Spionin in High Heels
brauchte, war eine kalte Dusche. Und dann einen Psychologen. Ramirez, die Hormonmaschine, hatte mich so durcheinandergebracht, dass ich mir nicht mehr über meine Gefühle im Klaren war. Eben noch hatte ich Emily-Erdbeer-Turnschuhe entworfen und mich gefragt, wann die süßen Wildlederschuhe wohl herabgesetzt würden, und jetzt jagte ich Mörder, verkleidete mich als Prostituierte und besuchte Pornoproduktionsstudios. Ganz zu schweigen davon, dass ich auf der Hochzeit meiner Mutter mit einem sexy Detective herumknutschte. Es war alles ein bisschen zu viel für mich.
Ich ließ Ramirez im Festsaal stehen und ging um die Ecke in die Lobby des Motels, ohne klare Vorstellung, was ich überhaupt vorhatte. Ich ging zur Rezeption.
»Entschuldigen Sie, wo sind die Damentoiletten?«
Der Empfangschef deutete auf einen schmalen Flur. »Den Flur hinunter, dann links.«
»Danke!« Ich ging durch den Flur, ohne auf die abblätternde Paisleytapete und den Veloursteppich unter meinen Füßen zu achten. Ich war so mit der Farce Law & Order trifft I love Lucy beschäftigt, zu der mein Leben geworden war, dass ich den Mann, der aus der Herrentoilette kam, erst sah, als ich mit ihm zusammenstieß.
»Oh, pardon, ic h – «
Ich verstummte. Meine Augen wurden groß, mein Mund blieb offen stehen, und mein Herz machte einen großen Satz. Ich hob den Blick und sah direkt in die perfekten blauen Augen von Mr Aschenbrödel in Person.
Richard.
16
»Maddie?« Richard sah sich mit wilden Blicken um, als befürchtete er, ich hätte die gesamte berittene Polizei im Schlepptau. Was ja vielleicht auch beinahe so war, wenn man die Hochzeitsgäste mitzählte. »Was machst du denn hier?«
Ich versuchte zu antworten, brachte aber keinen Ton heraus. Mir war, als sähe ich einen Geist. Wie immer trug er eine gebügelte Hose, das Button-down-Hemd am Kragen offen und darüber ein geschmackvolles Sakko. Er sah aus, als käme er gerade aus dem Büro oder von einem Treffen mit einem Mandanten und nicht, als sei er die ganze letzte Woche auf der Flucht gewesen. Ich hätte ihn gern berührt, nur um mich zu vergewissern, dass ich nicht halluzinierte.
Entweder das oder ihn auf die perfekt rasierte Wange geschlagen.
»Ich?«, brachte ich endlich mit erstickter Stimme heraus. »Was tust du hier?«
»Nichts.« Richard trat von einem Fuß auf den anderen und warf weiter prüfende Blicke über meine Schulter in die Lobby. »Ich meine, ich, äh, ich wohne hier für ein paar Tage. Ich brauchte mal eine Weile Abstand.«
Ich schnaubte. »Abstand von Greenway oder von der Polizei? Oh, ich weiß, vielleicht von deiner Frau.«
Er erstarrte. Sein Blick traf meinen. »Du weißt von ihr.«
»Richard, ich weiß alles.« Was eine leichte Übertreibung war.
»Hör mal, lass uns doch hoch in mein Zimmer gehen und miteinander reden.« Wieder blickte er unruhig über meine Schulter.
Ich überlegte. Ich hatte eine Million Fragen, angefangen mit der, was das mit dem Aschenbrödel sollte. Aber obwohl ich nicht glaubte, dass Richard an dem Loch in Greenways Kopf schuld war, zögerte ich doch, alleine mit ihm mitzugehen.
Er musste es gespürt haben, denn er nahm meine Hand in beide Hände und sah mich mit den traurigen Augen eines kleinen Jungen an, die mich immer dahinschmelzen ließen. »Bitte, Mäuschen.«
Ich atmete tief durch. »Na gut, gehen wir in dein Zimmer.« Ich redete mir ein, dass ich das nur tat, damit Molly, die Gebärmaschine, falls sie in die Lobby kommen sollte, nicht Zeugin wurde, wie ich ihn zusammenstauchte, weil er mit Aschenbrödel verheiratet war. Nicht weil ich, als er mich Mäuschen nannte, auf einmal von einer Sehnsucht nach der Zeit ergriffen wurde, als meine einzige Sorge war, ob ich meine Zahnbürste in Richards Badezimmerschränkchen lassen sollte. »Aber nur kurz«, fügte ich hinzu. »Ich muss zurück auf den Empfang.«
»Empfang?« Er sah mein Kleid an, als würde er die lila Scheußlichkeit erst jetzt bemerken.
»Ja, Empfang. Meine Mutter hat geheiratet. Die Trauung sollte in Malibu stattfinden, aber das Wetter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht, und wir musste n … «, ich ließ den Blick über den Vereinshausschick schweifen, »… hierher ausweichen. Du hättest mich eigentlich begleiten sollen, schon vergessen?«
»Richtig. Tut mir leid, Mäuschen.«
Aber er sah gar nicht so aus, als würde es ihm leidtun. Er sah nervös aus. Immer wieder schweifte sein Blick zur Lobby, als wenn jeden Augenblick jemand mit gezogener
Weitere Kostenlose Bücher