Spionin in High Heels
Wange. »Du hast doch nicht etwa geglaubt, dass ich deinen Geburtstag vergessen würde, Mama?«
Mama? Oh oh! Mein ungutes Gefühl bestätigte sich.
Ich zupfte an dem Saum meines Kleides. Vielleicht würde es ja acht Zentimeter wachsen, wenn ich es mir nur inständig genug wünschte. In diesem Kleid die Mutter von jemandem, egal wem, kennenzulernen, war alles andere als angenehm, und erst recht, wenn sie Zuckerkekse backte. Wenn ich ganz langsam rückwärtsging, konnte ich möglicherweise mit dem Rest an Würde, der mir noch geblieben war, unauffällig durch die Haustür verschwinden.
Als wenn er meine Gedanken erraten hätte, sagte Ramirez: »Mama, das ist Maddie.«
Ich erstarrte, als sich fünf braune Augenpaare auf mich richteten. So viel zum unauffälligen Verschwinden.
Mama besah mich von Kopf bis Fuß. Sie hob eine dicke Augenbraue und sah Ramirez an. Die anderen Frauen starrten mich nur an, die Augen groß und rund wie ihre sanften Gesichter. Alle außer der Jüngsten. Sie musterte mich argwöhnisch und presste die Lippen aufeinander.
»Maddie, das ist meine Schwester BillieJo und meine Tanten Swoozie, Cookie und Kiki.«
Die Tanten staunten. BillieJo schaute böse.
»Hi!«, sagte ich. Ich winkte schwach mit einem Finger. Niemand winkte zurück.
Ich spürte, wie das Wort »Nutte« auf meiner Stirn aufleuchtete wie eine Leuchtreklame. »Ich, äh, ziehe mich normalerweise nicht so an«, sagte ich schnell. Meine Wangen waren röter als Rudolphs Nase.
Mama musterte mich langsam. Ihr Blick blieb an meinem Kleidersaum hängen. Verlegen zog ich ihn erneut herunter.
»Hübsche Beine«, sagte sie.
»Ä h … « Mir fiel keine passende Antwort ein. Ich wandte mich Hilfe suchend an Ramirez. Aber von dort würde keine Hilfe kommen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und wippte auf den Absätzen, ein Grinsen auf dem Gesicht, das unmissverständlich deutlich machte, dass dies die Rache dafür war, dass ich ihm gefolgt war.
»Danke!«, brachte ich schließlich heraus.
»Früher hatte ich auch solche Beine«, fuhr Mama fort. »Als ich noch keine Kinder hatte. Kinder ruinieren die Beine. Krampfadern, Cellulite. Das ist nicht schön. Haben Sie Kinder?«
»Nein. Keine Kinder.« Noch nicht.
»Schön für Sie. Bewahren Sie sich diese Beine, solange Sie können. Ich bekam mein erstes Kind mit siebzehn. Wie alt sind Sie?«
»Ähem. Neunundzwanzig«, antwortete ich. Doch es hörte sich eher wie eine Frage an, als würde ich hoffen, die richtige Antwort in einem Quiz gefunden zu haben.
»Oh.« Mama beugte sich näher zu mir und flüsterte: »Sind Sie unfruchtbar?«
Ich glaube, ich hörte Ramirez prusten.
»Nein! Nein, ich bin nicht unfruchtbar. Ich bin nu r … ich arbeite.«
»Oh! Na dann! Schön für Sie. Eine Karrierefrau. Ich wollte immer eine Karrierefrau sein. Ich glaube, ich hätte eine sehr gute Feuerwehrfrau abgegeben.«
Ich unterdrückte ein Lachen, als ich mir vorstellte, wie die korpulente Mama jemanden aus einem brennenden Gebäude schleppte.
»Was arbeiten Sie denn?«, fragte sie.
»Ich entwerfe Schuhe.«
Mama sah hinunter auf meine Acrylschuhe mit ihren klobigen Absätzen.
»Nicht diese«, ergänzte ich hastig. »Ich entwerfe Kinderschuhe.«
Mamas Miene hellte sich auf. »Seht ihr, sie mag Kinder. Sie ist in Ordnung. Sie gefällt mir.« Mama gab Ramirez einen Klaps auf die Wange.
»Freut mich«, sagte er. Er amüsierte sich offenbar königlich.
Auch mir gab Mama einen Klaps. Dann zeigte sie auf Ramirez. »Passen Sie auf, dass er Kondome benutzt. Sie müssen diese Beine, solange es geht, behalten.«
Beinahe hätte ich mich an meiner Zunge verschluckt. Ich sah Ramirez an, in der Hoffnung, er würde seine Mutter darüber aufklären, dass wir keinen Bedarf an Kondomen hatten. Aber er war ganz damit beschäftigt, nicht zu lachen.
»Nun«, sagte Mama zu niemandem Bestimmten, »die Tamales sind fertig. Lasst uns essen.«
Mamas stämmige Gestalt watschelte zurück in die Küche. Die Tanten folgten ihr, BillieJo als Schlusslicht. Sie warf mir einen letzten bösen Blick über die Schulter zu.
Ich überlegte immer noch, ob es zu spät war, die Flucht zu ergreifen, als ich Ramirez’ Atem in meinem Nacken spürte.
»Ich habe Ihnen ja gesagt, dass Sie nicht mit hineinkommen wollen«, murmelte er. Er feixte, dass es der Grinsekatze alle Ehre gemacht hätte, nahm mich an der Hand und zog mich in die Küche.
Das würde er mir büßen.
10
Ramirez führte mich in einen großen Garten, gegen den
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