Spion der Liebe
Durch sein Fernglas beobachtete er, wie rußgeschwärzte Franzosen mit den Wrackteilen kämpften. In diesem Zustand konnten ihm die Schiffe unmöglich folgen. Erleichtert atmete er auf und klappte das Fernrohr zusammen.
»Ein ausgezeichnetes Manöver, Sir«, meinte Berry tief durchatmend.
»Ja, wir haben ihnen wahrlich die Hölle heiß gemacht. Danken Sie den Männern in meinem Namen, Mr. Berry.«
»Seit der letzten Schlacht bei Noirmoutier haben die Franzosen noch immer nicht schießen gelernt. Zum Glück sind wir mit einem blauen Auge davongekommen.«
Beau inspizierte die Masten und die Takelage.
Nur ein Marssegel und der Besanmast waren ramponiert. »Wenn die Verwundeten versorgt sind, lassen Sie die Schäden beheben. Ich will nur rasch Miss Blythe beruhigen. Dann komme ich zurück und helfe Ihnen.«
»Solche Abenteuer erlebt eine Dame nicht alle Tage«, meinte der Captain. Im Vollgefühl des Sieges grinste er immer noch von einem Ohr bis zum anderen. »Gehen Sie zu Miss Blythe, Sir, und nehmen Sie sich Zeit. Wir kommen schon zurecht.«
»Sagen Sie den Leuten, heute und morgen gibt’s Landurlaub auf Menorca. Außerdem erhalten sie einen Monatslohn zusätzlich.«
»Herzlichen Dank, Sir … Oh, Sie sind verletzt!«
»Nur ganz leicht«, erwiderte er und stieg die Kajüttreppe hinab.
Bevor er seine Kabine erreichte, rief er Serenas Namen, um sie zu beruhigen und ihr mitzuteilen, wer zu ihr kam. Trotzdem erschrak sie, als er eintrat. Schwarzes Pulver bedeckte seinen ganzen Körper, dunkles Blut verkrustete die Kratzer, die ihm umherfliegende Splitter und die herabgestürzte Takelage zugefügt hatten. Unter seinem rechten Auge blutete immer noch eine lange Schnittwunde.
»Schau nicht so entsetzt drein, meine Süße, es ist nicht schlimm«, versuchte er Serena zu beschwichtigen. »Bist du verletzt?« Besorgt eilte er zu ihr. Glassplitter klirrten unter seinen Füßen.
Unfähig zu sprechen, schüttelte sie nur den Kopf. In ihren Ohren gellte immer noch der Kanonendonner, im Mund spürte sie den bitteren Geschmack des Schießpulvers, das durch alle Ritzen gedrungen war.
»Ich würde dich gern umarmen, Liebste. Aber dann wäre dein schönes Nachthemd ruiniert. Jetzt ist alles gut. Wir haben die Franzosen besiegt. Bald landen wir auf Menorca. Bist du auch wirklich unverletzt? Soll der Doktor dich untersuchen?«
»Nein, mir ist nichts passiert«, würgte sie mühsam hervor. Obwohl sie ihm ihre Tapferkeit beweisen wollte, zitterte sie heftig.
»Kann ich dich eine Weile allein lassen?« Beau kniete vor dem Sessel nieder, um ihr in die Augen zu schauen. »Ich muß den Leuten helfen, die Verwundeten zu verarzten.«
»Ja – natürlich …«, stammelte sie.
»Spätestens in einer halben Stunde bin ich wieder da. Geh bitte nicht an Deck.«
»Nein.«
»Also, in einer halben Stunde«, versprach er und verließ die Kabine.
Aber sie mußte viel länger warten. Nach einer Stunde kam Mr. Berry zu ihr und richtete ihr aus, Lord Rochefort habe noch zu tun. »Ich lasse Ihnen das Frühstück servieren, Miss Blythe.«
»Danke.«
Erst nach einer weiteren Stunde kehrte Beau zurück. Zwei seiner Männer hatten schwere Verletzungen erlitten, und er war während der ärztlichen Behandlung bei ihnen geblieben.
Inzwischen hatte er unter der Meerwasserpumpe geduscht, saubere Sachen angezogen und die Schnittwunde an der Wange vom Schiffsarzt nähen lassen. Ein Steward war in die Kabine gekommen, um die Glasscherben wegzufegen und die zerbrochenen Fenster mit Segeltuch zu flicken.
»In ein paar Stunden sind wir auf Menorca, Serena«, erklärte Beau. »Hast du schon gefrühstückt?«
»Ja, danke«, erwiderte sie und legte ihr Buch beiseite. Der Versuch, sich mit dieser Lektüre die Zeit zu vertreiben, war nicht allzu erfolgreich verlaufen. »Wie geht’s den Verletzten? Ich dachte, vielleicht würdest du meine Hilfe brauchen …« Ihre Stimme erstarb, als sie die frischgenähte Wunde auf Beaus Wange entdeckte.
»Das ist nett von dir, aber wir sind auch ohne deine Hilfe zurechtgekommen.« Müde sank er in einen weichen Sessel. »Jetzt fühlen sich die Männer schon etwas besser. Nur zwei sind schwer verletzt. Glücklicherweise hat mir Dr. McGuane versichert, sie würden’s überleben. Ich hatte gehofft, keinen französischen Schiffen zu begegnen«, fügte er seufzend hinzu, »dann wäre dir dieses furchtbare Erlebnis erspart geblieben.«
»Als ich beschloß, nach Italien zu reisen, wußte ich, welches Wagnis ich eingehen
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