Spion der Liebe
es von einer ehemaligen Geliebten erwartete?
Der Anblick Livornos weckte ungewohnte Gefühle in Beaus Seele, eine innere Unruhe und Bestürzung, die er sich nicht erklären konnte. Normalerweise war er eher erleichtert, wenn er sich von einer Freundin trennte. Aber wie er zu seiner Verblüffung erkannte, würde er Serena vermissen – nicht nur ihren schönen, sinnlichen Körper. Demnächst würde er sie verlassen. Ein beklemmender Gedanke … Ohne lange zu überlegen, besann er sich anders. »Soll ich dich nach Florenz begleiten?« Noch während er sprach, fürchtete er, der Cognac, den er am Vorabend getrunken hatte, würde sein Gehirn immer noch benebeln.
»O ja!« Plötzlich erschien ihr die Welt in strahlendem Licht.
»Gut«, erwiderte er zufrieden – nein, überglücklich und versuchte sich zu erinnern, wo das nächste komfortable Gasthaus lag.
Die Reise nach Florenz, das sechzig Meilen entfernt lag, dauerte mehrere Tage. Denn die ländlichen Gasthöfe waren viel komfortabler als die Kutsche auf der staubigen Straße, der Liebesgenuß viel erstrebenswerter als der Abschied.
Keiner der beiden wollte die wunderbare Liaison beenden.
Irgendwann kamen sie in Florenz an, trotz des langsamen Tempos. Vor der Tür des Hauses, das die Castellis bewohnten, erfuhren sie, Serenas Freunde seien für zwei Monate nach Rom gefahren. Die freundliche Nachbarin erklärte bedauernd, sie würde keinen Schlüssel besitzen. Vielleicht sei der Hausbesitzer bereit, Serena einzulassen, aber er würde gerade seine Tochter in Pisa besuchen.
»Die Castellis haben mich erst im Juli erwartet.« Seufzend schaute Serena zu den geschlossenen Fensterläden hinauf. Nun mußte sie die nächsten Monate allein in einer fremden Stadt verbringen. Noch beklagenswerter war die Tatsache, daß sie sich ohne die Hilfe ihrer Freunde keinen Zugang zu den Ateliers und Werkstätten verschaffen konnte, wo sie studieren wollte.
»Also werden wir ein Quartier für dich suchen«, entschied Beau. »Welche Seite des Arno ziehst du vor?«
»Wenigstens habe ich genug Geld für eine Unterkunft«, erwiderte sie, »was ich dir verdanke.«
»Nein, deinen Fähigkeiten am Spieltisch. Und ich schlage dir die Nordseite vor. Da wohnst du mitten im Geschehen.« Ermutigend drückte er ihre Hand. »Ich sage dem Fahrer, er soll auf der Piazza della Signoria warten, während wir auf Wohnungssuche gehen.« Mit Gepäck beladen, blockierte die gemietete Kutsche beinahe die schmale Straße. »Am besten bleibe ich noch ein paar Tage hier, bis du dich häuslich niedergelassen hast.«
»O Beau, bist du wirklich dazu bereit?« fragte sie atemlos. Dann erkannte sie, wie ungeschickt ihr Verhalten auf einen Mann wirken mußte, der sich dauernd zudringlicher Frauen erwehrte. In gleichmütigem Ton fügte sie hinzu: »Aber ich fürchte, ich nutze dich zu sehr aus.«
»Erörtern wir nicht, wer wen ausnutzt, sonst würde sich womöglich mein Gewissen melden. Außerdem gefällt mir diese schöne Stadt.« Er betrachtete die hohen Gebäude, die dunkle Schatten warfen. »Und nun verrate mir, wieviel du für deine Wohnung ausgeben möchtest.« Nach dem Streit über die Kleider wollte er ihr keine finanzielle Hilfe anbieten.
Drei Stunden später, nachdem sie zahllose Treppen hinauf-und hinabgestiegen und durch mehrere Straßen gewandert waren, standen sie im Salon einer sonnenhellen Wohnung am Arno. Zur Linken bot sich ein wunderbarer Ausblick auf den Ponte Vecchio. Träge strömte der Fluß dahin und glänzte im goldenen Nachmittagslicht. Am Horizont vollendeten grüne Hügel das schöne Bild.
»Unglaublich, wie billig diese schöne Wohnung ist!« Serena wandte sich vom Fenster ab, um ihr neues Heim zu begutachten. »Die anderen Apartments, die wir besichtigt haben, sind kleiner und teurer.«
»Vielleicht bist du der Vermieterin sympathisch. Oder es macht ihr Freude, eine englische Lady zu beherbergen.« Beau stand hinter Serena und genoß ihre Begeisterung. Vorhin hatte er der Hausbesitzerin heimlich eine größere Summe zugesteckt und ihr Widerstreben überwunden, die Wohnung für nur zwei Monate zu vermieten. »Am besten bezahle ich für ein ganzes Jahr«, erbot er sich, während Serena die kleine Küche im Hintergrund des Hauses inspizierte.
Als sie in den Salon zurückkehrte, wurde sie von einer strahlenden Vermieterin empfangen, die ihr eifrig erklärte, wo man am besten einkaufen konnte. Da Serena fließend Italienisch sprach, entwickelte sich bald ein lebhaftes Gespräch.
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