Spione, die die Welt bewegten
französischer Geheimagent tätig werden würde. Seine
Aufgabe wäre nur, die Bewohner von Schottland und Wales gegen die englische Krone aufzuwiegeln, damit der englische König
Edward I. seine Truppen in England konzentrieren musste und sie nicht mehr nach Frankreich schicken konnte. Turberville stimmte
zu und es wurde für ihn 1296 eine dramatische Flucht aus dem Gefängnis inszeniert, seine Kinder musste er allerdings als Geiseln
in Frankreich zurücklassen. Der englische König war über die erfolgreiche Flucht und Heimkehr des von ihm geschätzten Sir
Thomas hoch erfreut und berief seinen Gefolgsmann in den englischen Staatsrat. Damit verfügte Frankreich über einen optimal
platzierten Spion, der an allen wichtigen Beratungen des englischen Königs teilnahm. Tuberville hielt sein Versprechen und
schickte über Sonderkuriere verschlüsselte Informationen nach Frankreich. Seine Aktivitäten waren hervorragend getarnt und
der französische König konnte sich ein Bild über militärische Aktivitäten in England machen. Bald bemerkten allerdings Vertraute
des englischen Königs, dass es in den Nachrichtensystemen des Hofes ein Leck gab. Sie meldeten es dem König. Als Mitglied
des Staatsrates erfuhr Tuberville von der brisanten Nachricht und teilte sie seinen französischen Kontaktleuten mit. Diese
Meldung wurde allerdings zufällig abgefangen und Tuberville sofort verhaftet. Unter Folter gestand er seine Spionagetätigkeit.
Er wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Während früher hauptsächlich Kaufleute als Spione aktiv wurden, gelang es im Hundertjährigen Krieg neue und vorher unverdächtige
Personengruppen im Spionagedienst zu platzieren. Es waren einerseits Frauen und andererseits harmlos wirkende Priester. Personengruppen,
denen damals allgemein Friedfertigkeit nachgesagt wurde und denen kaum jemand unterstellte, dass unter ihnen Spione sein könnten.
Von Frankreich aus reisten zu Beginn des Hundertjährigen Krieges wiederholt Frauen unauffällig nach Flandern, um Angriffsvorbereitungen
der Engländer und ihrer Verbündeten zu beobachten. Solche Reisen fanden zuletzt fast regelmäßig statt, und von 1340 sind sogar
Dokumente über eine Bezahlung dieser Frauen erhalten. Oft erhielten die Frauen außerdem den Auftrag, |95| innerhalb von Flandern von Brügge nach Gent zu fahren, um die Stimmung in der Bevölkerung zu studieren. Beide Städte waren
Handelszentren und Treffpunkte von weitgereisten Kaufleuten, die viel zu erzählen hatten. Ebenfalls im Jahr 1340 meldete eine
französische Spionin, der Herzog von Brabant, der Graf von Flandern und andere lokale Fürsten wollten dem englischen König
den Treueeid schwören. Der französische König wusste nun, dass England erfolgreich Verbündete gewann. Gleichzeitig teilte
eine andere Frau mit, der König von England würde sich in Gent aufhalten und die Bevölkerung hätte ihn bereits als Lehnsherrn
anerkannt. Weitere Horchposten zur Spionage waren die Städte Dover und Calais, wo sich englische Nachschubwege konzentrierten
und regelmäßig viele Fremde auftauchten. Die englische Armee hatte beispielsweise in Calais ständig weit mehr als 50 000 Armbrustbolzen auf Lager, die von den Befehlshabern in Stückzahlen von mehr als 10 000 angefordert wurden. Englische Verwaltungsbeamte hatten sogar die Anweisung, ausländische Matrosen und Kaufleute in Calais
zu beobachten und auch auszufragen. Jedes Gerücht wurde hier ausgewertet und dokumentiert.
Machten sich Frauen der Spionage verdächtig, waren die Strafen für sie in der Regel nicht so hart wie bei Männern. Sie wurden
nicht hingerichtet und mussten meist nur das Land verlassen. Einige solcher Fälle sind sogar dokumentiert. Es gibt Hinweise,
dass während des Krieges aus den englischen Gebieten in Frankreich einmal eine Colette Meno und ein anderes Mal eine Marianne
Dupuis ausgewiesen wurden. Beide Frauen standen unter dem Verdacht, nicht nur mit dem französischen König zu sympathisieren,
sondern ihn auch zu unterstützen. Wie sie entdeckt und enttarnt wurden, blieb allerdings unerwähnt.
Großes Misstrauen gab es während des Hundertjährigen Krieges in England gegen Ausländer und insbesondere gegen Mitglieder
von Orden, deren Mütterhäuser in Frankreich standen. Fremde Mönche waren doppelt suspekt, einerseits wegen möglicher Spionageaktivitäten
und andererseits weil der französische Klerus dem Papst gegenüber loyal war,
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