Spitze Buben
pflücken und nachsehen sollte, wer ihn da piesackte. Morpheus hämmerte erneut mehrmals auf ihn ein, und zwar an allen Stellen, an denen Schläge normalerweise Wirkung erzielen.
Schließlich und endlich hörte Lou Latsch auf, zu kämpfen. Nachdem sich ein Dutzend Männer auf ihn geworfen hatten.
14. Kapitel
Morpheus blickte schweratmend auf Lou Latsch hinunter. Ich betrat den Gastraum. »Glückwunsch«, flötete ich. »Du hast ihn geschafft.«
Morpheus musterte mich mit glasigen Augen, erkannte mich zunächst nicht und jammerte dann: »Mist! Du! Du hast mir gerade noch gefehlt!«
Ich wirbelte herum, weil ich rausfinden wollte, wer meinen besten Freund so entsetzte. Dem Kerl würde ich es geben! Aber er war zu schnell für mich. Hinter mir stand niemand.
Ich setzte meine verletzte Miene auf, die ich in der Freudenhöhle immer gut üben kann. Morpheus' Jungs nehmen mich regelmäßig mit ihrer Abneigung hoch. Natürlich spiele ich mit.
Ich stellte einen Tisch auf, schnappte mir einen Stuhl und machte es mir gemütlich. Dabei beäugte ich Lou Latsch. »Was ist passiert? Diesen Burschen muß man völlig stoned machen, bevor er auch nur nach einer Fliege schlägt.«
Morpheus holte mehrmals tief Luft, stellte sich einen Stuhl hin und setzte sich zu mir. »Hervorragende Frage, Garrett.« Lou Latsch rührte sich nicht. Im Gegenteil: Die Geräusche, die der Fleischberg ausstieß, hörten sich verdächtig nach Schnarchen an.
Morpheus Ahrm ist für einen erwachsenen Mann recht klein, aber er ist auch kein reinrassiger Mensch. Unter seinen Vorfahren befanden sich Dunkelelfen. Und er achtet sehr genau darauf, daß ihm sein menschliches Blut nicht in die Quere kommt.
Vielleicht liegt es ja an der Art der Mischung. Morpheus ist ein Sammelsurium von Widersprüchen, vor allem, was seinen Beruf angeht, der das krasse Gegenteil von seinem Hobby ist. Sein Körnerfressertempel ist zu einem Schlupfwinkel für die Hälfte aller Gauner in TunFaire geworden. Schon wieder ein Widerspruch: Die Hälfte seiner Kunden sind Schwerverbrecher, und die andere Hälfte entspricht genau den Gimpeln, von denen man erwartet, daß sie in einer solchen Kaschemme herumgammeln und an Knollen höchst zweifelhafter Herkunft nagen.
»Das hat der Junge gut gemacht«, stellte Morpheus fest und warf Poller einen Blick zu. Sein richtiger Name war Narzisio, doch den benutzte nur seine Mutter.
»Sehr gut«, pflichtete ich ihm bei. »Er hat mehr Mut als Verstand.«
»Das ist in unserer Familie erblich.«
»Was ist eigentlich passiert?«
Morpheus runzelte die Stirn, und statt mir zu antworten, erschreckte er alle Leute, als er brüllte: »Eiweiß! Schieb deinen heidnischen Hintern hierher!«
Mich überraschte sein Ton ebenfalls. Morpheus pöbelt sein Personal nur selten an. Er betrachtet sich gern als Gentlemangauner. Gentlemangauner sind aalglatt, als hätte man sie in Schweineschmalz gewälzt. Aber Gauner bleibt Gauner, und Morpheus ist einer der schlimmsten, weil er immer davonkommt. Ich sollte ihn auf den Boden der Realität zurückholen. Aber ich tu's nicht, weil er mein Freund ist.
Ein Schläger schlurfte aus der Küche heran. Er trug die Kleidung eines Kochs, aber seine vernarbte Visage zeigte die Spuren seines eigentlichen Berufs. Er war alt und sah so blöd aus wie ein Baumstumpf, aber er klärte endlich eine uralte Frage: Was wird aus harten Jungs, wenn sie lange genug leben, um alt zu werden? Sie werden Kellner. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, wie dieser Blödmann es geschafft hatte, zu überleben und hierherzukommen. Er sah aus wie ein Kerl, der schon eine Riesenportion Glück brauchte, nur um den nächsten Tag zu überstehen.
Vielleicht lieben die Götter ja die geistig Armen.
Morpheus krümmte einladend den Finger.
Eiweiß schlurfte auf uns zu, wobei er immer wieder zu Lou Latsch schielte. Der kam langsam wieder zum Vorschein, als die Jungs von ihm herunterkrabbelten und darangingen, ihren Kumpeln zu helfen, ihre Knochen zu sortieren.
»Schöne Scheiße, was?« fragte Morpheus liebenswürdig.
»Ja, Boß. Eine Riesenschweinerei.«
»Kannst du dir vorstellen, warum ich auf die Idee komme, daß es deine Schuld sein könnte? Kannst du dir vorstellen, was mir eingefallen ist, als mein Freund hier mich fragte, was passiert ist?«
Hören denn die Wunder niemals auf? Noch nie zuvor hatte er mich »Freund« genannt.
»Wahrscheinlich, weil ich eine Schwäche dafür habe, Schabernack zu treiben«, murmelte
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