie widerstand der Versuchung.
    Als die Kutsche und die Eskorte eintrafen, war Serenas Stimmung auf dem Nullpunkt angelangt. Das entging dem Hafenmeister nicht. Vorsichtshalber sprach er nur mit Beau, während sie zur Ostseite des Kais fuhren, wo die Betty Lee ankerte.
    »Bleib im Wagen«, mahnte Beau, bevor er mit dem Hafenmeister ausstieg. »Später kannst du deine Wut an mir auslassen.«
    »Dieses großzügige Angebot wirst du noch bereuen«, zeterte sie.
    »Nun, das riskiere ich sehr gern«, erwiderte er grinsend.
    Sie sah ihn davongehen. Vor dem hellen Meer wirkte seine Silhouette in der langen, dunklen Redingote wie eine gespenstische, bedrohliche Erscheinung. Das schwarze Haar flatterte im Wind, die wehenden Rockschöße glichen bizarren Flügeln.
    Als er vor der Eskorte den Kai entlangschritt und alle Männer um Haupteslänge überragte, kam er ihr plötzlich wie ein gefährlicher Fremder vor. Nervös biß sie in ihre Unterlippe. Was wußte sie von ihm? Sie kannte nur seine Leidenschaft, die Faszination seiner Sinnlichkeit. Wie sollte sie sich gegen seine unheimliche Macht behaupten?
    Aber dann verdrängte sie ihre Angst. Sie konnte sehr gut auf sich selber aufpassen. Das hatte sie seit Papas Tod bewiesen.
    Inzwischen war Beau aus ihrem Blickfeld verschwunden. Sie beugte sich aus dem Fenster und sah den Soldaten, der sie bewachen sollte, neben dem Kutschbock stehen und mit dem Fahrer reden. Lächelnd nickte er ihr zu, wünschte ihr einen guten Tag, und sie erwiderte den Gruß. Diese portugiesischen Worte gehörten zu den wenigen, die sie beherrschte.
    Nach einer Weile lehnte sie sich seufzend zurück und trommelte mit den Fingern auf die abgewetzte Lederpolsterung. Sie haßte es, zu warten, untätig dazusitzen und die Rolle der gehorsamen, unterwürfigen, behüteten Frau zu spielen. Aber falls sie ihr Gepäck zurückbekam, würde sich die Farce lohnen. Mittlerweile waren zwanzig Minuten vergangen.
    Was würde geschehen, wenn sie aus dem Wagen stieg und sich umschaute? Was sollte ihr schon passieren, wenn sie ein bißchen umherwanderte?
    Während sie noch darüber nachdachte, krachte ein Schuß, dann ein zweiter und dann ein dritter.
    Erschrocken stieß sie den Wagenschlag auf, aber der junge portugiesische Soldat warf ihn sofort wieder zu, bedeutete ihr, in der Kutsche zu bleiben und postierte sich direkt vor dem Fenster. Serena spähte an ihm vorbei und sah einen großen, kräftig gebauten Mann den Kai entlanglaufen, dicht gefolgt von der Eskorte des Hafenmeisters.
    Vermutlich Horton, dachte sie. Wer sonst sollte die Flucht ergreifen?
    Der Wachtposten versuchte, sein Gewehr zu laden. »Nicht so«, murmelte sie, und es juckte ihr in den Fingern, ihm die Waffe zu entreißen. Sie konnte genausogut schießen wie ein Mann. Das hatte ihr der Vater beigebracht. Hilflos beobachtete sie, wie der nervöse Soldat mit der Patrone hantierte. Vorsicht, Sie blockieren den Lauf, befahl sie stumm. »O Gott…«, stöhnte sie. Wie ungeschickt er mit dem Ladestock umging … Sie schaute wieder aus dem Fenster und beobachtete Horton.
    Inzwischen hatte sich sein Vorsprung verringert. Immer näher kam die Eskorte, angeführt von Beau, an ihn heran. Kugeln umschwirrten den Kopf des Flüchtlings. Sobald er das Ende des Hafens erreichte, konnte er im Labyrinth der gewundenen Gassen untertauchen, die sich den Hang hinaufzogen.
    Könnte sie doch eine ihrer schönen Manton-Pistolen hervorholen, die man damals zusammen mit dem gesamten Hausstand versteigert hatte … Irgendwo in der Kutsche mußte eine Waffe liegen. Niemand ging schutzlos auf Reisen. Hastig stand sie auf und spähte unter den Sitz.
    »Hurra«, flüsterte sie. Da steckte eine staubige alte Pistole in einer Schlaufe. Serena zog sie heraus. Am Griff hing ein Patronenbeutel, der drei Geschosse enthielt, in Papier gewickelt. Hoffentlich wird eins genügen, dachte sie und lud die Pistole. Horton darf das Ende des Kais nicht

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