Spionin in High Heels
Bühne in der Ecke schreckliche Karaoke-Laute hörte. Ein schwammiger Mann mittleren Alters schmetterte einen Song von Shania Twain.
Dana bestellte schnell zwei Wodka Martinis mit Extraoliven bei ihrem Freund, dem Barkeeper, der aussah wie Bruce Lee und ganz in Schwarz gekleidet war. Wenn ich irgendwann in meinem Leben einmal einen Martini dringend nötig gehabt hatte, dann war es heute. Trotzdem änderte ich meine Bestellung in eine Diät-Cola um. Meine heutige selbstlose Tat Nummer zwei. Als unsere Getränke kamen, hatte Dana gerade genug Zeit gehabt, eine Olive zu kauen, da packte Bruce Lee auch schon ihre Hand und zog sie vor die Karaoke-Maschine, um mit ihr ein Duett von American Pie zu singen.
Ich saß an der Bar und trank meine Diät-Cola. Normalerweise meide ich das Gedränge der Happy Hour. Ich mag es lieber, wenn ich mich mit meinen Freunden tatsächlich unterhalten kann, wie bei Starbucks oder bei Nordstrom. Meine Vorstellung von einem unterhaltsamen Abend ist ein Abendessen und ein Film mit Julia Roberts. Aber im Moment wirkte das laute, anonyme Gedränge merkwürdig beruhigend auf mich. Wie eine von miserablen Gesängen begleitete Flucht aus meinem wirklichen Leben.
Meine Hände zitterten nur ganz wenig, als ich noch einen Schluck von der Cola nahm. Kein echter Ersatz für einen Martini.
Zu gerne hätte ich gewusst, was jetzt in dem Motel vor sich ging. Hatte Ramirez unseren Tipp bekommen? Verhaftete er Greenway gerade in diesem Moment? Ich fragte mich, ob es vielleicht sogar beim Eintreffen der Cops zu einer großen Schießerei gekommen war. Gott, hoffentlich war niemand verletzt worden! Na ja, Metallica durfte sich von mir aus ruhig einen Schuss in den Hintern einfangen. Doch zu Tode sollte niemand kommen, am wenigsten ich, und deshalb blieb ich auch brav hier sitzen und nippte an meiner Cola, obwohl ich vor Neugierde fast umkam. Zwei Stunden würde ich noch warten und dann Ramirez anrufen und ihn so ganz nebenbei fragen, ob es irgendetwas Neues gäbe. Selbstverständlich würde ich nicht darauf herumreiten, dass ich und nicht die Polizei Greenway gefunden hatte. Ha, das hatte er mir sicher nicht zugetraut!
Dana drängelte sich zu mir durch, griff wieder nach ihrem Drink und nahm einen großen Schluck. »Oh mein Gott! Ich hatte vergessen, was für ein schlechter Sänger Liao ist.« Sie leerte ihr Glas und biss fest auf eine Olive. »Komm mit auf die Bühne. Als Nächstes singen wir ›I’ve Got You, Babe‹.«
»Nein, danke! Ich bin nicht in der Stimmung.«
Dana zog die Pagenkopfperücke schief auf eine Seite hinunter. »Alles in Ordnung mit dir?«
Nein, mit mir war nicht alles in Ordnung. Man hatte gerade auf mich geschossen.
Aber es war schon nett von Dana gewesen, den ganzen Weg hinaus ins Valley mit mir zu fahren, obwohl ich sie beinahe umgebracht hätte. Und deshalb gab es überhaupt keinen Grund, ihr auch noch den Abend mit Bruce Lee zu verderben.
»Ich komme schon klar«, sagte ich. Irgendwann.
»Bist du sicher?«
Ich setzte ein falsches Lächeln auf. »Ja. Alles in Ordnung. Wirklich.«
»Okay. Na dann, macht es dir etwas aus, wenn du alleine nach Hause fährst? Liao hat das Haussitting für so einen Typen aus den Hills übernommen und sagt, dass er einen Whirlpool hat, von dem aus man den Hollywood-Schriftzug sehen kann.«
Ich sah an ihr hinunter und hoffte, dass die Einladung nichts mit ihrem Minirock zu tun hatte. Aber wie ich Dana kannte, hoffte sie wahrscheinlich eher das Gegenteil.
»Ja, geh nur. Ich komme schon klar.«
»Cool. Ich rufe dich morgen an, und dann essen wir Bagels und lesen alles über die Verhaftung in der Zeitung.« Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu und verschwand in der immer noch größer werdenden Menge von Happy-Hour-Gästen.
Richtig. Die Verhaftung. Ich hoffte nur, dass es auch wirklich eine gegeben hatte. Wie gerne hätte ich jetzt gesehen, was in dem Motel vor sich ging. War Greenway verhaftet worden? Wenn ja, würde die muntere Reporterin es sicher sofort in den Abendnachrichten melden. Und wenn Richard sah, dass es Entwarnung gab, würde er vielleicht schon heute Abend wieder in seiner Wohnung sein. Ich nahm noch einen Schluck von meiner Diät-Cola und fragte mich, wie ich das finden würde.
Jetzt, da ich von Aschenbrödel wusste, war ich mir nicht mehr hundertprozentig sicher, wie die Dinge zwischen mir und Richard standen. Ich meine, ich war natürlich sauer auf ihn; schließlich war er mit einer dämlichen Disney-Prinzessin verheiratet.
Weitere Kostenlose Bücher