Spion der Liebe
Anspielungen auf die schwüle Hitze und die Schlagsahne waren recht aufschlußreich. Und der gierige Blick des Generals sprach Bände.«
»Leider ist Karl nicht besonders feinfühlig, aber ein guter Tänzer, so wie alle Herren vom Habsburger Hof.«
»Was für eine dramatische kleine Szene! Ich habe schon überlegt, ob ich meinen Busen entblößen und den armen Karl vor die Wahl stellen sollte.«
»Erstens hätte ich es nicht erlaubt«, erwiderte Beau grinsend und betrachtete ihr verlockendes, von modischen Spitzenborten umrahmtes Dekollete. »Und zweitens ist Karl unfähig, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Das wird dir jeder bestätigen, der die Zustände in der neapolitanischen Armee kennt.«
»Also muß ich mich mit dir begnügen.«
»Mal sehen, was ich tun kann, um dich zu amüsieren.« Beau schaute sich im Saal um. Serenas verführerische Brüste erinnerten ihn an einen Zeitvertreib, den er viel erfreulicher fand, als den königlichen Ball. »Möchtest du hierbleiben oder gehen?«
»Würde man’s bemerken, wenn wir verschwinden?«
»Schlendern wir zuerst auf die Terrasse, dann wird niemand Verdacht schöpfen.«
Diskret verließen sie den Saal und wanderten Hand und Hand durch den Reale-Garten zum Palazzo Palagonia zurück. Silberne Mondstrahlen beleuchteten den Weg.
»Verzeih mir, falls ich dir den Abend verdorben habe«, bat Beau ironisch. »Aber du hättest keinen Gefallen an Karl gefunden. Sein sexuelles Repertoire ist ziemlich begrenzt.«
Als sie im Halbdunkel sein Profil musterte, sah sie ihn lächeln. »Also hast du mich vor einer langweiligen Nacht bewahrt.«
»Mehr oder weniger.«
»Aber ich hatte nicht die Absicht, mit ihm zu schlafen.«
»Das freut mich.«
»Offenbar hast du an die anderen Frauen in deinem Leben gedacht.«
»Mag sein …«
»Der General ist attraktiv, aber strohdumm. Leider bin ich sehr anspruchsvoll, was die Männer betrifft, und das verdanke ich dir.«
Seltsam, wie ihre Worte das Herz eines Mannes erwärmten, der den Frauen immer nur erotisches Interesse entgegengebracht hatte …
Am nächsten Morgen segelte die Siren aus dem Hafen. Beau wollte nichts riskieren. Womöglich würde Serena sich doch noch anders besinnen, was den General betraf. Wäre er gefragt worden, warum er so zeitig aufbrach, hätte er geantwortet, er würde die günstigen Windverhältnisse nutzen.
17
Die Siren erreichte am 5. März den Hafen von Livorno. Am selben Tag informierte Bonaparte seine Generäle endlich über seine Pläne. General Massena, Oberbefehlshaber des Heeres in Italien, erhielt die folgende Order: »Ich ziehe eine Reserve in Dijon zusammen, die ich persönlich kommandieren werde. In acht bis zehn Tagen schicke ich Ihnen einen Adjutanten mit einem Operationsplan für den bevorstehenden Feldzug. Sie werden sehen, welch wichtige Rolle Sie innerhalb der Möglichkeiten spielen, die Sie zur Verfügung haben. An Ihrer Stelle würde ich im März und April vier Fünftel meiner Streitkräfte, sagen wie vierzigtausend Mann, in Genua stationieren. Dann müßte ich nicht befürchten, der Feind könnte die Stadt erobern. Im Mai und Juni wird die Lage anders aussehen, aber bis dahin werden wir unsere Kampagne begonnen haben. Die Instruktionen, die ich Ihnen in zehn Tagen schicken möchte, sollen Ihnen als Leitfaden dienen … Schließlich muß ich wiederholen, daß Sie sich nach meiner Meinung in einer starken Position befinden. Machen Sie das Beste daraus. In den Stellungen, die wir halten, können wir nicht geschlagen werden, wenn wir wirklich siegen wollen. Erinnern Sie sich an unsere großen Tage! Fallen Sie mit Ihren gesamten Streitkräften über den Feind her, sobald er zu marschieren anfängt.«
Und so nahm der Einmarsch der Franzosen in Italien seinen Lauf.
18
Auf der Fahrt nach Livorno spürte Serena, wie kostbar jede einzelne Minute wurde. Aufmerksam beobachtete sie Beau, um sich später zu entsinnen, wie er ging oder stand, wie er lächelte, wie seine starken Hände das Ruder umklammerten, wie er sie zärtlich oder leidenschaftlich betrachtete. Diese Erinnerungen brauchte sie, wenn sie ihre künftige Einsamkeit ertragen wollte.
Um sich zu trösten, berührte sie ihn manchmal. Dann sah er sie liebevoll an, und sein Lächeln krampfte ihr das Herz zusammen. Bald, viel zu bald würde er aus ihrem Leben verschwinden.
Als der belebte Hafen in Sicht kam, wurde sie von tiefer Verzweiflung überwältigt. Konnte sie sich höflich und gelassen von Beau verabschieden, so wie er
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