Spion der Liebe
gefeiert. Ihm zu Ehren hatte der Bürgermeister von London ein Bankett in der Guildhall gegeben. Er war vom König empfangen, zum Ritter geschlagen und mit einer Baronie belohnt worden. Von der East India Company hatte er zehntausend Pfund erhalten. 9 Wenn die Nachricht von seinen Siegen nach England drang, bekamen die Kinder schulfrei, alle Kirchen und Glocken läuteten, und man schrieb Gedichte oder komponierte Lieder, um ihn zu preisen.
»Aber er besitzt eine starke Persönlichkeit«, erwiderte Beau, »und einzigartige Führerqualitäten. Für diesen Mann würden die Soldaten durch die Hölle gehen.«
Während des Dinners hielten einige Würdenträger feierliche Reden zu Ehren des Admirals. Danach wurden seine Siege in einem Sonett besungen. Die Königin überreichte ihm ein Schwert mit juwelenbesetztem Griff und dankte ihm für die Rettung des neapolitanischen Hofes. Schließlich krönte ein Feuerwerk das festliche Bankett.
Nach dem Essen wurde Serena der Königin vorgestellt. Die achtundvierzigjährige Frau hatte achtzehn Kinder geboren. Nur acht waren am Leben geblieben. Eine typische Habsburgerin, sah sie nicht besonders attraktiv aus. Sie begegnete Serena sehr freundlich, interessierte sich aber vor allem für Beau, den sie beiseite führte, um unter vier Augen mit ihm zu sprechen.
»Noch eine Eroberung?« fragte Serena, als sich die Königin und Emma zu anderen Gästen wandten.
»Ich kenne sie seit Jahren. Da die Stallungen meiner Familie außerhalb von Neapel liegen, habe ich den königlichen Hof oft besucht.«
»Und wie gut hast du die Königin kennengelemt?«
»Nun, sie mag junge Männer«, erwiderte er beiläufig. »Heute abend wirst du einige in ihrer Nähe sehen. Aber nicht mich.«
»Wie nett von dir … Gibt’s hier eigentlich eine Frau, mit der du nicht im Bett warst?«
Diese Frage wollte er nicht beantworten, zumindest nicht wahrheitsgemäß. Statt dessen lächelte er. »Seit ich mit dir zusammen bin, habe ich mich gebessert.«
»Das ist keine Antwort.«
»Ah, die Musiker beginnen zu spielen. Möchtest du tanzen?«
»Ich dachte, du tanzt nicht gern.«
»Mit dir schon.«
»Alle Frauen starren dich hoffnungsvoll an. Bald wird dich eine diese liebestollen Damen am Arm packen und aufs Parkett zerren.«
»Nein, du wirst mit mir tanzen.«
Wie konnte er ihre Eifersucht so gelassen ignorieren? Das Ergebnis langjähriger Übung, dachte sie und ärgerte sich noch mehr. »Diese Gräfin Niollo ist mir ein Dorn im Auge«, fauchte sie und schaute zu der stilvoll gekleideten Italienerin hinüber.
»Kümmere dich nicht um Francesca. Ihre Frechheit ist berühmt.«
»Offensichtlich hast du dich sehr intensiv um sie gekümmert.«
»Letztes Jahr kannte ich dich noch nicht.« Ach, zum Teufel! In dünnen weißen Musselin gehüllt, der ihre üppigen Formen kaum verbarg, eilte die Gräfin zu ihm.
»Liebling!« flötete sie und schürzte die vollen rotbemalten Lippen, ohne Serena zu beachten. »Du weißt doch, wie gern ich tanze. Komm!« Gebieterisch reichte sie ihm die Hand.
»Diesen Tanz habe ich Miss Blythe versprochen«, entgegnete Beau und lächelte höflich.
»Vielleicht würde die junge Dame mit mir vorliebnehmen«, mischte sich General Mack ein. Der attraktive österreichische Aristokrat, vom Habsburger Hof beauftragt, die neapolitanische Armee zu kommandieren, war einen halben Schritt hinter der Gräfin Niollo stehengeblieben.
»Wunderbar, Karl!« gurrte sie und umfaßte seinen Arm, eine kleine Geste, die nicht nur freundschaftlich wirkte. »Der liebe Beau und ich haben uns so lange nicht gesehen. Und ich glaube, die kleine Miss tanzt viel lieber mit einem General.«
»Nein«, widersprach Beau kurz angebunden. Er kannte General Karl Mack von Leiberich, einen Wüstling und Schurken, der seine Pflichten oft vernachlässigte, um sich mit Frauen zu amüsieren.
»Oh, ich würde sehr gern mit Ihnen tanzen, Sir«, verkündete Serena und lächelte den General strahlend an.
»Wenn Sie uns entschuldigen, Rochefort …« Spöttisch hob der Kommandant die Brauen. »Ich werde der Dame zeigen, wie wir in Palermo …« Er zögerte einige Sekunden lang, um dann anzüglich hinzuzufügen: ».. . tanzen.«
Mühsam bezwang Beau seinen Zorn. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als Serena gehen zu lassen. Kokett winkte sie ihm mit ihrem Fächer zu, ehe sie dem General zur Tanzfläche folgte.
»Offenbar besitzt sie ihren eigenen Willen«, meinte die Gräfin. »Möchtest du heute nacht deine Wut an mir
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