Spione, die die Welt bewegten
Degen in die
Heuschober und pflügten den Garten um. Doch ein ganz einfaches Versteck hatten sie vergessen. Sie schauten nicht unter einen
großen Tisch im Salon, wo sich der Pater im Schutz der Tischdecke versteckt hatte.
Sir Francis Walsingham, Gründer und erster Chef des englischen Geheimdienstes
|134| Zur besseren Erkundung schickte der englische Geheimdienst eigene Spione nach Reims in Frankreich, wo zahlreiche katholische
englische Studenten ein Jesuitenseminar besuchten. Dort wurden manche von ihnen von Rom oder von Spanien zu Spionagezwecken
gegen die englische Königin angeworben. Einer der Spione des englischen Geheimdienstes, die dies verhindern wollten, war Christopher
Marlowe, der später als Dramatiker berühmt wurde. Er trat 1587 zu Spionagezwecken in das Jesuitenseminar in Reims ein. 1593
kam er bei einer rätselhaften Wirtshausschlägerei ums Leben. Heute wird vermutet, dass vielleicht eine Reaktion auf seine
Spionagetätigkeit der Grund dafür war.
Von Frankreich aus gelang es dem englischen Geheimdienst in das Netz der Spionageaktivitäten zum Sturz von Elisabeth I. einzudringen.
Namen von Kontaktpersonen zu Maria Stuart wurden bekannt. Nach langer Überwachung aller dieser Kontaktpersonen ergaben sich
für Walsingham plötzlich neue Anhaltspunkte, und es konnten Francis Throckmorton sowie andere Verschwörer verhaftet werden.
Unter Folter gestand Throckmorton zusammen mit dem spanischen Botschafter und weiteren Ausländern sowie Vertretern des englischen
und schottischen Adels eine Revolution zu planen, der auch Maria Stuart zugestimmt hatte. Während dieses Aufstandes war eine
Invasion von England und Schottland durch Truppen des spanischen Königs vorgesehen. Die eigentlich geheimen Verhaftungen wurden
allerdings schnell bekannt und zahlreiche Verschwörer flohen auf das europäische Festland. Throckmorton und die anderen Verhafteten
wurden später hingerichtet. Mit der Hinrichtung von Maria Stuart zögerte die englische Königin noch, denn ihre Beziehung zur
geplanten Verschwörung war noch nicht sicher nachgewiesen.
Walsingham suchte intensiv nach Beweisen für eine Beteiligung von Maria Stuart an diesem Komplott gegen die englische Krone.
Die große Schwierigkeit für ihn war, an die Korrespondenz der ehemals schottischen Königin zu gelangen und sie zu entschlüsseln.
Maria Stuart hatte große Erfahrungen im konspirativen Verhalten und ließ ihre geheimen Briefe nur in ihrem Beisein schreiben
und verschlüsseln. Die Codierung besorgte ihr vertrauter Sekretär Gilbert Curle, der auch in bestimmten Zeitabständen die
Verschlüsselungstechnik wechselte. Dem Codeexperten des englischen Geheimdienstes, Thomas Phelippes, gelang es allerdings
alle unterschiedlichen Verschlüsselungen zu knacken, und Walsingham konnte jederzeit mitlesen.
Durch einen speziell platzierten Spion fand der englische Geheimdienst schließlich auch einen Zugang zu den Briefen der Maria
Stuart. Diese lebte völlig abgeschottet in einem Schloss und wurde streng bewacht, jeder Besucher war bekannt. Für die Weitergabe
ihrer geheimen Briefe benötigte sie deshalb vertrauenswürdige und erfindungsreiche Boten, die gleichzeitig sehr mutig sein
mussten. Der strenge Katholik und ehemalige Student eines Priesterseminars, Gilbert Gifford, war ein solcher Kandidat. Er
erklärte sich bereit, als geheimer Bote für Maria Stuart tätig zu werden. Was jedoch niemand in der Umgebung von |135| Maria Stuart trotz aller Prüfungen wusste: Gifford war ein Spion für Walsingham. Der englische Geheimdienst gab ihm zunächst
die Gelegenheit, möglichst gute Arbeit zu liefern und einen guten Eindruck zu hinterlassen. In ausgehöhlten Spundzapfen für
Bierfässer konnte Gifford geheime Nachrichten an Maria Stuart übermitteln und so ihr Vertrauen gewinnen. Der französische
Botschafter in London überließ ihm anschließend alle geheimen Briefe für Maria Stuart, die er in den letzten zwei Jahren gesammelt
hatte, aber wegen der fehlenden Gelegenheiten nicht hatte übergeben können. Der Codebrecher Phelippes hatte nun alle Hände
voll zu tun, um die ihm vorgelegten Kopien der Briefe zu entschlüsseln und den Text an Walsingham weiterzureichen. Obwohl
Maria Stuart stets sehr vorsichtig formulierte und Namensnennungen vermied, schälten sich dennoch langsam Namen einzelner
Personen heraus. Anthony Babington, ein ehemaliger Page der inhaftierten schottischen Königin, plante den
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