Spione, die die Welt bewegten
sich gerne mit Handwerkern zusammen, die ihn kumpelhaft mit
„Kapitän Peter“ anreden durften und mit denen er um die Wette trank. Ein englischer Kaufmann schrieb einmal, Zar Peter habe
seine Gäste so betrunken gemacht, dass sie schließlich auf den Tischen tanzten. Der sehr trinkfeste Zar hätte dann, ohne selbst
betrunken zu sein, erfreut mitgetanzt. Bei großen Festessen mit bis zu 300 Leuten befahl er seinen Köchen häufig, tote Mäuse
unter die Mahlzeiten zu mischen und hatte dann eine diebische Freude, wenn es manchen Gästen übel wurde. Zar Peter war sehr
fleißig. Noch vor Sonnenaufgang stand er täglich auf und trug zu seiner Arbeit, obwohl er außergewöhnlich reich war, mit Vorliebe
einen schäbigen alten Mantel, in dessen Taschen er die Staatspapiere stopfte, dazu gehörten noch geflickte Socken und abgetragene
Schuhe. Luxusleben war ihm fremd, sein Interesse galt mehr den Wissenschaften und weniger dem Aufwand bei Hofe.
Nach der Rückkehr von seiner großen Auslandsreise hatte sich Zar Peter von seiner Ehefrau Eudoxia getrennt und sie in ein
Kloster geschickt. Anschließend bändelte er mit der hübschen und drallen Küchenmagd Marta Skawronska aus Lettland an und machte
sie zu seiner Geliebten. Beide hatten zusammen 12 Kinder, von denen jedoch nur drei Mädchen das Kindesalter überlebten. Marta
gehörte zu den wenigen Personen, die ihn, wenn er wütend war, zum Lachen bringen konnten. Saß der Zar mit Kumpanen zu Trinkgelagen
zusammen, kam Marta spät in der Nacht zu ihm und verkündete: „Zeit nach Hause zu gehen, Väterchen!“, worauf der Zar brav aufstand
und mitging. Im Jahr 1712 heiratete Zar Peter seine Marta, sie trat zum russisch-orthodoxen Glauben über |128| und nannte sich nun Katharina. Hofstaat und Kirchenfürsten waren entsetzt, denn Ehefrau Eudoxia lebte immer noch in einem
Kloster.
Mit der ersten Ehefrau hatte Zar Peter einen Sohn, Alexej, den zukünftigen Thronfolger. Mit ihm verstand er sich nicht, er
hielt ihn für feige und verweichlicht. Im Gegensatz zu seinem Vater liebte Alexej das alte Russland und war mehr an der Theologie
als an den modernen Wissenschaften interessiert. Feinde seines Vaters benutzten ihn schließlich als Werkzeug gegen den Zaren.
Zar Peter erfuhr durch seinen Geheimdienst von den Ränkespielen hinter seinem Rücken und ließ seinen Sohn wegen Hochverrats
vor Gericht stellen. Außerdem befürchtete er, sein Sohn könne nach seinem Tod die Reformen wieder rückgängig machen. Unter
schwerer Folter verstarb der Zarensohn noch vor dem Urteil. 1725, sechseinhalb Jahre später starb auch Zar Peter. Er hatte
beobachtet, wie auf dem Fluss Newa ein Kahn mit Soldaten umgekippt war und wollte helfen. Trotz seines Alters sprang er in
das eiskalte Wasser und wurde schwer krank. Nach ihm wurde seine Ehefrau Katharina, die Küchenmagd aus Lettland, für zwei
Jahre Zarin. Doch sie erwies sich wie ihre Nachfolger als schwach und es ging im Reich erneut drunter und drüber.
Ein Krieg wird inszeniert
Im Nordischen Krieg (1700–1721) wurde die Vormachtstellung von Schweden an der Ostsee gebrochen. Einer der großen Gewinner
des Krieges war Russland, das nun einen ungehinderten Zugang zum Meer fand und zur osteuropäischen Führungsmacht aufstieg.
Am Ausbruch des Krieges hatte der in Livland geborene Diplomat und Spion Johann Reinhold von Patkul einen großen Anteil. Er
war der erfolgreichste Geheimdiplomat seiner Zeit und arbeitete für viele Herren, unter anderem auch für Zar Peter I. Von
Patkul war der Sohn eines livländischen Landrates, der als Major in schwedischen Diensten stand. Weil der Vater die Festung
Wolmar 1657 an Polen übergeben hatte, kam er in Stockholm ins Gefängnis. Seine Frau folgte ihm und Johann Reinhold wurde 1660
in Stockholm geboren. Über die Kindheit des Jungen ist nichts bekannt. Dokumente tauchen erst wieder auf, als er an der Universität
Kiel Jura studierte. Später ging Johann Reinhold von Patkul nach Livland zurück, um die ererbten Güter seines Vaters zu übernehmen,
gleichzeitig wurde er in Riga Offizier in schwedischen Diensten. Als der schwedische Staat allerdings die Güter des livländischen
Adels enteignete und große Not auslöste, wurde er Mitglied einer Kommission, die dem schwedischen König eine Bittschrift vorlegte.
Die Proteste jedoch verärgerten den König sehr, und er ließ die Kommissionsmitglieder vor Gericht stellen und verurteilen.
Johann Reinhold
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