Spion der Liebe
Außerdem besaß er das Gesamtwerk von Andrea Palladio. Aber er zog andere Abhandlungen über die antike Baukunst vor. Als Lord Elgin die Sammlung kaufte, tröstete mich der Gedanke, daß Papas Bücher in würdige Hände fielen.«
»Offenbar kam die Bibliothek nicht auf den Markt«, bemerkte Damien, »sonst hätte ich davon erfahren.«
»Kurz vor seinem Tod traf Papa eine Vereinbarung mit Lord Elgin. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Andernfalls wäre die Bibliothek unter verschiedenen Interessenten aufgeteilt worden.«
»Wußten Sie, daß Elgin neulich zum Botschafter in Konstantinopel ernannt wurde? Wenn er auf dem Weg an den türkischen Hof in Lissabon Station macht, muß ich mich mit ihm über die Bibliothek Ihres Vaters unterhalten. Bitte, erzählen Sie mir doch, für welche Wissenschaften sich der Viscount besonders interessiert hat.«
Bereitwillig erfüllte Serena diesen Wunsch, während Beau eine halbe Flasche Cognac trank. Dabei ließ er Serena nicht aus den Augen, und Emma las unverhohlene Zuneigung in seinem Blick. Da sie wußte, wie gleichmütig er der Damenwelt ansonsten begegnete, erkannte sie das Ausmaß seiner Gefühle.
Schließlich stand er auf. »Es ist spät geworden«, sagte er leise.
Serena hörte seine Worte sofort. Höflich entschuldigte sie sich bei Damien und eilte zu ihrem Liebhaber.
Sein Lächeln hätte sogar die Sonne erwärmt. »Vielen Dank für eure Gastfreundschaft.« Formvollendet verneigte er sich vor Emma. »Ein Abend mit der Familie ist mir immer ein Vergnügen.«
»Auch ich möchte Ihnen beiden herzlich danken«, fügte Serena hinzu. »Ich habe mich so gut unterhalten.«
»Besuchen uns doch noch einmal, wenn Sie länger in Lissabon bleiben«, schlug Emma vor. »Damien redet so gern über seine Antiquitäten und Bücher.«
»Sobald wir Farben und Pinsel für Serena gekauft haben, reisen wir ab«, erklärte Beau. »Wenn wir uns nun verabschieden dürften …«
»Er liebt dieses Mädchen«, konstatierte Emma, während die Kutsche davonfuhr. »Ausgerechnet Beau! Daß ich diesen Tage erleben würde, hätte ich nie gedacht.«
»Liebste, du bist zu romantisch«, erwiderte Damien. Immerhin hatte er Sinjins Affären lange genug beobachtet, um den Unterschied zwischen sexueller Anziehungskraft und Liebe zu erkennen. »Sicher, im Augenblick fasziniert sie ihn. Aber er ist ganz nach seinem Vater geraten.«
»Genau das meine ich.«
»Als Sinjin seine große Liebe fand, war er viel älter.«
»Vielleicht kommt sein Sohn etwas früher zur Vernunft.«
»Mag sein«, stimmte er höflich zu, nicht gewillt, über den lächerliche Gedanken zu diskutieren, Beau wäre zu einer Heirat bereit. »Jedenfalls würde ich mich freuen, wenn uns die beiden vor ihrer Abreise noch einmal besuchen könnten. Miss Blythe ist erstaunlich belesen. Nicht einmal ich weiß so gut über die Ausgrabungen von Pompeji Bescheid.« Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Seltsam – mein lebenslustiger Neffe vergafft sich in einen Blaustrumpf. Das hätte ich nie erwartet.«
»Verarmte Aristokratinnen, die ihren Weg allein gehen müssen, passen ebensowenig zu seinem Stil. Hättest du bloß gesehen, wie er sie mit den Augen verschlang, während sie sich mit dir unterhielt! Keiner anderen Frau ist es jemals gelungen, ihn dermaßen in ihren Bann zu ziehen.«
»Vermutlich hat er gerade eine Affäre beendet und noch keine neue begonnen. Ich glaube, Miss Blythe vertreibt ihm einfach nur die Zeit auf der langen Reise.«
»Also wirklich, Damien!« protestierte Emma. »Beau hat immer gerade irgendeine Affäre beendet. Und er würde weder die Herzogin von Willbrook noch die Baroness Grothier zu einer längeren Schiffsreise einladen.«
»Kein Wunder, diese dummen Gänse …«
»Aber soviel ich weiß, besitzen beide Damen üppige Kurven und ein leidenschaftliches Wesen. Miss Blythe hat allerdings noch andere Qualitäten zu bieten.«
»In der Tat – zum Beispiel einen brillanten Verstand. Vermutlich ist das der Grund, warum sie Beaus Interesse erregt hat. Für ihn ist das eine völlig neue Erfahrung. Aber was immer ihn auch an Miss Blythe fesselt – so tiefe Gefühle hat er noch nie für eine Frau empfunden. Und deshalb werde ich Sinjin vorsichtshalber verständigen.«
»Das kann sicher nichts schaden«, meinte Emma.
10
»Hat Damien dir was mitgeben?« fragte Serena und betrachtete die beiden Päckchen, die Beau auf den gegenüberliegenden Wagensitz geworfen hatte.
»Ja«, bestätigte er, »diese Schriftstücke muß
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