Spionin in High Heels
Schreibtisch aus heller Eiche, der in der Mitte des Raums stand. Darauf befanden sich ein großer ledergebundener Kalender, ein Computerbildschirm, ein Telefon mit einer Unmenge kleiner Knöpfe, ein Federhalter und ein Stapel dicker Akten. Das Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte wie wild. Kein gutes Zeichen.
Nach einem kurzen Moment der Überwindung setzte ich mich an den Schreibtisch und stellte den Monitor an. Glücklicherweise hatte Richard sich das letzte Mal, als er hier gewesen war, nicht aus dem System ausgeloggt, und ich musste nur ein paar Minuten herumklicken, bis ich in seinem Adressbuch die Telefonnummer seiner Mutter in Palm Springs gefunden hatte. Ich zog einen Block mit Klebezetteln heran, notierte die Nummer und steckte das Papier in die hintere Hosentasche. Mission erfolgreich abgeschlossen. Eigentlich machte ich mich gar nicht schlecht als Detektivin.
Ich stellte den Monitor aus, legte den Zettelblock weg und stand auf, als meine Augen noch einmal von dem dicken Aktenstapel angezogen wurden. Voller verbotener, geheimer Dokumente. Ich warf rasch einen Blick über die Schulte r – völlig unnötig, aber irgendwie fühlte ich mich so sicherer. Nein. Niemand beobachtete mich. Hier waren nur ich und die Akten. Sonst niemand.
Ich versuchte zu widerstehe n … aber ich war auch nur ein Mensch.
Und so nahm ich die oberste Akte von dem Stapel herunter, wohl wissend, dass, falls Richard mich damit sähe, er erst einen Anfall bekommen und mir dann einen endlosen Vortrag zum Thema »vertraulich« halten würde. Aber es handelte sich um einen Notfall. Ich war möglicherweise schwanger. Und auf keinen Fall würde ich ohne ihn diesen blöden Test machen. Er hatte mich in diese Lage gebracht, jetzt sollte er verdammt noch mal auch dabei sein, wenn ich auf das Stäbchen pinkelte.
Mit ruhigem Gewissen öffnete ich die erste Akte.
Worthington gegen Patterson. Zu meiner Enttäuschung befanden sich darin nur Gerichtsdokumente. Für mich hätten die Unterlagen auch in einer fremden Sprache verfasst sein können. Die einzigen Worte, die ich verstand, waren »die« und »Partei«. Hier würde ich wohl nicht fündig werden.
Ich warf die Akte zurück auf den Stapel und hoffte, dass ich wenigstens in einer von ihnen eine Erpressungsforderung, eine Todesdrohung oder einen Vertuschungsversuch fand. Schließlich schnüffelte ich ja nicht nur aus reiner Neugier hier herum.
Ich griff nach Elmer gegen Wainwright.
»Was tun Sie da?«
Mein Kopf fuhr so schnell hoch, dass ich fast ein Schleudertrauma erlitten hätte.
In der Tür stand niemand anders als der geheimnisvolle Unbekannte. Niemand. Mein Herz setzte einen Moment aus, und ich versuchte, die Pistole an ihm zu entdecken. Gottlob sah ich keine. Und da das marineblaue T-Shirt und die Levi’s eng an seinem Körper saßen, konnte ich auch sicher sein, dass er sie nirgendwo versteckt hatte. Er sah aus, als würde er Sport treiben. Viel und oft. Dana wäre stolz auf ihn.
»Also?«
Also was? Oh, ja richtig. Was ich hier machte.
»Ich suche Richard«, quiekte ich. Bei seinem Anblick hatte ich mich plötzlich in Minnie Maus verwandelt. Ich räusperte mich und versuchte mir einzureden, dass er mir keine Angst einjagte. Immerhin befanden wir uns in einer Anwaltskanzlei. Er konnte mich ja schlecht hier auf der Stelle umbringen.
Ich trat einen Schritt zurück. Vorsicht war besser als Nachsicht.
»Was für ein Zufall«, erwiderte er. Seine Stimme war viel tiefer und sanfter, als ich erwartet hatte. »Ich auch. Hatten Sie Erfolg?«
Ich schüttelte den Kopf, weil ich Angst hatte, ich würde mich wieder wie Minnie anhören, wenn ich den Mund aufmachte. Diesem Typ stand »Gefahr« mit dicken Lettern auf die Stirn geschrieben. Und das lag nicht nur an der möglicherweise doch vorhandenen Waffe. Da war der harte Zug um den Mund, die Entschlossenheit in seinem Blick, den er jetzt durch den Raum wandern ließ, und die weiße Narbe über seiner Augenbrau e – und die stammte nicht, da würde ich meine Spigas drauf verwetten, von einem Schnitt an einer scharfen Papierkante.
Er trat langsam an Richards Schreibtisch und warf einen Blick auf die Akte, die ich gerade zu lesen versucht hatte. »Steht da was Interessantes drin?«
»Keine Ahnung. Ich spreche nicht Rechtsanwaltisch.«
Sein Mundwinkel zuckte leicht. »Süß.«
»Danke!«
Er lehnte sich lässig gegen die Tischkante und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Bizeps drückte sich gegen die Ärmel seines T-Shirts,
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