Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
Vom Netzwerk:
beschrieben worden ist,wunderte ich mich, wie schwer es ist, in der Stadt rumzulaufen, wenn man tatsächlich gesehen werden will.
    Nachdem wir einige Minuten lang unseren Füßen auf dem Pflaster gelauscht hatten, merkte ich, dass etwas fehlte. Unterhaltung. Sollten wir uns nicht unterhalten? Ich zerbrach mir den Kopf, aber mir fiel nichts ein, außer: »Wie findest du die neuen satellitengesteuerten Detonatoren, die eine Reichweite von zwölf Meilen haben?« Oder: »Hast du schon die neue Übersetzung des Buches Die Kunst der Spionage gelesen? Mir gefällt das Buch allerdings in der chinesischen Originalfassung besser – « Ich wünschte mir fast, dass er sich auf mich stürzen, ein Messer ziehen oder Japanisch sprechen würde. Nichts davon geschah, und so wusste ich einfach nicht, was ich tun sollte. Er ging weiter. Also ging auch ich weiter. Er lächelte, also lächelte ich zurück. Er ging um die Ecke (ohne mittels Strembesky-Technik herauszufinden, ob er beschattet wurde, was echt schlampig von ihm war), und ich folgte ihm.
    Wir bogen wieder um eine Ecke, und ich wusste von den Fahrstunden, dass wir zu einem Spielplatz kamen.
    »Dort hab ich meinen Arm gebrochen«, sagte er und zeigte auf das Klettergerüst. Dann wurde er rot. »Es war ein richtiges Gefecht – Leichen überall – du hättest den anderen Jungen sehen sollen!«
    Ich lächelte. »Klingt wild.«
    »Wilder wird es in Roseville nicht.« Er lachte und kickte einen Stein, der über die leere Straße in eine Abflussrinne schlitterte. »Meine Mutter ist total ausgeflippt. Sie schrie und versuchte, mich zum Auto zu schleifen.« Er lachte leise und fuhr sich dann mit der Hand durch die lockigen Haare. »Sie ist ein bisschen anstrengend.«
    »Ja«, sagte ich lächelnd. »Ich weiß, was du meinst.«
    »Nein«, sagte er. »Deine Mutter ist sicher cool. Ich kann mir nicht vorstellen, die Länder kennenzulernen, die du gesehen hast. Meine Mutter kocht und bäckt immer nur, weißt du? Als ob eine Kuchensorte nicht reichen würde. Nein, es müssen unbedingt drei verschiedene sein und –« Seine Stimme wurde leise, als er mich ansah. »Ich wette, deine Mutter ist anders.«
    »Oh, nein«, sagte ich schnell. »Sie ist genauso.«
    »Das heißt, ich bin nicht der Einzige, der beim Essen acht Gänge abzusitzen hat?«
    »Machst du Witze?«, sagte ich. »Das gibt’s bei uns ständig.« (Wenn man unter fünf Flaschen Diät-Cola und drei Twinkies acht Gänge versteht!)
    »Echt? Ich dachte, wegen des Friedenscorps und –«
    »Machst du Witze?«, fragte ich zum zweiten Mal. »Familienleben ist ihnen unheimlich wichtig und« – ich dachte an den Riesenstoß Kataloge – »Dekorieren.«
    »Genau!«, sagte er. »Da wird über Nacht entschieden, dass du neue Vorhänge brauchst. Einfache Vorhänge tun es nämlich nicht mehr, und du brauchst plötzlich gestreifte!«
    Einfache Vorhänge? Gestreifte? In was für eine Gesellschaft war ich da hineingestolpert? Dafür sollte ich extra LdW-Punkte bekommen! Wir gingen eine kurvige Straße mit gepflegtem Rasen und perfekten Blumenbeeten entlang. Es schien fast unmöglich, dass all das nur wenige Kilometer von der Gallagher Akademie entfernt sein sollte. Ich bekam einen Stadtrundgang vor der Mauer geboten und lernte etwas kennen, was kein Gallagher Girl kannte (dieses Gallagher Girl jedenfalls nicht) – eine normale amerikanische Familie.
    »Hier ist es echt schön. Es ist ein richtig schöner … Abend«,sagte ich wahrheitsgemäß. Es war frisch, aber nicht kalt, und nur wenige dünne Wolken zogen über den Sternenhimmel.
    »Wie war’s denn so?«, fragte er. Was war wie? »Die Mongolei? Thailand? Das ist doch –«
    »Eine ganz andere Welt«, sagte ich. Und es stimmte – ich war aus einer anderen Welt, nur befand sie sich in unmittelbarer Nähe von seiner.
    Dann tat er etwas Supercooles. Wir standen unter einer Straßenlaterne, und er sagte: »Warte mal! Du hast da eine –« Und dann strich er mit dem Finger über meine Wange. »Wimper.« Er streckte sie mir auf seinem Finger entgegen. »Du darfst dir was wünschen!«
    Aber in diesem Moment war ich wunschlos glücklich.
    Ich weiß nicht, wie lange wir auf den Straßen von Roseville entlanggewandert waren, weil ich zum ersten Mal seit Jahren die Zeit völlig vergaß.
    »Du hast natürlich keine beknackten Lehrer«, meinte er lachend, nachdem er mir eine Geschichte über seinen verrückten Trainer erzählt hatte.
    »Oh, du würdest dich wundern!«
    »Erzähl mir was

Weitere Kostenlose Bücher