Spionin in High Heels
zurück.
»Jesses, Sie haben mich zu Tode erschreckt.«
Die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln erschienen, als er jetzt schmunzelte, als habe er genau das beabsichtigt. »Sie fangen an, echt lästig zu werden, wissen Sie das?«
»Tja, so sind wir Mädchen nun mal.«
»Wahrscheinlich kann ich Sie nicht davon überzeugen, jetzt nach Hause zu fahren, stimmt’s?«
Ich machte ein finsteres Gesicht, um ihm zu zeigen, dass ich so leicht nicht abzuschütteln war. »Nein, können Sie nicht. Ich weiß gar nicht, warum Sie denken, Sie könnten mich herumkommandieren. Weil ich eine Frau bin, nicht wahr?«
Sein Lächeln wurde breiter. »Nein. Weil ich eine Polizeimarke habe.«
Richtig. Tja, damit hatte er wohl recht.
Ich wechselte lieber das Thema. »Warum sind wir hier?«, fragte ich und deutete auf die in frühabendlicher Stille dösenden Häuser um uns herum.
Er warf einen Blick auf das Haus mit den Hula-Hoop-Reifen. »Aus keinem besonderen Grund.«
Aha! Als wenn ich das auch nur eine Sekunde geglaubt hätte. »Wer ist da drinnen?«, fragte ich und reckte den Hals, um an den gelben Fensterläden vorbeizusehen.
Ramirez schüttelte den Kopf. »Glauben Sie mir, das wollen Sie gar nicht wissen.«
»Jetzt machen Sie es schon wieder. Sie sagen mir, was ich will und was ich nicht will. Stehen Frauen wirklich auf diese sexistische Tour?« Aber noch während ich es aussprach, hatte ich keinen Zweifel daran.
Ramirez hatte wieder dieses Funkeln in den Augen, als würde er mich jeden Augenblick verhaften und obendrein seinen Spaß daran haben. »Okay, wollen Sie es wirklich wissen?«
Ich zögerte. Aber ich war nicht so weit gefahren, um mich dann von einem Mann einschüchtern zu lassen, der glaubte, mir sagen zu können, was ich zu tun und zu lassen hatte, nur weil er mehr Sex-Appeal hatte als Brad Pitt in einer Toga. Ich straffte die Schultern. »Ja.«
»Na gut! Dann kommen Sie mit rein.«
Das war zu einfach. Es gab bestimmt einen Haken. Aber nachdem ich einen solchen Aufstand gemacht hatte, gab es jetzt kein Zurück mehr. (Und ich muss zugeben, dass es immer noch verlockender war, mit Ramirez dort hineinzugehen, als alleine in meiner Einzimmerwohnung zu sitzen und darauf zu warten, dass Greenway mich überfiel und meinen Maissirup verspritzte.) Deshalb griff ich nach meiner Tasche und schloss den Jeep ab. Dann folgte ich Ramirez über die Straße und den rosengesäumten Weg entlang.
Die Haustür war in einem grellen Rot gestrichen und hatte ein Fenster aus orangefarbenem Glas. Ramirez klopfte und öffnete die Tür, ohne auf eine Antwort zu warten. Mich schob er vor sich ins Haus.
Hier war es wärmer als draußen, und es roch nach Tamale, Kiefernöl und Zuckerkeksen. Irgendwo im Haus spielte Musik, und ich hörte laute Kinderstimmen, sah aber niemanden. Ramirez führte mich in ein gemütliches Wohnzimmer, das vor Nippes aller Art überquoll. Bunte Glasvasen, eine Sammlung von Wackelkopfpuppen der Anaheim Angels, selbst gehäkelte Decken in leuchtenden Grün- und grellen Pinktönen, Glaskerzenständer, die mit dem Bild der Jungfrau Maria bemalt waren, bedeckten jede nur halbwegs verfügbare Fläche. In der Ecke döste ein Mann in einem alten Arbeitshemd und Jeans in einem tieforangefarbenen Fernsehsessel. Ein schwarzer Cowboyhut lag auf dem Beistelltisch daneben. Der Fernseher, den ich von der Straße aus gesehen hatte, war auf stumm gestellt, und auf dem Bildschirm lief ein Western mit John Wayne.
Vom Wohnzimmer aus konnte ich einen Blick in die Küche aus blauem Resopal werfen, in der runde Frauen geschäftig hin und her eilten und sich sehr schnell auf Spanisch unterhielten.
Ich fragte mich, ob es so klug gewesen war, Ramirez zu begleiten. Ich hatte gedacht, dass er einen Verdächtigen verhören, in eine Vorstadtcrackhöhle einbrechen oder sogar dem Nachbarn von Greenways Cousin zweiten Grades Informationen abpressen würde. Aber mir schwante, dass ich in etwas viel Schlimmeres geraten war.
»Hallo?«, rief Ramirez.
Das Spanisch verstummte, und fünf kleine Gesichter erschienen in der Küchentür. Alle hatten seinen braunen Teint und dichtes, welliges, schwarzes Haar. Eine Frau schien ungefähr in meinem Alter zu sein; die anderen hatten leichte Falten und graue Strähnen in den Locken.
Die Kleinste (und keine von ihnen war größer als eins dreiundfünfzig) schlug die Hände zusammen, als sie Ramirez erblickte. » Mijo , du bist gekommen!«
»Natürlich.« Ramirez ging zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die
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