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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Unfallprotokolls in Ihrer Patientenakte. In Ihrer E-Mail haben Sie einer Einsicht ausdrücklich zugestimmt.«
    Marc erinnerte sich dunkel an das Kästchen, das er in dem Downloadformular an geklickt hatte. An jenem Abend war ihm alles egal gewesen.
    »Haben Sie selbst den Bericht denn nie zu Gesicht bekommen?«
    Marc schüttelte den Kopf. Er hatte auch gar nicht erst danach gefragt. Auf weitere grauenhafte Details aus dem schrecklichsten Tag seines Lebens konnte er gut verzichten.
    »Ich verstehe«, sagte Bleibtreu. »Sie sind natürlich noch in der ersten Trauerphase.«
    Erstens: Nicht wahrhaben wollen. Zweitens: Aufbrechende Emotionen. Drittens: Suchen, sich finden, trennen. Viertens: Neuer Selbst-und Weltbezug. Marc kannte die Einteilung. Zu seinem Arbeitsbereich gehörte die Seelsorge für die Gestrandeten in seinem Büro, und dieses Schema hatte ihm geholfen, die Situation der Kinder besser zu verstehen, die einen Weggefährten auf der Straße verloren hatten. Doch für sich wollte er es nicht gelten lassen.
    »Ich leugne Sandras Tod nicht«, widersprach er. »Aber Sie wollen ihn verdrängen!«
    »Ich dachte, eben das ist der Weg, den Sie empfehlen, Professor? Vergessen!«
    Bleibtreu war neben ihn getreten und stand nun ebenfalls am Fenster. Draußen wurde es stürmisch, und der Wind drückte die Plane vor dem Baugerüst nach innen.
    »Nun, es mag paradox klingen«, sagte der Chefarzt. »Aber vor dem Vergessen kommt das Erinnern. Ich fürchte daher, wir müssen den Unfallhergang noch einmal gemeinsam durchgehen.«
    »Weshalb?« Marc drehte sich zu ihm.
    »Damit wir keine verstecken Erinnerungen übersehen, die später wie Unkraut aus dem Bodensatz Ihres Unterbewusstseins sprießen können.« Bleibtreu legte seine altersfleckige Hand auf Marcs Schulter, und die unerwartete Nähe durchbrach für einen kurzen Moment seine instinktive Abwehrhaltung.
    Die erste Phase. Leugnen. Verdrängen.
9. Kapitel
    Sie setzten sich wieder.
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir waren auf dem Rückweg von einer kleinen Familienfeier in der Villa ihres Vaters, als es passierte.«
    Bleibtreu beugte sich nach vorne. »Was war der Anlass?«
    Der Wind vor dem Fenster rüttelte jetzt so stark an dem Baugerüst, dass man das Knarren und Ächzen der Verstrebungen selbst durch die schallgedämpften Isolierglasfenster hörte. Marc seufzte.
    »Sandra hatte einen großen Auftrag für ein neues Drehbuch bekommen. Sie war Schauspielerin und Autorin, aber das wissen Sie ja.«
    Beim Sprechen rutschte er unruhig auf der Couch hin und her. Sandra hatte sich immer darüber amüsiert, dass er ein Zappler war. Im Kino konnte er kaum eine Szene lang ruhig sitzen bleiben.
    »Es sollte ihr erstes Drehbuch für einen Kinofilm werden, die Amerikaner waren bereit, eine Riesensumme dafür zu zahlen, und darauf hatten wir gemeinsam mit ihrem Vater angestoßen. »
    »Professor Constantin Senner?«
    »Der Chirurg, genau. Er ist …« Marc stockte. »Er war mein Schwiegervater. Die Senner-Klinik wird Ihnen vielleicht ein Begriff sein.«
    »Wir empfehlen sie allen unseren Patienten, wenn ein operativer Eingriff nötig sein sollte. Gottlob kommt das nicht häufig vor.«
    Marc wechselte wieder die Sitzhaltung und zog sich nervös die Haut unter dem Kinn nach unten, bevor er fortfuhr. »Wir passierten eine kaum befahrene Waldstraße, die von Sakrow Richtung Spandau führt.«
    »Sakrow bei Potsdam?«
    »Dann kennen Sie es ja. Das Familienanwesen der Senners liegt direkt am Wasser mit Blick auf die Pfaueninsel. Wie auch immer, jedenfalls fuhr ich etwas zu schnell für die einspurige Straße. Sandra war wütend darüber, ich glaube, sie drohte, auszusteigen.« Marc schloss kurz die Augen und versuchte wie so oft die wenigen Erinnerungen an die Unfallfahrt zu verdrängen. »Was ist dann passiert?«, fragte Bleibtreu vorsichtig. Je leiser er sprach, desto weiblicher klang seine Stimme.
    »Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Die Erinnerungen an die letzten Stunden vor dem Unfall sind gelöscht. Mehr als das, was ich Ihnen erzählt habe, weiß ich nicht mehr. Mein Schwiegervater spricht von einer retrograden Amnesie. Die Feier bei Constantin, die Unterhaltungen auf dem Rückweg, das alles ist weg.« Marc lachte freudlos. »Leider nur das. Für den Rest sind Sie jetzt zuständig.«
    »Hmm.«
    Der Arzt verschränkte die Arme vor der Brust, was den argwöhnischen Unterton seiner nächsten Frage unterstrich. »Und die Erinnerung an die letzten Sekunden im Auto ist nie

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