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Spione, die die Welt bewegten

Titel: Spione, die die Welt bewegten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Reitz
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Geheimpolizei.
    Der Reichtum Venedigs erwuchs aus dem Handel. Das Vermögen der großen Familien stammte nicht aus dem Grundbesitz sondern setzte
     sich aus Geld und Warenwerten zusammen. Allein durch seine Lage war Venedig als Seemacht prädestiniert und verdiente am Ost-West-Handel.
     Praktisch alle Waren, die aus dem Morgenland und aus Indien stammten oder sogar über die Seidenstraße aus dem fernen China
     eingeführt wurden, gingen durch die Hände der venezianischen Handelsherren. Für Baumwolle aus dem Orient und andere Güter
     hatte die Stadt das europäische Monopol. Europas wichtigste Handelsstraße begann in Venedig und führte dann über Augsburg
     nach Brügge. Der Reichtum wurde durch eine mächtige Flotte zäh verteidigt und ausgedehnt. Bald wurde Venedig neben einer Seemacht
     auch eine Landmacht, die sich entlang des Mittelmeers überall in der Form eines Flickenteppichs Gebiete und Stützpunkte sicherte.
     Bereits im 12. Jahrhundert gab es venezianische Niederlassungen an den Küsten von Dalmatien, Kleinasien, Syrien und Ägypten.
     Als internationales Zahlungsmittel begannen während dieser Zeit die Dukaten aus Venedig den Solidus aus Byzanz zu verdrängen.
     Konkurrenten wurden durch Kriege, Intrigen und Machenschaften ausgeschaltet, allein gegen Genua zogen sich Streitigkeiten
     über etwa 100 Jahre hin, bis sich zuletzt Venedig durchsetzte. Regiert wurde Venedig von rund 1600 Patrizierfamilien, die
     sich Macht und Reichtum teilten und sich eifersüchtig gegenseitig überwachten. Alle zentralen Ämter im Staat und in der Stadt
     wurden von Mitgliedern dieser Familien wahrgenommen. Der Große Rat setzte sich aus Angehörigen der bedeutendsten Familien
     der Stadt zusammen, aus ihrem Kreis kam stets der Doge. Der Kleine Rat war schließlich das Parlament der Stadt und ein Kollegium
     aus dem Dogen und 12 weiteren Mitgliedern bildete die Regierung. Venedig war somit eine typische Oligarchie, in der weni-ge
     Familien über das Schicksal der Ende des 15. Jahrhunderts immerhin rund 150   000 Einwohner der Stadt bestimmten.
    Die Staatsinquisitatoren
    Ab 1539 bestimmte der „Rat der Zehn“ jährlich drei Richter, deren Aufgabe allein darin bestand, mögliche Rebellionen und Umstürze
     früh aufzuspüren und zu verhindern. Diese Staatsinquisitatoren (
Inquisitori di stato
) schufen ein Klima aus Angst, Denunziation und Intrigen. Für sie arbeitete eine effektive Geheimpolizei mit bezahlten Zuträgern.
     Bürger wurden aufgefordert, ihre Mitbürger zu denunzieren und konnten völlig anonym Namen von Verdächtigten mitteilen. Menschen,
     die in die Fänge der Staatsinquisitatoren gerieten, wussten zu keinem Zeitpunkt, warum sie überhaupt verhaftet und verurteilt
     wurden. Ihr Prozess blieb streng geheim und gegen ein Urteil gab es selbst bei der Todesstrafe keine Berufung. Menschen konnten
     einfach spurlos verschwinden und tauchten nie |101| wieder auf. Casanova, ein noch heute populärer Sohn der Stadt, wurde beispielsweise verhaftet, ohne jemals den Grund dafür
     zu erfahren. Er verschwand 1755 in den berüchtigten Bleikammern, einem Gefängnis unter dem Dach des Dogenpalastes, und wäre
     sicherlich vergessen worden, wenn ihm nicht eine spektakuläre Flucht gelungen wäre. Möglicherweise war Casanova der Kontakt
     zum französischen Botschafter in der Lagunenstadt zum Verhängnis geworden, denn venezianischen Bürgern war jede Verbindung
     zu Ausländern verboten. Für Frankreich war Casanova sogar als Spion aktiv und beobachtete im Jahre 1757 Kriegsschiffe in Dünkirchen.
     Eine seiner Aufgaben war es, durch charmantes Auftreten Informationen über die Ausrüstung und die Zahl der Matrosen zu erfahren.
     Er brachte es fertig, den Schiffsoffizieren eine solche Wichtigkeit zu suggerieren, dass sie bereitwillig viel zu viel erzählten.
     Seine Tätigkeit war allerdings nach einem Jahr wieder beendet, und er konnte sich erneut den Aufgaben widmen, die ihn später
     so berühmt machten.
    Seufzer-Brücke, Weg zu den Bleikammern in Venedig
    Mit der Zeit riss der „Rat der Zehn“ immer mehr Macht an sich und die Staatsinquisitatoren mischten sich auch in das Privatleben
     der einfachen Bürger ein. Eine Flut von Vorschriften wurde produziert. Eine mächtige Geheimpolizei |102| kümmerte sich sogar um die Kleiderordnung und setzte die Moralvorstellungen des Staates durch. Die getrennten Lebensräume
     und der Lebensstil von Adel und Bürgern wurden, um jede Form von Annäherungen zu verhindern,

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