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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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»Cammie, ich hab mit deiner Mutter gesprochen, und sie hat gesagt, wir können am Samstag alle in die Stadt gehen!«, dann habt ihr euch getäuscht.
    Jeder Augenblick, den ich in der Stadt verbrachte, wenn sie von Gallagher Girls wimmelte, war ein Moment, in dem meine Mitschülerinnen mich mit Josh sehen konnten oder Josh mich mit ihnen. Trotzdem schaute ich Bex über den Frühstückstisch hinweg an, spürte die Trauer, die ich seit Tagen mit mir herumschleppte, und obwohl Liz mir zuflüsterte: »Cam, das ist ein großes Risiko!«, wusste ich, dass ich gehen musste. Ich brauchte ein paar Stunden, um zu vergessen.
    Am Samstagmorgen sausten die Mädchen aufgeregt durch die Zimmer, rafften ihre Einkaufslisten für Weihnachten zusammen und schauten nach, was es im Kino gab. (Ich hatte natürlich beide Filme schon mit Josh gesehen.) Einige fuhrenmit Kleinbussen der Gallagher Akademie in die Stadt, aber ich wollte lieber mit dem Rest des zweiten Jahrgangs zu Fuß gehen und staunte, wie das vertraute Gelände bei Tageslicht aussah.
    Als wir in der Stadt ankamen, rieb ich mir die Schläfen. »Oh«, sagte ich, »mein Kopf bringt mich um. Hat irgendjemand ein Aspirin?« Meine Mitschülerinnen schauten in ihren Taschen nach, aber keine konnte Tabletten finden (wohl, weil ich alle in der Nacht geklaut hatte).
    »Geht schon mal ohne mich weiter«, sagte ich, als wir den Marktplatz erreichten. »Ich lauf schnell in die Apotheke.« Keine Lüge.
    »Der Film fängt in zehn Minuten an«, erinnerte mich Bex, aber ich war schon unterwegs und rief noch: »Ich seh euch im Kino!«
    Mein Plan war nicht schlecht. Ich könnte zwei Stunden mit Josh verbringen, mich dann ins Kino schleichen, auf dem Heimweg ein bisschen über den Film reden, und keiner wüsste, dass ich mir den Streifen überhaupt nicht angeschaut hatte.
    Die Tür bimmelte. Ich war noch nie mit Josh in der Apotheke gewesen, weil ich es immer besser fand, mich woanders mit ihm zu treffen. Aber er hatte gesagt, dass sein Vater von ihm verlangte, am Samstag für ihn zu arbeiten. Da man uns Mädchen erlaubt hatte, die Stadt zu besuchen, wollte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen.
    Ich ging an den Tresen und redete mit der Frau, die dahinterstand. »Hi. Ist Josh da?«
    »Hallo, Cammie!«, sagte ein Mann hinter mir. Ich drehte mich um und sah, dass Mr Abrams auf mich zukam. Er trug einen weißen Kittel. Jemand hatte seinen Namen auf die Brusttaschegestickt. Ich hatte das Gefühl, gleich meine Zähne gereinigt zu bekommen. »Was für eine nette Überraschung!«
    »Oh, hallo, Mr Abrams.«
    »Ist das dein erster Besuch in unserem kleinen Laden?«
    »Ja, es ist …« – ich schaute mich um und betrachtete die langen Reihen mit Hustensaft, Verbänden und Grußkarten für jede Gelegenheit – »… schön hier.«
    Mr Abrams strahlte. »Josh liefert gerade Ware aus. Er müsste aber bald zurück sein. Inzwischen gehst du an die Theke und bestellst dir jedes Eis, das du möchtest – natürlich umsonst. Na, wie klingt das?«
    Ich blickte hinter mich und sah eine altmodische Cola-Zapfsäule und Eistheke, die sich über die ganze Rückwand erstreckte. »Das klingt fantastisch!« Absolut keine Lüge.
    Mr Abrams lächelte mich an und ging auf eine schmale Treppe zu, aber bevor er hinaufstieg, drehte er sich noch einmal um und sagte: »Cammie, du bist jederzeit willkommen!«
    Er verschwand um die Ecke. Es war fast traurig, ihn gehen zu sehen.
    Die Eistheke war glatt unter meinen Händen, als ich vor dem riesigen Spiegel, der dahinter hing, entlangging. Die Frau folgte mir und zog sich eine Schürze an, während ich auf einen der alten Metallhocker kletterte.
    Auf einem Schild über der Bar stand: »Wir sind stolz darauf, Coca-Cola seit 1942 zu servieren«. Auf der Theke befand sich ein hohes Glas mit Strohhalmen. Die Frau zuckte mit keiner Wimper, als ich einen doppelten Schokoladeneisbecher bestellte, und zum ersten Mal seit Wochen fühlte ich mich fast normal.
    Draußen war es November und kalt, aber die Sonne schiendurch die Schaufenster und wärmte meine Haut, während ich mein Eis aß und in einen traumartigen Trancezustand geriet.
    Dann hörte ich das Bimmeln der Messingglöckchen über der Tür.
    Ich drehte mich nicht um. Es war nicht nötig. Die Frau, die mich bedient hatte, zog ihre Schürze aus und ging an den Verkaufstresen. Der kleine Löffel verharrte auf halber Strecke zu meinem Mund, als ich Anna Fettermans Spiegelbild sah.
    »Können Sie mir helfen?«, fragte Anna,

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