Spion der Liebe
Gesellschaft genießen, ohne ständig irgendwelche neugierige, klatschsüchtige Bekannte zu treffen und unangenehme Fragen beantworten zu müssen.
Aber Serenas neue Garderobe sollte erst am nächsten Nachmittag geliefert werden. Und so begnügte er sich mit einer Nachricht an Mr. Berry, den er beauftragte, die Siren für den frühen Morgen des übernächsten Tages seeklar zu machen.
Um weitere unliebsame Begegnungen zu vermeiden, führte er Serena am folgenden Morgen in die schönen Hügel nördlich von Lissabon, wo die Sommerhäuser der reichen Einheimischen standen. Seit Jahrhunderten zogen sie sich nach Sintra zurück, wenn sie der Hitze in der Stadt entfliehen wollten, und die Landschaft glich einem Paradies. 4
In einem gemütlichen Gasthaus neben einem plätschernden Bach aßen Serena und Beau zu Mittag. Sie saßen an einem Fenster, genossen den Ausblick auf üppig bewachsene grüne Hänge und ihre Zweisamkeit. Später besichtigten sie den eleganten, prunkvollen Setais-Palast, der eigentlich nicht in diese ländliche Umgebung paßte. Sie bewunderten auch die Quinta de Monserrate, ein maurisches Schloß, vor achthundert Jahren während der muslimischen Besatzung erbaut.
Auf der Rückfahrt zur Stadt beobachteten sie den Sonnenuntergang hinter den schattigen Gipfeln, das wechselnde Farbenspiel, das den Himmel zu verzaubern schien. Beide glaubten, sie hätten noch nie ein so herrliches Spektakel gesehen – vielleicht, weil sie die Welt durch die rosarote Brille der Liebe betrachteten.
Am Abend blieben sie im Hotel. Beau fragte Serena höflich, ob sie ausgehen wolle. An der Rezeption hatte man ihm eine Einladung der Maxwells übergeben. »Am liebsten bin ich mit dir allein«, erwiderte sie.
Diese schlichten Worte erfüllten ihn mit einer sonderbaren Zufriedenheit, die er in letzter Zeit immer öfter verspürte. Er fühlte sich wohl – fern von London, von der mondänen Welt, wo sich nichts veränderte außer den Frauen in seinem Bett. Zweifellos bin ich nur deshalb so gut gelaunt, weil ich mich nicht mehr mit diesen oberflächlichen Amüsements befasse, dachte er. Serena brauchte ihre Emotionen nicht zu analysieren, denn sie wußte, daß sie Beau liebte.
Als die erwartete Nachricht von Captain Berry eintraf – Miss Blythes ›Reisebedarf‹ sei an Bord, hatte er rätselhaft mitgeteilt –, befahl Beau dem Hotelpersonal, die Sachen zu packen. Serena bestand darauf, ihre Malutensilien selbst in den Kisten zu verstauen, die er besorgt hatte. Währenddessen schrieb er Abschiedsbriefe an Damien und die Maxwells. Im Morgengrauen brachen sie auf.
Obwohl im Winter häufig gefährliche Stürme über den Atlantik hinwegfegten, herrschte angenehmes Wetter. Zwei Tage später passierten sie die Straße von Gibraltar. Seit der Abfahrt aus Lissabon war ihnen kein einziges Schiff begegnet. Wenn es die spanische Flotte, in Cádiz und Cartagena stationiert, auch vorzog, den Krieg in der Sicherheit ihrer heimischen Häfen auszusitzen, patrouillierte sie doch gelegentlich vor der Küste. Und die französische Marinebasis in Toulon, von der die blockierte Garnison auf Malta mit Nachschub versorgt wurde, schickte immer wieder ihre Schiffe ins Mittelmeer. Zweifellos würden beide Flotten die Siren als begehrenswerte Beute betrachten.
Der neue Kurs auf Menorca führte die Yacht in spanische und französische Gewässer, was Beau seiner Reisegefährtin verschwieg, weil er die Insel problemlos zu erreichen hoffte. Was die Position feindlicher Schiffe betraf, mußte man stets ein gewisses Risiko eingehen.
Bis zum vierten Morgen, nachdem sie durch die Straße von Gibraltar gefahren waren, blieben sie unbehelligt. Die Sonne begann den Himmel zu erhellen, die Schwärze ging in Grau über, und der Mann im Ausguck der Siren sah nur schemenhafte Silhouetten am Horizont. Aber bald erloschen die Sterne, und die rosige Dämmerung zeigte ihm die Schiffe etwas deutlicher. Die Augen zusammengekniffen, spähte er durch sein Fernrohr und versuchte, die Form der Segel zu erkennen. Soviel er wußte, benutzten die Franzosen breite Top-und dreieckige Stagsegel. Er wartete, bis die Yacht bis auf zehn Meilen an die Schiffe herangekommen war. Mit so unzulänglichem Begleitschutz würde die britische Royal Navy wohl kaum im Mittelmeer kreuzen, dachte er, während er das Schiff beobachtete, das mit zwei Eskorten nordwärts steuerte. Wenig später erkannte er eine schnittige französische Fregatte und zwei schnelle Korvetten. »Feind in Sicht!« schrie
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