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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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Leute rannten auf mich zu, boten mir Handtücher an und fragten, ob sie mich nach Hause fahren könnten.
    Ja, klar, ich errege überhaupt kein Aufsehen, dachte ich, bedankte mich so unauffällig wie möglich und flitzte davon. Auf halber Strecke zog ich einen Zwanzig-Dollar-Schein aus der Tasche, kaufte mir ein »Go Pirates!«-Sweatshirt und zog es an.
    In meinem Ohr war das Knistern aus dem Stöpsel einem dumpfen Nichts gewichen. Mit einem Schlag wurde mir klar, dass mein kleines silbernes Kreuz zwar auf dem neuesten technischen Stand, aber keineswegs wasserfest war. Bex’ Fußballtypen schlurften vorbei, aber kein einziges Auge fiel auf mich. Als Mädchen hätte ich nichts gegen ein heimliches Abchecken gehabt, aber als Spionin war ich total erleichtert, dass der Wet-Look meine Geheimaktion nicht allzu sehr beeinträchtigte. Ich ging auf den Donutstand zu und wusste, dass schon hinter der nächsten Ecke eine Katastrophe lauern konnte. Und genau so war es.
    Bex und Liz saßen nebeneinander auf einer Bank, während Mr Smith vor ihnen hin und her stapfte und wirklich beängstigend aussah. Sein neues Gesicht hatte schon immer streng gewirkt, aber erst, als er sich über Liz beugte und brüllte, fielen mir die harten Linien auf. »Miss Sutton!« Liz schrumpfte zusammen, aber Bex verschränkte die Arme und sah gelangweilt aus. »Ich will wissen, was Sie hier machen!«
    »Miss Baxter!« – er wandte sich an Bex – »Sie verraten mir jetzt auf der Stelle, warum Sie und Miss Sutton den Campus verlassen haben! Erklären Sie mir, warum Sie mir seit einer halben Stunde folgen und –« Ich beobachtete, wie sich seine Miene veränderte, als ihm etwas klar zu werden schien. »Und Sie verraten mir, wo Mr Solomon sich in diesem Augenblick aufhält!«
    Bex und Liz sahen sich lange an, bevor Bex antwortete. »Ich hatte Heißhunger auf einen Hotdog.«
    Auf die mangelhafte Zubereitung der Würstchen in der Gallagher Akademie habe ich ja bereits hingewiesen, aber Mr Smith nahm ihr diese Erklärung nicht ab, was völlig in Ordnung war. Er sollte sie ihr ja auch gar nicht abnehmen. Er hatte die wahre Botschaft laut und deutlich vernommen – Bex und Liz verrieten nichts.
    Ich war stolz auf sie.
    Dann fiel mir ein, dass ich ja vielleicht auch mal etwas tun sollte. Schließlich war unser Einsatz noch nicht vorbei. Es gab weiterhin Hoffnung. Sicher war noch etwas zu retten. Sicher …
    Ich fing an, Mr Solomon zu hassen. Zuerst schickt er uns los, um einen Typen zu verfolgen, der mit ziemlicher Sicherheit mindestens eine von uns schnappen würde, aber er bringt uns nicht bei, was man tut, wenn man geschnappt wird! Sollte ich Mr Smith vielleicht ablenken und hoffen, dass Bex und Liz sich währenddessen davonschleichen können? Sollte ich mir eine Waffe suchen und ihn von hinten überfallen? Oder sollte ich einfach nur über die Straße schlendern und meinen rechtmäßigen Platz neben meinen Freundinnen auf der Strafbank einnehmen?
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass der Übernacht-Express vorbeifuhr. Er hätte anhalten und eine Armee hätte herausströmen und den Tag retten können, aber nichts davon geschah. Und ich wusste auch sofort, weshalb. Die Straße war voller Menschen, die von der Macht dieser Mädchen auf der Bank nichts erfahren durften. Ich hätte die Schwestern retten können, aber nicht auf Kosten der Schwesternschaft.
    »Stehen Sie auf!«, sagte Mr Smith zu Liz. Er warf eineCola-Flasche in die nächste Abfalltonne. »Wir beenden dieses Gespräch in der Schule.«
    Ich blieb im Schatten und sah zu, wie Bex und Liz vorbeigingen. Du weißt, dass du dich echt im Verborgenen bewegst, wenn deine allerbesten Freundinnen auf der Welt keine zehn Meter von dir entfernt vorübergehen und keine Ahnung haben, dass du da bist. Aber es war das Beste so, sagte ich mir. Schließlich war ich immer noch ein Mädchen mit einem Auftrag.
    Ich wartete, bis sie um die Ecke gebogen waren. Dann überquerte ich langsam die Straße. Niemand beachtete mich. Keine Seele fragte nach meinem Namen oder sagte mir, wie sehr ich meiner Mutter glich. Ich brauchte mir den unangenehm traurigen Blick in den Augen anderer Leute nicht anzusehen, wenn sie erkannten, dass ich Cammie Morgan war – eine von den Morgans –, das Mädchen mit dem toten Vater. Auf den Straßen von Roseville war ich ein ganz gewöhnliches Mädchen, und es fühlte sich so gut an, dass ich eigentlich gar keine Lust hatte, mit einem Papiertaschentuch in die Abfalltonne zu langen und die

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