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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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ich seine schwarze Jacke aufleuchten. Er sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Fußball-Papa, der an seine Hypothek denkt und sich Sorgen macht, und mir fiel ein, dass die beste Fassade der Gallagher Akademie die Menschen waren, die ihr angehörten.
    »Wie läuft’s denn so da vorne, Duchess?«, fragte ich, und Bex giftete zurück: »Ich hasse den blöden Decknamen!«
    »Okay, Prinzessin«, sagte ich.
    »Cam –«, fing Bex an, aber bevor sie ihre Drohung ausstoßen konnte, hatte ich Liz’ Stimme im Ohr.
    »Chamäleon, wo bist du denn?«, schimpfte Liz. »Ich hab dich schon wieder verloren!«
    »Ich steh am Tauchbecken, Bücherwurm.«
    »Wink doch mal kurz!« Ich konnte fast hören, wie Liz sichauf die Zehenspitzen stellte und durch die Menschenmenge spähte.
    »Das verfehlt aber dann den Zweck oder nicht?«, meinte Bex.
    »Wie kann ich dir aber folgen, wenn du Mr Smith folgst und ich dich nicht … vergiss es«, sagte Liz. »Ich kann dich sehen.«
    Ich schaute mich um und dachte: Kein Wunder, dass ich schwer zu entdecken bin. Ich saß vor aller Augen auf einer Bank und hätte sogar mit einer großen Leuchtreklame auf dem Kopf nicht sichtbarer sein können. Die meisten Leute verstehen nicht, wozu das bei Observierungen gut sein soll. Niemand, nicht einmal eine meiner besten Freundinnen, guckte zweimal auf das durchschnittlich aussehende Mädchen in Klamotten vom letzten Jahr, das auf einer Parkbank sitzt und einen Hotdog isst. Wenn man still und durchschnittlich genug sein kann, ist es ein Klacks, sich unsichtbar zu machen.
    »Er dreht sich um«, sagte Bex leise, und ich wusste, jetzt ging es um alles oder nichts. Roseville wirkte zwar wie ein Kaff, aber Professor Smith ließ es nicht darauf ankommen. Er machte kehrt, also erhob ich mich von meiner Bank und steuerte ruhig den Bürgersteig an. Ich wusste, dass er auf mich zu und an Bex vorbei käme, die den Kopf einzog und ein gleichgültiges Gesicht machte. In diesem Moment hätten viele Leute die Nerven verloren. Eine Anfängerin hätte auf ihre Uhr geschaut, sich blitzschnell umgedreht und so getan, als ob ihr gerade eingefallen wäre, dass sie eigentlich ganz woanders sein sollte, aber nicht Bex – sie ging einfach weiter.
    Die halbe Stadt schien auf dem Jahrmarkt zu sein, also befanden sich viele Fußgänger auf dem Bürgersteig zwischen Mr Smith und mir (eine sehr gute Sache). Den Leuten fallen Dinge nicht halb so schnell auf wie Bewegungen. Deshalb blieb ich regungslos stehen, als Professor Smith sich plötzlich umdrehte. Als er weiterging, wartete ich fünf Sekunden ab. Dann folgte ich ihm. Aber die meiste Zeit dachte ich an das, was mein Vater immer gesagt hatte – eine Beschattung sei kein Faden, sondern ein Gummiband, das sich dehnt, vor und zurück, rein und raus, unabhängig von der observierten Person. Wenn mich irgendwas interessierte, blieb ich stehen. Wenn jemand etwas Witziges sagte, lachte ich. Als ich an einer Eisbude vorbeikam, kaufte ich mir ein Eis, ließ Mr Smith aber nie aus den Augen.
    Das heißt jedoch nicht, dass die Sache einfach war. Überhaupt nicht. Meinen ersten Einsatz hatte ich mir immer so vorgestellt: Ich musste streng geheime Akten oder Ähnliches zurückholen. Nie hätte ich gedacht, dass ich meinen LdW-Professor auf einem Jahrmarkt beschatten würde, um herauszufinden, was er zu seinem Donut trinkt. Das Verrückte an der Sache war, dass es VIEL, VIEL SCHWIERIGER als Aktenbeschaffen war! Professor Smith benahm sich, als ob KGB-Killer bereits auf dem Weg nach Roseville wären, und benutzte jede Technik der Gegenobservierung, die im Buche steht (oder zumindest in dem Buch, das ich gelesen habe). Ich begriff, wie anstrengend es für ihn sein musste. Er konnte ja nicht einmal seinen geliebten Donut genießen, ohne sich ständig umzudrehen, die Ecken zu sichern und falsche Spuren zu legen.
    Einmal wurde es ziemlich heiß, und ich war sicher, dass er mich entdecken würde. Da mischte ich mich unter ein Grüppchen älterer Damen. Dann stolperte eine über den Bordstein, und ich streckte instinktiv meine Arme aus, um sie zu retten. Mr Smith blieb an einem dunklen Schaufenster stehen undbetrachtete das Spiegelbild in der Scheibe, aber ich war fast zehn Meter hinter ihm und in einer Woge aus grauen Haaren und Kunstfasern verborgen, was gut war. Dann drehten sich die Frauen allerdings nach mir um, was schlecht war.
    »Dankeschön, meine Liebe«, sagte die ältere Frau. Sie kniff die Augen zusammen. »Kenne ich Sie?«
    In diesem Moment

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