Spione, die die Welt bewegten
Hennerle war jetzt in seinem Element und kümmerte sich um die Verteidigung der Stadt.
Abendländischer Ritter kämpft gegen moslemische Krieger
Im Spätmittelalter wurden Fehden immer stärker ausgeweitet und Fürsten, Bischöfe sowie Städte stritten sich in kriegsähnlichen
Zuständen. Manche Ritter kämpften so lange gegeneinander, bis sie und ihre Sippe ruiniert waren. |90| Bei Städten war nach einer Fehde der Haushalt oft über Jahre zerrüttet. War die Wut besonders groß, wurden Burgen und Städte
belagert und keine Kosten gescheut, um die Rachegelüste auszutoben. Waren die Streithähne schließlich erschöpft, musste der
Verlierer ein Dokument unterschreiben und auf eine weitere Rache verzichten, während die Sieger zu feiern begannen. Oft wurden
auch Vermittler eingeschaltet, um Sühne- und Ausgleichszahlungen auszuhandeln. Doch auf Revanche wurde selten verzichtet,
manchmal genügte es, einige Leibeigene des Feindes totzuschlagen und schon ging die Fehde wieder los.
Um seine Fehden in den Griff zu bekommen, umgab sich ein betroffener Ritter meist mit einem Kreis von Zuträgern; Menschen,
die ihm Informationen zusteckten und auch mit dem üblichen Tratsch versorgten. Freunde verkleideten sich als Bettelmönche
und zogen durch die Lande, um zu horchen und sich umzusehen. Auf dem Gebiet der Fehdegegner war allerdings Vorsicht geboten,
denn die hatten auch ihre Zuträger. Leibeigene Bauern erhielten Vergünstigungen, wenn sie genau hinschauten und ihrem Herrn
jeden verdächtigen Fremden meldeten. Wichtig war auch, Minnesänger zu gewinnen, die vielleicht in der Burg des Gegners bei
ihrem Auftritt einiges beobachten und später berichten konnten.
Eine Legende ist vermutlich die Suche des Minnesängers Blondel nach dem englischen König Richard I. Löwenherz. König Richard
war bei seiner Rückreise aus dem Heiligen Land 1192 von Herzog Leopold V. von Österreich auf Burg Dürnstein festgesetzt worden.
Eine ruchlose Tat, die sogar dem Papst gemeldet wurde, denn jedem Kreuzritter war bei der Rückreise freies Geleit zu gewähren.
Der Minnesänger Blondel soll auf der Suche nach dem König von Burg zu Burg gezogen sein und jeweils ein bestimmtes Lied gesungen
haben. Auf Burg Dürnstein habe ihm dann der König mit einer Fortsetzung des Gesanges geantwortet. In der Realität trat Herzog
Leopold den berühmten Gefangenen später an Kaiser Heinrich VI. ab, der ihn erst nach einer hohen englischen Lösegeldzahlung
und einem ihm gegebenen Lehnseid wieder frei ließ.
Femegerichte
Als eine der Reaktionen auf die ständigen Fehden der Ritterschaft und auf die Ungerechtigkeiten der Justiz entwickelten sich
hauptsächlich im 14. Jahrhundert die gefürchteten Femegerichte. Sie tagten völlig im Geheimen, umgaben sich mit einer mystischen
Aura und stützten sich auf Spitzel und Spione. Ihre Mitglieder gaben sich untereinander durch geheime Zeichen zu erkennen
und verabredeten „Notworte“, um sich bei Gefahren sofort gegenseitig zu helfen. Viele Fürsten gehörten heimlich einem Femegericht
an und es gibt Hinweise, dass um 1429 auch Kaiser Sigismund Mitglied eines solchen Gerichtes war. Oberster Gerichtsherr war
der Erzbischof von Köln, er nahm auch die neuen Gerichtsmitglieder auf, die in einem besonderen Ritual feierlich versprechen
mussten, alle ihre Tätigkeiten völlig geheim zu halten. Vor einem normalen Gericht hatte der |91| Adel meist gute Karten, und es war eine Ausnahme, wenn etwa ein Ritter oder ein anderer Adeliger verurteilt wurde. Parallel
entwickelte sich deshalb eine zweite Justiz mit Zuträgern und Denunzianten. Erfuhr ein Femegericht von einer ungesühnten Tat,
musste es seine streng geheimen Ermittlungen aufnehmen. Fronboten wurden ausgeschickt, um einen Angeklagten zu laden. Verhandelt
wurden nur solche Fälle, die mit der Todesstrafe gesühnt wurden.
Donnerte er plötzlich mitten in der Nacht dreimal an das Burgtor und stand dennoch kein Bote davor, so fand der Burgherr vielleicht
eine an das Tor angenagelte Ladung zu einem Femegericht vor. Der Ladung zu folgen war allerdings riskant. Viele Angeklagte
wurden deshalb entführt und mit Gewalt vor das Gericht gebracht. Femegerichte tagten in der Regel um Mitternacht im tiefen
Wald oder in einer Ruine. Alle Mitglieder des Gerichts waren schwarz gekleidet und völlig vermummt, so dass niemand sie erkennen
konnte. Der Richter nannte sich „Freigraf“ und hatte als Zeichen seiner Macht ein
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