Spion der Liebe
Verzeih!« flehte er ängstlich. Soviel er wußte, hatte der Earl schon zahlreiche Duelle zu seinen Gunsten entschieden.
»Tut mir leid …« Krampfhaft schluckte er. »Ich glaube, ich habe ein bißchen zuviel getrunken. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest …«
Beaus Blick schien den zitternden Mann zu durchbohren. Dann nickte er.
Schwerfällig stand Lord Dufferin auf, bahnte sich einen Weg durch die Zuschauermenge und stolperte zur Tür hinaus.
»Damit wäre die unterhaltsame Szene beendet«, bemerkte Beau beiläufig und schaute in die Runde. »Irgend jemand sollte Lord Dufferin seinen Gewinn übergeben«, fügte er hinzu, erhob sich und steckte das Geld ein, das er selbst gewonnen hatte. Lässig griff er nach einer Cognacflasche. Sobald er den Raum verlassen hatte, redeten alle Gentlemen aufgeregt durcheinander.
Allzulange konnte es nicht dauern, bis sich die Ereignisse am Spieltisch auch im Ballsaal herumsprechen würden. Also mußte er Serena informieren. Er eilte zwischen den Tanzpaaren hindurch, um die Aufmerksamkeit Serenas und ihres Partners zu erregen – um ihn zu attackieren, wie der junge Offizier später behaupten sollte. Das hing davon ab, wie man den leichten Schlag mit der Cognacflasche auf die Schulter des entrüsteten Mannes interpretieren mochte.
»Wirklich, Liebling, du könntest etwas höflicher sein«, mahnte Serena in mildem Ton, als Beau mit ihr in eine etwas ruhigere Ecke tanzte. »Ich fürchte, du hast den armen Lieutenant Mallory ziemlich erschreckt.«
»Verschwinden wir!« stieß er hervor, allmählich am Ende seiner Nervenkraft.
»Aber wir dürfen jetzt nicht zusammen Weggehen, Beau.«
»Und jetzt schon gar nicht«, stimmte er notgedrungen zu. Es ließ sich nicht länger hinauszögern – nun mußte er ihr erzählen, was geschehen war, denn er spürte bereits die neugierigen Blicke. »Gerade mußte ich Lord Dufferin in seine Schranken weisen. Wir hatten eine kleine Auseinandersetzung im Spielsalon, weil der Idiot in alle Welt hinausposaunte, er hätte uns beide im York Hotel gesehen. Nachdem ich ihn auf seinen Irrtum hingewiesen hatte, entschuldigte er sich unterwürfig und suchte das Weite.«
Obwohl er nur in beiläufigem Ton sprach, konnte Serena zwischen den Zeilen hören. »Hast du ihn sehr bedroht?«
»Nicht direkt. Ich sagte nur, er müsse sich bestimmt täuschen.«
»Und das war alles?« fragte sie erleichtert.
»Mehr oder weniger. Jetzt ist’s vorbei. Hoffentlich ist dieser gräßliche Ball bald überstanden.«
»Fahr du schon ins Hotel voraus. Ich komme später nach.«
»Soll ich dich all diesen lüsternen Kerlen überlassen?« Und das aus dem Mund eines berüchtigten Lebemannes, den es oft genug amüsiert hatte, seine Gespielinnen mit Freunden zu teilen …
»Du könntest mit mir tanzen, bis das Orchester zu spielen aufhört.«
Statt zu antworten, stöhnte er nur.
»Oder geh zu Damien und seinen Gesprächspartnern.« Serena zeigte zu einem Alkoven neben dem Eingang, wo der Botschafter mit einigen Gentlemen diskutierte. »Sobald sich eine passende Gelegenheit ergibt, versuchen wir unauffällig zu verschwinden.«
»Für diese Tortur mußt du mich entschädigen«, verlangte Beau.
»Mit dem größten Vergnügen. Dieser Abend war einfach wundervoll.«
Vor lauter Verwirrung kam er aus dem Takt und blieb stehen. Wie konnte man solche Höllenqualen wundervoll finden?
»Geh doch zu deinem Onkel«, schlug sie lächelnd vor.
Den restlichen Abend verbrachte er an Damiens Seite und lauschte mit halbem Ohr einer lebhaften Debatte über den Krieg. Hin und wieder flocht er eine Bemerkung ein, da er als inoffizieller Kurier des Außenministeriums über alle politischen Ereignisse Bescheid wußte. Lebhaft wurde die Frage erörtert, ob Napoleon wirklich an Friedensverhandlungen interessiert sei. Einige machten Österreichs starre, kompromißlose Haltung für die ernste Situation verantwortlich, andere Napoleons skrupellose Ambitionen. Auch Pitt wurde mehrmals heftig kritisiert.
Mit keinem einzigen Wort erwähnte man die Kontroverse im Spielsalon, obwohl inzwischen alle von Lord Dufferins kompromittierender Bemerkung gehört hatten. Aber niemand wagte es, das Thema in Beaus Gegenwart anzuschneiden.
Deshalb wurde ein Skandal vermieden. Und Miss Blythes erster großer Ball war ein voller Erfolg.
12
Bei der Rückkehr ins Hotel wünschte Beau, sie könnten Lissabon sofort verlassen. Dann würde er sich wieder ungestört seines Lebens freuen und Serenas
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